Arbeitsblatt: Gedichte

Material-Details

Allgemeine Sammlung
Deutsch
Leseförderung / Literatur
9. Schuljahr
10 Seiten

Statistik

102329
2944
30
23.08.2012

Autor/in

folienfinder (Spitzname)
Land: Schweiz
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Textauszüge aus dem Inhalt:

Thema: Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Von Alltagserfahrungen zu Grundfragen menschlichen Lebens TMD: 1713 Kurzvorstellung des Materials: Übersicht über die Teile • Dieses Dokument enthält Überlegungen zu einer einführenden Lyrik-Unterrichtsreihe in der Klasse 9, die sich vor allem mit Alltagserfahrungen beschäftigt. Von diesen ausgehend sollen Grundfragen des menschlichen Lebens angesprochen werden. • Präsentiert werden die einzelnen Texte, jeweils mit didaktischen und interpretatorischen Hinweisen. • Einstieg: Eigenart von Gedichten und Umgang mit ihnen Walter Helmut Fritz, An einem Morgen, an dem Schnee fiel Brigitte Werner, An der Ampel Alfred Wolfenstein, Städter Grundwissen Gedichte: Eigenart und Methodik • • Stadt-Gedichte Detlev von Liliencron, In einer großen Stadt Kurt Tucholsky, Augen in der Großstadt Oskar Loerke, Blauer Abend in Berlin Georg Heym, Der Gott der Stadt Klassenarbeitsvorschläge Theobaldy, Nah bei der Boutique Jürgen Becker, Im Schatten der Hochhäuser Walter Helmut Fritz, Heute abend • Günter Eich, Weg zum Bahnhof • Ca. 22 Seiten, Größe ca. 220 Kbyte • Information zum Dokument SCHOOL-SCOUT – schnelle Hilfe per E-Mail SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice Internet: E-Mail: SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 2 von 22 Vorüberlegungen und Ansatz dieser Reihe Die Ausgangssituation: Neueinstieg mit einer Klasse 9 Im folgenden gehen wir davon aus, dass Sie eine Klasse 9 neu übernommen haben und erstmals mit ihr Gedichte besprechen wollen. In der Regel wird ja alle zwei Jahre der Fachlehrer gewechselt und dann heißt es, in Bezug auf wichtige Gattungen zunächst einmal die Voraussetzungen zu klären, auf denen dann die eigene Arbeit aufbauen kann. Thematisch erscheint es sinnvoll, sich einem Themenbereich zu nähern, der von Alltagserfahrungen von Schülern (vor allem in der Stadt) ausgeht und von dort aus zu tiefer greifenden Fragen menschlicher Existenz vorstößt. Der erste Schritt: Gegenüberstellung dreier Gedichte Der Aufbau der Reihe soll sein, dass zunächst zwei Gedichte einander gegenüber gestellt werden, von denen das eine die für Schüler klassische Gedichtform mit Reim und Rhythmus enthält, während das andere auf diese Kennzeichen verzichtet. Ziel 1: Erste Annäherung an ein schwieriges Prosa-Gedicht Am Ende dieses ersten Schrittes lassen sich zwei Dinge erreichen: Zum einen kann mit den Schülern an einem nicht ganz einfachen Prosa-Gedicht erarbeitet werden, was das Besondere eines solchen Textes ist und wie man ein solches sprachliches Konzentrat aufschlüsselt und sich erschließt. Anschließend werden die Erfahrungen an einem zweiten Text vertieft, bei dem außerdem der Schluss weggelassen worden ist, was einen neuen Reiz schafft. Ziel 2: Wiederholung und Vertiefung formaler Grundbegriffe Zum anderen können an dem dritten Gedicht formale Grundbegriffe der Lyrik wiederholt und vertieft werden. Am Schluss könnte ein kleiner Lückentext oder etwas Ähnliches stehen, der die Begriffe wiederholt und einprägt. Im Rahmen dieses Dokuments finden Sie eine informierende Zusammenfassung. Übrigens kann man diesen Punkt sehr gut mit dem nächsten verbinden, indem man die Schüler auffordert, möglichst viele unterschiedliche Reim- und Metrikformen selbst zu finden. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 3 von 22 Schülerorientierung: Eigene Gedichte Von vornherein erscheint es uns wichtig, den Eindruck zu vermeiden, literarische Texte und besonders Gedichte kämen nur vom Lehrer, was sie automatisch mit Gefühlen wie Zwang, Überforderung u.ä. verbinden kann. Statt dessen sollen Schüler ermutigt werden, auch selbst auf die Suche zu gehen und in ihrem Erfahrungsumfeld (Schulbücher, Zeitungen, Zeitschriften, Musiktitel, aber auch die Bücherei der Eltern) Gedichte zu sammeln, die sie kurz vorstellen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die persönliche Beziehung der Schüler zu ihren Gedichten geschont wird, d.h. sie es im wesentlichen nur vortragen/vorlegen und man kurz über inhaltliche und formale Besonderheiten spricht, ohne die Texte tot zu interpretieren. Fortsetzung der Reihe mit thematischer Orientierung Stadt, dann Rückkehr zu den Alltagserfahrungen zur Vorbereitung der Klassenarbeit Zum einen geht es um Gedichte, die historisch weiter zurückgreifen, anschließend kann im Bereich der Übung vor der Klassenarbeit noch einmal zu den Alltagsgedichten des Anfangs zurückgekehrt werden. Damit hat man auch für die Klassenarbeit zwei grundsätzliche Optionen. Klassenarbeitsvorschläge Ganz am Schluss des Dokuments finden Sie zwei Vorschläge für eine Klassenarbeit, zum einen das Gedicht von Walter Helmut Fritz, Heute abend, das ähnlich wie das Einstiegsgedicht eine plötzlich neue Sicht der Außenwelt präsentiert. Das andere Gedicht stammt von Günter Eich und beschreibt den Weg zum Bahnhof eines Menschen, bei dem sich auch eine Situations- und Erfahrungsveränderung ergibt. 1: Einstieg Methodische und fachwissenschaftliche Grundlagen Einstieg Klärung der Voraussetzungen: Am Beispiel: Fritz, An einem Morgen, an dem Schnee fiel Im folgenden finden Sie zunächst ein Arbeitsblatt mit verschiedenen Gedichten, das an die Schüler verteilt werden kann. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Seite 4 von 22 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Walter Helmut Fritz, An einem Morgen, an dem Schnee fiel 05 Walter Helmut Fritz Brigitte Werner, Ein Morgen, an dem frischer Schnee fällt an der Ampel Die Straßenbahnen sind sehr gelb und fahren leiser als gewöhnlich. diese alte Frau mit den blauen, dicken Strümpfen in den viel zu großen Schuhen, die abgeschabte Handtasche fest im Griff, den Rücken gebeugt von der Zeit 05 Der Zeitungsstand Blüht in der Dämmerung. Viele Menschen sind unterwegs, sie denken, das Dasein ist schön. 10 dieses kleine, alte Gesicht mit den gefurchten Feldern und den lebendigen Augen unter dem beuligen Hut auf dem struppigen Haar 15 15 Wie weich die Umrisse der Autos sind diese alte Frau in dem steifen, braunen Mantel mit den rührend großen Knöpfen blickt eine Sekunde in mein Gesicht 20 Der spröde Duft. Man sollte jetzt weit gehen können, denn man geht über der Erde. 10 25 30 35 Alfred Wolfenstein Städter Man sieht nur eine Ruflänge weit. Aber seltsam, daß sich die Jahre zwischen den Alleebäumen öffnen. Die Laternen Brennen wie hinter der Welt. Die Radfahrer haben Mühe, vorwärts zu kommen: Dicht wie die Löcher eines Siebes stehn Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, daß die Straßen Grau geschwollen wie Gewürgte stehn. 05 10 Ein Morgen, an dem frischer Schnee fällt. Ineinander dicht hineingehakt Sitzen in den Trams die zwei Fassaden Leute, ihre nahen Blicke baden Ineinander, ohne Scheu befragt. Unsre Wände sind so dünn wie Haut, Daß ein jeder teilnimmt, wenn ich weine. Unser Flüstern, Denken . wird Gegröle . Und wie still in dick verschlossner Höhle Ganz unangerührt und ungeschaut Steht ein jeder fern und fühlt: alleine SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 5 von 22 Anmerkungen zu dem Gedicht von Walter Helmut Fritz Bei diesem Gedicht kommt es darauf an, zunächst einmal das Offensichtliche des Vordergrunds aufzunehmen, bevor man sich den schwierigeren Bereichen zuwendet. Auf den ersten Blick handelt es sich nur um Beobachtungen, Empfindungen, Gedanken, die keinen rechten Zusammenhang ergeben, allenfalls an einigen Stellen Poesie zeigen (6/7, 2729). Kernproblem ist die schwierige Stelle mit den Alleebäumen, die keinen Sinn zu haben scheint, weil sie aus dem Bereich realer Beschreibung herausfällt. Damit wird eine nochmalige Prüfung des Gedichts notwendig. Und dann kann man feststellen: 1. Es kommt auf das Anders-Sein der Umgebung an, das sich in der konkreten Situation des Gedichtes durch morgendlichen Schneefall ergeben hat. Die dadurch entstandene Welt ist offensichtlich schöner, offener (vgl. 25), man befindet sich „über der Erde (20), also über der Ebene des Normalen, Alltäglichen! 2. Damit ergibt sich als Hypothese, das die vorher bestimmende Alltagswelt kritisiert werden könnte, was von Versgruppe zu Versgruppe durchgetestet werden muss. 3. Dabei ergibt sich tatsächlich ein Gegensatzpaar von laut und leise (vgl., 4), hart und weich (vgl. 13), angepasst-standardisiertem und „sprödem (19) Duft, Enge und Weite (18), an die Erde gebunden und „über der Erde (20), normaler Weitsicht ohne Tiefensicht in Zeit und Raum und ihrem Gegenteil (21-29). 4. Besonders dieser letzte Bereich scheint diesem Gedicht noch eine tiefere Bedeutung zu geben. Man sieht äußerlich nur eine Rufweite weit, aber dafür öffnen sich die Jahre, vielleicht das Leben in seiner Dauerhaftigkeit, in seinem Wesentlichen. 5. Zu Diskussionen könnte die Stelle mit den Radfahrern (30) führen, denn diese gehören offensichtlich der alten Welt des Normalen an, haben dementsprechend Mühe in der neuen, offeneren Welt. Die Radfahrer stehen hier wohl für alle Menschen, die sich künstlich-technischer Hilfsmittel bedienen. In der Schneewelt kehrt man zum einfachen, natürlichen Gehen zurück (vgl. 18). 6. Insgesamt plädiert das Gedicht für eine neue, schönere Sicht des Daseins, die hier zwar, wie der Schluss noch einmal betont, durch ein plötzliches Naturereignis ausgelöst wird, vielleicht aber auch auf den normalen Alltag übertragen werden kann. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Seite 6 von 22 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Zusammenfassung: Wie kommt man mit einem schwierigen Gedicht klar? 1. Wichtig ist, vom ersten Eindruck, auszugehen, sich nicht von schwierigen Stellen erschrecken zu lassen, ggf. Hypothesen zu entwickeln, dabei bsd. auch den Titel und den Schluss zu beachten. 2. Hypothesen müssen „verifiziert, d.h. überprüft werden. Man schaut sich Versgruppe für Versgruppe an und versucht, sie zu verstehen und anderen zu erläutern. Vor allem kommt es auf die Herausbildung eines stimmigen Bildes an. Wenn sich kein solches ergibt, muss man nach anderen Textsignalen suchen, die vielleicht über eine neue Hypothese ein besseres Verständnis ermöglichen. 3. Wichtig ist die Wiederholung und Abwandlung von Textsignalen, diese eröffnen gewissermaßen Wege des Verständnisses. Übung an einem weiteren Gedicht: Brigitte Werner, An der Ampel Mit dem an 2. Stelle auf dem Arbeitsblatt abgedruckten Gedicht von Brigitte Werner lässt sich das eben besprochene Verfahren gut üben. Ein weiteres Gedicht (Walter Helmut Fritz, „Heute abend, s.u.), das inhaltlich ähnlich dem ersten ist, könnte dann als Klassenarbeit verwendet werden. Dabei wäre dann ein Rückbezug zum Schnee-Gedicht möglich und sinnvoll. Zunächst noch einmal der Text: Brigitte Werner, An der Ampel Im folgenden der komplette Text, auf dem Arbeitsblatt oben ist er aus methodischdidaktischen Gründen um die Schluss-Versgruppe gekürzt worden. Damit ergibt sich die für die Schüler ein produktives Moment, sie können die bis dahin gefundenen und verstandenen Signale des Textes für einen eigenen Schluss verwenden. Brigitte Werner, an der Ampel 05 10 diese alte Frau mit den blauen, dicken Strümpfen in den viel zu großen Schuhen, die abgeschabte Handtasche fest im Griff, den Rücken gebeugt von der Zeit dieses kleine, alte Gesicht mit den gefurchten Feldern und den lebendigen Augen unter dem beuligen Hut auf dem struppigen Haar 15 20 diese alte Frau in dem steifen, braunen Mantel mit den rührend großen Knöpfen blickt eine Sekunde in mein Gesicht und unser Lächeln flattert wie eine Fahne durch den Raum zwischen ihr und mir SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 7 von 22 Anmerkungen und Hinweise zu dem Gedicht Wichtig für das Verständnis des Gedichtes ist die Entwicklung, die sich sowohl im Sprecher als auch in seiner Beziehung zu der alten Frau abspielt: Es beginnt in der ersten Versgruppe ganz distanziert ohne eindeutig positives Signal. In der zweiten Versgruppe ist allerdings schon von den lebendigen Augen die Rede. Ein ähnliches Signal gibt es in der nächsten Versgruppe, wo sogar von rührend großen Knöpfen die Rede ist, also das positiver gewertet wird, was am Anfang eher abstieß. Der den Schülern gegebene Teil endet mit dem GegenKontakt nun blickt auch die Frau den Sprecher an schön wäre es, wenn die Schüler erkennen, dass es hier eine positive Linie im Gedicht gibt, die sie entsprechend ausziehen sollten. Zum Beispiel könnte ein Gespräch entstehen, man könnte sich näher kennen lernen, vielleicht sogar wieder erkennen, was origineller wäre. Die Lösung des Gedichts selbst ist sehr poetisch und könnte bei den Schülern Diskussionen auslösen, wie viel an menschlicher Nähe da gemeint bzw. entstanden ist. Dann ein richtiges Gedicht: Alfred Wolfenstein, Städter Zunächst noch einmal der Text (auch oben im Arbeitsblatt) Alfred Wolfenstein Städter Dicht wie die Löcher eines Siebes stehn Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, daß die Straßen Grau geschwollen wie Gewürgte stehn. 05 10 Ineinander dicht hineingehakt Sitzen in den Trams die zwei Fassaden Leute, ihre nahen Blicke baden Ineinander, ohne Scheu befragt. Unsre Wände sind so dünn wie Haut, Daß ein jeder teilnimmt, wenn ich weine. Unser Flüstern, Denken . wird Gegröle . Und wie still in dick verschlossner Höhle Ganz unangerührt und ungeschaut Steht ein jeder fern und fühlt: alleine SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 8 von 22 Anmerkungen und Hinweise zum Gedicht Im folgenden eine ausformulierte Interpretation, die zum einen eine Hilfe für die eigene Erschließung darstellen kann. Zum anderen kann dieser Text verwendet werden, um Schülern zu zeigen, wie eine kunstgerechte Interpretation etwa in einer Klassenarbeit aussehen kann. 1. Das Gedicht von Alfred Wolfenstein mit dem Titel Städter besteht aus zwei vierzeiligen Strophen und zwei dreizeiligen Strophen, stellt also ein Sonett dar. Dabei bilden die beiden ersten Strophen umarmende Reime. Die Zeilen der dritten Strophe reimen sich jeweils auf eine der vierten Strophe (efg, gef). Ein regelmäßiger Rhythmus ist zunächst schwer zu erkennen. Sieht man aber von der ersten Verszeile ab, wo die ersten drei Silben einen Auftakt bilden, hat man einen fünfhebigen Trochäus. 2. Die beiden Quartette heben sich nicht nur optisch von den Terzetten ab, auch inhaltlich lässt sich hier eine Trennung feststellen. 3. So wird in den ersten acht Zeilen der allgemeine Eindruck der Stadt und der Leute beschrieben, während der Sprecher in den Zeilen 9 14 mehr auf seine (seelische) Beziehung zur Stadt eingeht. 4. In der ersten Versgruppe liefert der Sprecher ein Bild von den feststehenden Gebäuden der Stadt. Dabei erscheinen ihm die Fenster dicht wie die Löcher eines Siebes (1). Die Straßen kommen ihm vor wie von den Häusern, die sich drängend (2) anfassen, Gewürgte (4). Mit diesen Vergleichen gibt er einen sehr negativen Eindruck von der Stadt, der den Platzmangel deutlich macht, der schon durch die Gebäude in der Stadt herrscht. 5. In der zweiten Versgruppe geht der Sprecher auf die Städter ein, in dem er die Atmosphäre in den Trams, den Straßenbahnen, beschreibt und außerdem zum ersten Mal eine Beziehung zum Titel herstellt. Auffallend ist hier, daß sowohl die erste als auch die vierte Zeile mit dem Wort ineinander beginnen, was den Eindruck des Platzmangels noch verstärkt, so daß niemand mehr genug Platz für sich selbst zu haben scheint. 6. In der dritten Versgruppe nimmt der Sprecher Bezug auf sich selbst. Aufgrund der Wände, die so dünn wie Haut (9) sind, nimmt ein jeder (10) (andere) auch an den intimsten Lebensäußerungen des Sprechers teil: Das Flüstern, Denken wird dann für den Nachbarn zum unangenehmen Gegröle (11) 7. Die mit einem Gedankenstrich eingeleitete letzte Versgruppe steht im Gegensatz zu dem Vorhergegangenen. Wie still in dick verschlossener Höhle (12) scheint sich dem Sprecher jeder ganz unangerührt und ungeschaut (13) alleine zu fühlen (vgl. Z.14). 8. Während der Sprecher bisher immer von dicht, drängend usw. sprach und damit den Platzmangel verdeutlichte, bei dem keiner Raum und Stille für sich selbst findet, so beendet er sein Gedicht mit dem Wort alleine und zeigt damit, dass man sich gerade im größten Gedränge der Stadt einsam fühlen kann. 9. Insgesamt zeigt das Gedicht den Gegensatz von räumlicher Enge und innerer Ferne zwischen den Menschen. Beides führt jeweils zu einer quälenden, belastenden Erfahrung: Man ist eingeengt, und man ist vor allem allein, wie es der Schluss formuliert. 10. Unterstützt wird die Absicht durch eine Fülle künstlerischer Mittel. Dazu gehören die Zeilensprünge, die in der ersten Strophe des Eindruck der Enge und Atemlosigkeit verstärken. Sehr ausdrucksstark sind die zum Teil extremen Vergleiche (wie Gewürgte, SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 9 von 22 1,4), Metaphern (Häuser fassen sich . an, 1, 2/3) und damit häufig verbundenen Personifizierungen. In der zweiten Strophe treten die Wiederholung des ausdrucksstarken Begriffs ineinander und die Wortverbindung Fassaden Leute hervor, die zeigt, dass die Menschen schon zum Bestandteil der Stadt geworden sind. Zu erwähnen ist noch der Gegensatz von dick und dünn sowie die Verzögerungen durch Verwendung mehrerer Punkte und Gedankenstriche, die vielleicht zeigen, dass die Äußerungen dem Sprecher schwer fallen. Von Schülern zusammengetragene Gedichte 1. Überleiten kann man zu diesem Punkt gut mit dem Hinweis, dass die ersten Gedichte ja vom Lehrer mitgebracht worden sind – es gerade bei dieser Textgattung darauf ankommt, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. 2. Wichtig ist, den Schülern Tipps zu geben, wie sie an die Gedichte kommen können: Dabei bieten sich Schulbücher, vor allem auch Lyriksammlungen an, die man an die Schüler ausgibt. Dazu kommen Zeitungen (vor allem am Wochenende), Lieder/Songs, aber natürlich auch der heimische Bücherschrank bzw. eine öffentliche Bibliothek. 3. An Voraussetzungen sollten diese Gedichte nur mitbringen, dass sie einen gewissen Anspruch haben, d.h. genügend Stoff für die gemeinsame Besprechung. 4. Diese sollte so ablaufen, dass Schüler ihre Gedichte vortragen oder auch vorlegen, selbst zunächst sagen, warum sie sie ausgewählt und was sie daran herausgefunden haben. Anschließend sollte die Klasse ihre Eindrücke, Beobachtungen, Hypothesen hinzufügen, ohne dass man sich um eine abschließende Interpretation bemüht. 5. Hinterher könnten die Gedichte ausgehängt und zum Beispiel wie Wandzeitungen kommentiert werden. Oder aber man sucht passende Bilder dazu. 6. Auf jeden Fall kann so erreicht werden, dass Geschichte für Schüler nicht zu etwas Abschreckendem werden, sondern zu einer natürlichen (eigenen und reizvollen fremden) Lebensäußerung. 7. Zur Vorbereitung auf den nächsten Punkt sollten Gedichte festgehalten werden, an denen man gut Varianten des Formalen zeigen kann (Reim, Rhythmus usw., siehe den nächsten Punkt!) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 10 von 22 Erste Zusammenfassung: Grundwissen Gedichte Umgang mit Lyrik (Gedichten) Eigenart und Kennzeichen von Lyrik? LYRIK ist neben EPIK (erzählende Gattung) und DRAMATIK (darstellende Gattung) die dritte Hauptgattung der Literatur. Sie umfasst GEDICHTE: Darunter versteht man mehr oder weniger kurze und übersichtliche Texte in einer bestimmten Form. Man spricht auch im Gegensatz zu PROSA von gebundener Sprache. Dazu gehört als Mindestvoraussetzung eine eindeutige Einteilung in VERSE (Verszeilen!, nicht mit Strophen zu verwechseln!).Die Einteilung in Verse kann ergänzt werden durch die Einteilung in größere VERSGRUPPEN. Darüber hinaus können Gedichte über einen Reim (Gleichklang von Wörtern von der letzten betonten Silbe an) verfügen. Außerdem können sie ein festes VERSMAß haben, d.h. eine festgefügte Abfolge von betonten und unbetonten Silben. Zeigen Versgruppen einen identischen Aufbau (Anzahl der Verse, Versmaß), spricht man auch von STROPHEN. Diese spielen bei LIEDERN eine große Rolle. Neben der besonderen Form ist für Gedichte fast immer auch eine besonders intensive, verdichtete Sprache kennzeichnend, deren Aussageabsicht durch die Form unterstützt wird. Arten von Gedichten Es gibt ganz unterschiedliche ARTEN VON GEDICHTEN. Neben tiefsinnigen Gedankengedichten, gefühlsbetonten Liebesgedichten und ausdrucksstarken Naturgedichten gibt es auch Gelegenheitsgedichte meist unterhaltsamer Art für gesellige Veranstaltungen, z.B. Hochzeiten, Geburtstage ., aber auch mehr spielerische Unsinnsgedichte. Visuelle Poesie arbeitet verstärkt mit optischen Effekten, Erzählgedichte und Balladen haben inhaltlich viel mit erzählender Prosa zu tun. Besonderheiten von Gedichten: Reim Was die für Gedichte so charakteristische äußere Form angeht, so erkennt man auf den ersten Blick die Anordnung in Verszeilen, ggf. ihre Gruppierung zu Versgruppen oder Strophen. Schnell zu erkennen ist auch ein möglicherweise vorhandenes REIMSCHEMA. Man unterscheidet PAARREIM (aa, bb, usw.), KREUZREIM (abab) und UMARMENDEN bzw. UMSCHLIEßENDEN REIM (abba). Besonderheiten von Gedichten: Versmaß Schwieriger kann die Einschätzung des VERSMAßES werden. Für dieses sind entscheidend die Anzahl der Silben (x) und die Abfolge von betonten (X Hebung, in der Regel auch ein mit Akzent) und unbetonten (x Senkung) Silben. Folgen Hebung und Senkung unmittelbar aufeinander, spricht man von ALTERNIEREN. Im einzelnen werden folgende Versmaße unterschieden: a. TROCHÄUS (XxXx) Freude, schöner Götterfunken (XxXxXxXx) b. JAMBUS (xX) Im Nebel ruhet nah die Welt (xX xX xX xX SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 11 von 22 c. DAKTYLUS (Xxx) Wiegende Wellen auf wogender See (XxxXxxXxxX d. ANAPÄST (xxX) Wie mein Glück ist mein Leid (xxXxxX) Entscheidend ist das im gesamten Gedicht vorherrschende Versmaß. Im einzelnen kann es zu Abweichungen kommen. Wird in einem Gedicht ein ansonsten streng durchgeführtes und damit erkennbares Versmaß an einer Stelle durchbrochen, so daß auf der Stelle einer Hebung eine sprachlich unbetonte Silbe liegt und umgekehrt (Versmaß-Betonung und natürliche Betonung passen nicht), so spricht man hier von SCHWEBENDER BETONUNG, wobei man über den Silbenzeichen eine liegende Schlange zeichnet. (und durch die Stille braust das Meer/eintönig um die Stadt). Besonderheiten von Gedichten: Zeilenstil, Versbrechung, Strophensprung Normalerweise entspricht dem Ende einer Verszeile auch ein Einschnitt im Satzbau (ZEILENSTIL): Auf einem Häuserblocke sitzt er breit. Die Winde lagern schwarz um seine Stirn. Wird ein Satz ohne einen solchen Einschnitt über ein Versende hinausgeführt, nennt man das VERSBRECHUNG oder ZEILENSPRUNG. Ein STROPHENSPRUNG liegt dementsprechend vor, wenn ein Satz sogar über das Strophenende hinausgeführt wird. Dicht wie die Löcher eines Siebes stehn Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, daß die Straßen Grau geschwollen wie Gewürgte stehn. Besonderheiten von Gedichten: Spezielle Punkte Endet eine Verszeile mit einer betonten Silbe, spricht man von einem MÄNNLICHEN VERSSCHLUSS, im anderen Falle von einem WEIBLICHEN VERSSCHLUSS. Gibt es in einem ansonsten gereimten Gedicht eine Verszeile ohne Reimpartner, nennt man das eine WAISE. Reimen sich die Waisen verschiedener Strophen wieder untereinander, spricht man von KÖRNERN. Reime wie wehn und Föhn bzw. blüht und flieht nennt man UNREINE REIME. Nur hingewiesen sei hier noch auf die besondere Form des Sonetts, dabei handelt es sich um ein Gedicht, das aus zwei vierzeiligen Strophen (den Quartetten) und zwei dreizeiligen Strophen (den Terzetten) besteht und natürlich besondere Anforderungen, aber auch Möglichkeiten mit sich bringt. Der Reim kann dabei auf ganz unterschiedliche Art und Weise verteilt sein. Die Aufgabe des Lesers/Hörers Nachdem nun einige Grundbegriffe geklärt sind, ergibt sich die Frage nach der Rolle des Lesers oder Hörers. Gedichte sind konzentrierte, z.T. mehr oder weniger verrätselte (verschlüsselte) Texte, die sich einem schnellen Zugriff entziehen. Ihre Aussage wird durch besondere künstlerische Gestaltungsmittel verstärkt (Bilder, Vergleiche, Fragen, Wiederholungen, Kontraste usw.). In jedem Fall sind sorgfältige Beobachtung und mehrmaliges Lesen erforderlich, bevor sich die Aussage und der Sinn eines Gedichtes erschließen. Dabei gibt es nicht unbedingt den einen, vom Verfasser bereits bis in die letzte Einzelheit festgelegten Sinn, den der Leser nur noch zu finden braucht. Gedichte sind keine Kreuzworträtsel und auch keine Denksportaufgaben in landläufigem Sinne. Das Gedicht enthält vielmehr nur Ansätze, Signale, die dem Leser das SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 12 von 22 Recht zum Mitspielen, Selbstdazudenken lassen, ja diese Aktivitäten sogar verlangen. Gedichte haben wie alle fiktionalen Texte und sogar in besonderem Maße Lücken, die der Leser mit seinen Erfahrungen und Vorstellungen füllen muss. Dabei geht es aber nicht um freies Phantasieren. Vielmehr muss man sich als Leser an die vom Text geschaffenen Signale halten, die in eine ungefähre Richtung weisen. Der französische Philosoph Sartre hat dies so formuliert: Lesen ist gelenktes Schaffen! Damit ist gemeint, dass Lesen eine produktive Tätigkeit des Lesers ist, die aber vom Text gelenkt, d.h. ausgelöst und in der Richtung bestimmt wird. Abschließende Übersicht über die Elemente der Gedichtinterpretation Entsprechend der Unterscheidung zwischen ANALYSE und DEUTUNG (zusammen: INTERPRETATION) bietet sich das folgende Untersuchungsraster an: A. ANALYSE 1. ÄUßERE FORM: Übersicht über die Gestalt des Gedichtes: Anzahl der Verszeilen, Versgruppen/Strophen, Versmaß, Reimschema 2. ERLÄUTERUNG DES INHALTS UND SEINER GESTALTUNG: Hier geht es um die Aufnahme und die Erläuterung der inhaltlichen Aussagen, so wie sie im Gedicht angeordnet sind. Wichtig ist, dass man das Thema erkennt, um das es geht. Zu untersuchen ist ferner (nachzuvollziehen!), was in den Blick des Sprechers und damit des Lesers gerät (Perspektive). Damit zusammen hängt die Frage, welche Situation sprachlich gestaltet wird. Wichtig für das Verständnis des Inhalts ist die Untersuchung der sinntragenden Wörter, die ja als Signale Vorstellungen auslösen. 3. KÜNSTLERISCHE MITTEL: Mit welchen besonderen Mitteln arbeitet der Verfasser? Dazu gehören: Metaphern/Bilder, Vergleiche, Wiederholungen, Zeilensprung/Strophensprung, Verwendung besonders ausdrucksstarker Wörter, Stilschicht (z.B. Umgangssprache), Kontrast/Opposition/Gegensatz, Abweichung vom normalen Satzbau, Personifizierung, Anrede, Appell, optische Effekte (z.B. eingerückte Verse), Alliteration, Wiederaufnahme von Wörtern und Wendungen und vieles mehr. 4. ABSICHT/GESAMTAUSSAGE: Die Absicht und Gesamtaussage eines Gedichtes lassen sich noch einigermaßen verbindlich, d.h. nachvollziehbar fest- und darstellen. Allerdings spielt hier die individuelle Auffassung des Lesers/Hörers schon eine größere Rolle, womit man sich bereits der Ebene der Deutung nähert. (Anm.: Wenn man über den Text hinaus Informationen zum Autor, seinem Werk oder vergleichbaren Werken hat, kann man dies einbeziehen und damit die TEXTINTERNE ANALYSE durch eine TEXTEXTERNE ANALYSE ergänzen.) B. DEUTUNG 5. Sinn: Der Sinn ergibt sich erst, wenn der Leser seinen Spielraum nutzt, indem er seine persönlichen Erfahrungen einbringt und zwischen ihnen und dem Gedicht Beziehungen herstellt. 6. STELLUNGNAHME/WERTUNG: Am Schluss kann/sollte eine persönliche Stellungnahme des Lesers erfolgen. Wie wirkt es? Ist es aussagekräftig und damit gelungen? SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 13 von 22 2. Stadt-Gedichte im Laufe der Zeit Überleitung zu Stadtgedichten Hier sollten die Gedichte aus Lesen, Darstellen, Begreifen, Klasse 9 genommen werden, weil diese den Ansatz dieser Reihe historisch ausweiten. Detlev von Liliencron In einer großen Stadt Detlev von Liliencron, In einer großen Stadt Es treibt vorüber mir im Meer der Stadt Bald der, bald jener, einer nach dem andern. Ein Blick ins Auge, und vorüber schon. Der Orgeldreher dreht sein Lied. II Es tropft vorüber mir ins Meer des Nichts Bald der, bald jener, einer nach dem andern. Ein Blick auf seinen Sarg, vorüber schon. Der Orgeldreher dreht sein Lied. III Es schwimmt ein Leichenzug im Meer der Stadt, Querweg die Menschen, einer nach dem andern. Ein Blick auf meinen Sarg, vorüber schon. Der Orgeldreher dreht sein Lied. Auf Wunsch können Sie zu diesem Gedicht Interpretationshinweise bei School-Scout abrufen! (TMD 2156) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Kurt Tucholsky Augen in der Großstadt 05 10 15 20 25 30 35 Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: da zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider Was war das? vielleicht dein Lebensglück . vorbei, verweht, nie wieder. Du gehst dein Leben lang auf tausend Straßen; du siehst auf deinem Gang, die dich vergaßen. Ein Auge winkt, die Seele klingt; du hast gefunden, nur für Sekunden . Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider. Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück . vorbei, verweht, nie wieder. Du mußt auf deinem Gang durch Städte wandern; siehst einen Pulsschlag lang den fremden andern. Es kann ein Feind sein, es kann ein Freund sein, es kann im Kampfe dein Genosse sein. Es sieht hinüber und zieht vorüber . Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider. Was war das? Von der großen Menschheit ein Stück! Vorbei, verweht, nie wieder. Auf Wunsch können Sie zu diesem Gedicht Interpretationshinweise bei School-Scout bestellen! (TMD 2157 – 1,70 Euro) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster Seite 14 von 22 SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Oskar Loerke Blauer Abend in Berlin Oskar Loerke, Blauer Himmel über Berlin Der Himmel fließt in steinernen Kanälen; Denn zu Kanälen steilrecht ausgehauen Sind alle Straßen, voll vom Himmelblauen. Und Kuppeln gleichen Bojen, Schlote Pfählen 05 10 Im Wasser. Schwarze Essendämpfe schwelen Und sind wie Wasserpflanzen anzuschauen. Die Leben, die sich ganz im Grunde stauen, Beginnen sacht vom Himmel zu erzählen, Gemengt, entwirrt nach blauen Melodien. Wie eines Wassers Bodensatz und Tand Regt sie des Wassers Wille und Verstand Im Dünen, Kommen, Gehen, Gleiten, Ziehen. Die Menschen sind wie grober bunter Sand Im linden Spiel der großen Wellenhand. Auf Wunsch können Sie zu diesem Gedicht Interpretationshinweise bei School-Scout bestellen! (TMD 132 – 1,90 Euro) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster Seite 15 von 22 SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Georg Heym Der Gott der Stadt Georg Heym Der Gott der Stadt Auf einem Häuserblocke sitzt er breit. Die Winde lagern schwarz um seine Stirn. Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit Die letzten Häuser in das Land verirrn. Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal, Die großen Städte knien um ihn her. Der Kirchenglocken ungeheure Zahl Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer. Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik Der Millionen durch die Straßen laut. Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut. Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen. Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt. Die Stürme flattern, die wie Geier schauen Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt. Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust. Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt, Auf Wunsch können Sie zu diesem Gedicht Interpretationshinweise bei School-Scout bestellen! (TMD 2158 – 1,40 Euro) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster Seite 16 von 22 SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 17 von 22 Vorbereitung der Klassenarbeit: Weitere moderne Alltagsgedichte Theobaldy, Nah bei der Boutique Aufgabenstellung: Interpretiere das beigefügte Gedicht, indem Du (in ausformulierter Aufsatzform) 1. es zunächst allgemein und besonders auch in formaler Hinsicht vorstellst, 2. Zeile für Zeile den Inhalt erläuterst und dabei besonders Signale aufzeigst, 3. die Signale zu einer Absicht, einer Aussage des Gedichts bündelst und 4. schließlich überlegst, welchen Sinn, welche Bedeutung das Gedicht für uns heute/für dich hat bzw. haben könnte. Theobaldy, Nah bei der Boutique 05 Der Mann, betrunken auf dem Trottoir an einem Nachmittag im März, macht die Leute hilflos, hilflos wie er ist, um hochzukommen, er fällt zurück und wieder auf den Stein. 10 Vier, fünf Leute stehen herum, jeder wortlos und für sich, ein Mann mit naßgekämmten Haaren tritt aus der Griechenbar, zieht an seiner Zigarre und sieht her. 15 Er wartet: die Leute warten darauf, daß jemand kommt in Uniform und hilft und sie von diesem Bild befreit, das sie beklommen macht und hart, dann taucht der Stadtbus auf. 20 Der Mann, er bleibt zurück, elend und in der Mittagssonne, nah bei der Boutique, wo sich die junge Frau in Fenster beugt und das glitzernde Jackett aus seinen Augen nimmt. Auf Wunsch können Sie zu diesem Gedicht Interpretationshinweise bei School-Scout bestellen! (TMD 1998 – 1,60 Euro) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Jürgen Becker, Im Schatten der Hochhäuser Jürgen Becker Im Schatten der Hochhäuser Die Leute unten haben schlechteren Fernseh-Empfang. Ihre Kinder, die kleinen, schießen den ganzen Tag; die größeren schaffen mehr noch mit ihren Mofas. 05 10 Die Leute unten leben in der Nähe der Wiesen, die mit leeren Fläschchen und Päckchen, Kippen und Hundekacke bestreut sind. Die Leute unten haben weniger Himmel und zahlen weniger Miete; sie sparen für Fertighäuser auf dem Land, wo die Autobahn nahe, das Kraft- und das Klärwerk im Bau und der Fernseh-Empfang klar ist. Auf Wunsch können Sie zu diesem Gedicht Interpretationshinweise bei School-Scout bestellen! (TMD 1968 für nur 1,10 Euro) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster Seite 18 von 22 SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 19 von 22 Klassenarbeitsvorschlag: Walter Helmut Fritz, Heute abend Text und Aufgabenstellung: Fritz, Heute abend Aufgabenstellung: Interpretiere das beigefügte Gedicht, indem Du (in ausformulierter Aufsatzform) 1. es zunächst allgemein und besonders auch in formaler Hinsicht vorstellst, 2. Zeile für Zeile den Inhalt erläuterst und dabei besonders Signale aufzeigst, 3. die Signale zu einer Absicht, einer Aussage des Gedichts bündelst und 4. schließlich überlegst, welchen Sinn, welche Bedeutung das Gedicht für uns heute/für dich hat bzw. haben könnte. Walter Helmut Fritz, Heute abend In dieser Stadt lebe ich also. Der Zaun, die Telefonzelle, wie sind sie nah, auch die Häuser, an denen ich vorbeigehe, verändert, unverändert seit Jahren. 05 10 15 Vom Flughafen das Licht des Scheinwerfers kreist nachts über den Dächern, huscht über die Fenster, hinter denen ich also wohne. Vor mich hintrottend spüre ich der Luft schöne Kälte. In diesem Körper bin ich also, gehüllt in diesen Mantel. Das Metall des Schlüssels, mit dem ich die Tür öffnen werde, zum wievielten Mal, ist heute abend fester und kühler, als es je war. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 20 von 22 Muster-Interpretation Walter Helmut Fritz, Heute abend 1. Einleitung/Allgemeine Vorstellung Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um ein Gedicht von Walter Helmut Fritz mit dem Titel Heute abend. Es besteht aus vier Versgruppen á vier Verszeilen. Es gibt weder ein eindeutiges Versmaß noch einen Reim. 2. Inhaltserläuterung: Das Gedicht beginnt (1) mit einer Feststellung des Sprechers, die Verwunderung über etwas ganz Alltägliches ausdrückt. Erstmals scheint ihm bewusst zu werden, wo er lebt. In den nächsten beiden Zeilen kommen Elemente seiner Umgebung in den Blick, ein Zaun (2), eine Telefonzelle (2) sowie allgemeiner Häuser (3). Die neue Sicht des Sprechers wird einmal deutlich in der Erkenntnis: wie sind sie nah (2), zum anderen in der paradoxen Charakterisierung: verändert, unverändert seit Jahren (4). Genau dieser Widerspruch drückt aus, daß längst Bekanntes und Vertrautes ihm erstmals neu vorkommt. Die nächste Versgruppe bringt einen Perspektivenwechsel. Der Sprecher folgt mit seinen Augen einem Scheinwerfer des nahen Flughafens. Es wiederholt sich dabei das Schlüsselwort also, das seine Verwunderung über das eigentliche Alltägliche ausdrückt. Während es in den ersten beiden Versgruppen um die nähere Umgebung, den Wohnort des Sprechers geht, wendet er sich in der dritten sich selbst, seinem Körper, seinen Empfindungen zu. Die ersten beiden Verszeilen machen den Gegensatz deutlich zwischen seinem jetzigen und wahrscheinlich bisherigen Leben und der von ihm bisher nicht wahrgenommenen Realität. Kritik an sich selbst wird dabei deutlich, wenn er sich als hintrottend (9) bezeichnet. Im Kontrast dazu steht der Luft schöne Kälte (10) als Beispiel für das Schöne, auf das man sich nur einlassen muss. In den nächsten beiden Zeilen wird der Kreis noch enger: Erstmals scheint sich der Sprecher seines eigenen Körpers bewusst zu werden. Hier taucht auch wieder das Schlüsselwort also (11) auf. Eine gewisse Enttäuschung bringt dann die letzte Versgruppe: Der Sprecher wendet sich nicht weiter sich selbst zu, sondern konzentriert sich offensichtlich auf einen Gegenstand, den er bei sich trägt, einen Schlüssel. Neu ist der Aspekt des Nach-vorne-Blickens: Er stellt sich schon vor, wie er zu Hause die Tür öffnen wird (vgl. 13). Im übrigen wird ein Gedanke aus der ersten Versgruppe aufgenommen: Die Verbindung von bisheriger Alltagsroutine (zum wievielten Male, 15) und völlig neuen, damit verbundenen Erfahrungen: So heißt es in bezug auf das Metall des Schlüssels: ist heute abend fester und kühler, als es je war, 15/16). Vielleicht ist die letzte Versgruppe aber auch insofern konsequent (und stellt dann keine Enttäuschung dar), als der Blick dieses Gedichtes immer stärker von den großen, leicht wahrnehmbaren Dingen der äußeren Umgebung zum Kleinen, Unscheinbaren führt. Auf jeden Fall drückt es eine vielleicht einmalige, so wohl nicht zu wiederholende Erfahrung aus, bei der einem die eigene Umgebung und damit letztlich das Leben neu bewusst wird und man sich von allem löst, was einen normalerweise auf einem Nachhauseweg begleitet. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 21 von 22 Künstlerische Mittel: Der Aussage des Gedichtes entspricht gut die einfache, alltägliche Sprache. Eine wichtige Rolle spielt das insgesamt dreimal wiederholte (1,8,11) also, ein auch sehr alltägliches Wort, das aber sehr gut das Erstaunen des Sprechers zum Ausdruck bringt. Darüber hinaus sollte man als künstlerisches Mittel dieses Gedichts noch die Perspektive hervorheben, bei der sich gewissermaßen der Radius verkürzt, die Objekte der Betrachtung immer näher kommen. Stellungnahme/Sinn: Mögliche Aspekte Wie gefällt mir das Gedicht? Ist es wichtig? Lässt es sich auf bestimmte Situationen und Erfahrungen übertragen, die ich kenne? Lässt sich das Gedicht mit anderen vergleichen, die ich kenne? Ist es gut gemacht? Stimmt zum Beispiel das Verhältnis von Form und Inhalt? SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 22 von 22 Klassenarbeitsvariante: Günter Eich, Weg zum Bahnhof Aufgabenstellung: Interpretiere das beigefügte Gedicht, indem Du (in ausformulierter Aufsatzform) 1. es zunächst allgemein und besonders auch in formaler Hinsicht vorstellst, 2. Zeile für Zeile den Inhalt erläuterst und dabei besonders Signale aufzeigst, 3. die Signale zu einer Absicht, einer Aussage des Gedichts bündelst und 4. schließlich überlegst, welchen Sinn, welche Bedeutung das Gedicht für uns heute/für dich hat bzw. haben könnte. Der Text Günter Eich, Weg zum Bahnhof Noch schweigt die Fabrik, verödet im Mondschein. Das Frösteln des Morgens wollt ich gewohnt sein! Rechts in der Jacke die Kaffeeflasche, die frierende Hand in der Hosentasche, so ging ich halb schlafend zum Sechsuhrzug, mich griffe kein Trauern, ich wäre mir genug. Nun aber rührt der warme Hauch aus den Bäckereien mein Herz an wie eine Zärtlichkeit und ich kann nicht gelassen sein. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Unterrichtsreihe Gedichte in der Klasse 9 Thema: Alltagserfahrungrn, Stadt, Menschliche Existenz Seite 23 von 22 Anmerkungen zum Text In der 1. Versgruppe wird zunächst der frühe Morgen eines Arbeitstages geschildert, wobei die letzte Zeile schon etwas rätselhaft klingt und der hypothetischen Erläuterung bedarf (wollt, besser wäre sollt, wahrscheinlich ist aber dasselbe gemeint). Die zweite Versgruppe eine nähere Beschreibung des Sprechers ganz ohne Prädikate. Die kommen dann in der nächsten Versgruppe, bei der vor allem die morgendliche Starre bzw. Schläfrigkeit im Vordergrund steht, die nicht mal durch einen Trauerfall aufgelöst würde. Die letzte Versgruppe bringt dann die Wende der einfache Duft (wahrscheinlich auch der, obwohl nur vom warmen Hauch die Rede ist) einer Bäckerei aber bringt den Sprecher in Bewegung, wobei am Schluss offen bleibt, worauf sich sein Nicht-mehr-gelassen-Sein bezieht. Auf jeden Fall scheint etwas ganz Einfaches hier einen ganzen Menschen aktiviert zu haben. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: Internet: Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster