Arbeitsblatt: Spaghetti für zwei - Federica de Cesco

Material-Details

Lektionsskizzë Kurzgeschichte mit Aufträgen
Deutsch
Textverständnis
7. Schuljahr
5 Seiten

Statistik

103415
3381
84
11.09.2012

Autor/in

Engiadina (Spitzname)
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Spaghetti für zwei von Federica de Cesco 5Heinz war bald vierzehn und fühlte sich sehr cool. In der Klasse und auf dem Fussballplatz hatte er das Sagen. Im Unterricht machte er gerne auf Verweigerung. Die Lehrer sollten bloss nicht auf den Gedanken kommen, dass er sich anstrengte. Mittags konnte er nicht nach Hause, weil der eine Bus zu früh, der andere zu spät abfuhr. So ass er im Selbstbedienungsrestaurant, gleich gegenüber der Schule. Viel 10Geld wollte Heinz nicht ausgeben. Italienische Gemüsesuppe stand im Menü. Ein schwitzendes Fräulein schöpfte die Suppe aus einem dampfenden Topf. Heinz nickte zufrieden. Der Teller war ordentlich voll. Eine Schnitte Brot dazu, und er würde bestimmt satt. Er setzte sich an einen freien Tisch. Da merkte er, dass er den Löffel vergessen 15hatte. Heinz stand auf und holte sich einen. Als er zu seinem Tisch zurückstapfte, traute er seinen Augen nicht: Ein Schwarzer sass an seinem Platz und ass seelenruhig seine Gemüsesuppe! Heinz stand mit seinem Löffel fassungslos da, bis ihn die Wut packte. Zum Teufel mit diesen Asylbewerbern! Der kam irgendwo aus Uagadugu, wollte sich in der Schweiz 20breitmachen, und jetzt fiel ihm nichts Besseres ein, als ausgerechnet seine Gemüsesuppe zu verzehren! Heinz öffnete den Mund, um dem Menschen lautstark seine Meinung zu sagen, als ihm auffiel, dass die Leute ihn komisch ansahen. Heinz wurde rot. Er wollte nicht als Rassist gelten. Aber was nun? Plötzlich fasste er einen Entschluss. Er zog einen Stuhl zurück und setzte sich dem 25Schwarzen gegenüber. Dieser hob den Kopf, blickte ihn kurz an und schlürfte ungestört die Suppe weiter. Heinz presste die Zähne zusammen, dass seine Kinnbacken schmerzten. Dann packte er energisch den Löffel, beugte sich über den Tisch und tauchte ihn in die Suppe. Der Schwarze hob abermals den Kopf. Sekundenlang starrten sie sich an. Heinz führte mit leicht zitternder Hand den Löffel 30zum Mund und tauchte ihn zum zweiten Mal in die Suppe. Seinen vollen Löffel in der Hand. Fuhr der Schwarze fort, ihn stumm zu betrachten. Dann senkte er die Augen auf seinen Teller und ass weiter. Eine Weile verging. Beide teilten sich die Suppe, ohne dass ein Wort fiel. Heinz versuchte nachzudenken. Vielleicht hat der Mensch kein Geld, muss schon tagelang hungern. 35Vielleicht würde ich mit leerem Magen ähnlich reagieren? Und Deutsch kann er anscheinend auch nicht. sonst würde er da nicht sitzen wie ein Klotz. Ist doch peinlich. Ich an seiner Stelle würde mich schämen. Ob Schwarze wohl rot werden können? Das leichte Klirren des Löffels, den der Afrikaner in den leeren Teller legte, liess Heinz die Augen heben. Der Schwarze hatte sich zurückgelehnt und sah ihn an. 40Heinz konnte seinen Blick nicht deuten. In seiner Verwirrung lehnte er sich ebenfalls zurück. Er versuchte, den Schwarzen abzuschätzen. Junger Kerl. Etwas älter als ich. Vielleicht sechzehn oder sogar schon achtzehn. Normal angezogen: Jeans, Pulli, Windjacke. Sieht eigentlich nicht wie ein Obdachloser aus. Immerhin, der hat meine halbe Suppe aufgegessen und sagt nicht einmal danke! Verdammt, ich habe noch 45Hunger!\ Der Schwarze stand auf. Heinz blieb der Mund offen. Haut der tatsächlich ab? Jetzt ist aber das Mass voll! So eine Frechheit! Der soll mir wenigstens die halbe Gemüsesuppe bezahlen! Er wollte aufspringen und Krach schlagen. Da sah er, wie sich der Schwarze mit 50einem Tablett in der Hand wieder anstellte. Heinz fiel unsanft auf seinen Stuhl zurück. Also doch: Der Mensch hat Geld! Aber bildet der sich vielleicht ein, dass ich ihm den zweiten Gang bezahle? Heinz griff hastig nach seiner Schulmappe. Bloss weg von hier, bevor er mich zur Kasse bittet! Aber nein, sicherlich nicht. Oder doch Heinz liess die Mappe los Lind kratzte nervös an einem Pickel. Irgendwie wollte er 55wissen, wie es weiterging. Jetzt stand der Schwarze vor der Kasse und wahrhaftig er bezahlte! Heinz schniefte. Verrückt! dachte er. Total gesponnen! Da kam der Schwarze zurück. Er trug das Tablett, auf dem ein grosser Teller Spaghetti stand, mit Tomatensauce, vier Fleischbällchen und zwei Gabeln. Immer noch stumm, setzte er sich Heinz gegenüber, schob den Teller in die Mitte des 60Tisches, nahm eine Gabel und begann zu essen. Heinz Wimpern flatterten. Dieser Typ forderte ihn tatsächlich auf, die Spaghetti mit ihm zuteilen! Heinz brach der Schweiss aus. Was nun? Sollte er essen? Nicht essen? Seine Gedanken überstürzten sich. Wenn der Mensch doch wenigstens reden würde! Na gut. Er ass die Hälfte meiner Suppe, jetzt esse ich die Hälfte seiner Spaghetti, 65dann sind wir quitt! Wütend und beschämt griff Heinz nach der Gabel, rollte die Spaghetti auf und steckte sie in den Mund. Schweigen. Beide verschlangen die Spaghetti. Eigentlich nett von ihm, dass er mir eine Gabel brachte, dachte Heinz. Aber was soll ich jetzt sagen? Danke? Saublöde! Einen Vorwurf machen kann ich ihm auch nicht mehr. Vielleicht hat er gar nicht gemerkt, dass er meine Suppe ass. 70Oder vielleicht ist es üblich in Afrika, sich das Essen zu teilen? Schmecken gut, die Spaghetti. Wenn ich nur nicht so schwitzen würde! Die Portion war sehr reichlich. Bald hatte Heinz keinen Hunger mehr. Dem Schwarzen ging es ebenso. Er legte die Gabel aufs Tablett und putzte sich mit der Papierserviette den Mund ab. Heinz räusperte sich. Der Schwarze lehnte sich 75zurück, schob die Daumen in die Jeanstaschen und sah ihn an. Undurchdringlich. Heinz kratzte sich unter dem Rollkragen, bis ihm die Haut schmerzte. Wenn ich nur wüsste, was er denkt! Verwirrt, schwitzend und erbost liess er seine Blicke umherwandern. Plötzlich spürte er ein Kribbeln im Nacken. Ein Schauer jagte ihm über die Wirbelsäule von den Ohren bis ans Gesäss. Auf dem Nebentisch, an den 80sich bisher niemand gesetzt hatte, stand einsam auf dem Tablett ein Teller kalter Gemüsesuppe. Heinz erlebte den peinlichsten Augenblick seines Lebens. Am liebsten hätte er sich in ein Mauseloch verkrochen. Es vergingen zehn volle Sekunden, bis er es endlich wagte, dem Schwarzen ins Gesicht zu sehen. Der sass da, völlig entspannt und 85cooler, als Heinz es je sein würde, und wippte leicht mit dem Stuhl hin und her. Ah , stammelte Heinz, feuerrot im Gesicht. Entschuldigen Sie bitte. Ich. Er sah die Pupillen des Schwarzen aufblitzen. Auf einmal warf dieser den Kopf zurück, brach in dröhnendes Gelächter aus. Zuerst brachte Heinz nur ein verschämtes Glucksen zustande, bis endlich der Bann gebrochen war und er aus 90vollem Halse in das Gelächter des Afrikaners einstimmte. Eine Weile sassen sie da, von Lachen geschüttelt. Dann stand der Schwarze auf, schlug Heinz auf die Schulter. Ich heisse Marcel, sagte er in bestem Deutsch. Ich esse jeden Tag hier. Sehe ich dich morgen wieder? Um die gleiche Zeit? Heinz Augen tränten, und er schnappte nach Luft. In Ordnung! keuchte er. Aber dann spendiere ich die 95Spaghetti! Fragen zum Text: 1.1 In Zeile 82 dieser Kurzgeschichte liest du: Heinz erlebte den peinlichsten Augenblick seines Lebens 100 Erkläre, wie es zu dieser Situation kam. 1.2 Im Duden wird das Wort cool mit ruhig, überlegen, kaltschnäuzig erklärt. 105 Marcel sass da, völlig entspannt und cool. (Zeile 84/85) Zitieren Sie zwei Textstellen, die sein cooles Verhalten belegen. Auch Heinz fühlte sich cool. (Zeile 5) War er es wirklich? Nimm dazu Stellung. 1101.3 Erkläre mit eigenen Worten die folgenden Ausdrücke: das Sagen haben (Zeile 6) auf Verweigerung machen (Zeile 6) den Bann brechen (Zeile 89) 1151.4 Häufig müssen Menschen unter Vorurteilen leiden. Nenne zwei Vorurteile, die Heinz gegenüber Marcel hatte. Spaghetti für zwei Antworten: 120Erwartungsbilder: 1.1 Heinz war der festen Überzeugung, dass es sein Tisch war, an dem Marcel Platz genommen hatte. Heinz schaute sich in dem Selbstbedienungsrestaurant erst gar nicht richtig um und steuerte, nachdem er die Suppe schon abgestellt hatte und noch einen Löffel holte, zielsicher wieder seinen Platz an. Unglücklicherweise 125 hatte sich auch der Schwarze eine Gemüsesuppe gekauft. Heinz war nun, ohne weiter nachzudenken, fest der Meinung, dass Marcel sich an seiner Suppe vergriffen hat. Das macht ihn zunächst sprachlos, dann zornig. Auch die grosszügige Geste des Schwarzen, doch mitzuessen, verstand Heinz noch falsch. Er hält Marcel für einen Dieb, bis er plötzlich auf dem Nachbartisch seine 130 inzwischen wohl kalte Gemüsesuppe entdeckt. Dieser Augenblick war wohl einer der peinlichsten in seinem Leben. 4 P. 1.2 Zeilen 25-26: Dieser hob den Kopf, blickte ihn kurz an und schlürfte ungestört die Suppe weiter. Zeile 74-75: Der Schwarze lehnte sich zurück, schob die Daumen in die Jeanstaschen und sah ihn an, undurchdringlich. 2 P. 135 140 145 Heinz gab sich cool, er war es aber eigentlich nie. Er spielte den coolen Typen. Wäre er es in dieser Situation wirklich gewesen, hätte er ganz anders reagiert. Er wäre nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen gewesen, er hätte nicht gezittert, er wäre nicht so schnell ins Schwitzen geraten und rot geworden. Auch die umstehenden Leute hätten Heinz, wäre er wirklich ein cooler Typ, nichts ausgemacht. 2 P. 1.3 Das Sagen haben bedeutet, dass jemand der Chef, der Anführer ist. Wer das bt Befehle, er gibt die Richtung an und bestimmt. „Den Bann brechen bedeutet, dass eine Hemmung abgebaut wird oder ein 150 Vorurteil beseitigt wird. Irgend etwas löst die Spannung auf 2 P. 1.4 Heinz hält Marcel für einen Asylbewerber, der so frech war, die Suppe von wildfremden Leuten wegzulöffeln. Heinz dachte, alle Schwarzen sind arm, sprechen nicht deutsch und leben auf Kosten anderer. 155 2 P. Lektionsskizze 160 1. Vor – Urteil Bedeutung Welche Vorurteile hast du? Unsere Gesellschaft? 2. Mindmap an WT 165 ICH Rolle gegenüber (L, Mitmenschen, Mitschülern, Kollegen) Wünsche Hobby Freizeit Ärger mit Aussehen Beziehung zum anderen Geschlecht 170 Kriterien ergänzen EA 3. 1. Teil der Geschichte vorlesen Was wisst ihr noch 175 4. 2. Teil vorlesen (bis Zeile 23) 5. Wie geht es weiter? in 5 Sätzen den weiteren Verlauf der Geschichte aufschreiben 180 6. Schluss lesen 7. Aufträge lösen mit Text 185 8. Geschichte mit offenem Schluss wie geht sie weiter? Aufsatz mit ca. 100 – 150 Wörtern 9. PA: eine Version der Fortsetzung auswählen, Theater einüben 190 10. Vorspielen