Arbeitsblatt: Aufsatz
Material-Details
Aufsatz
Antike Sprachen
Rechtschreibung
7. Schuljahr
1 Seiten
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12.03.2015
Autor/in
Ines Mokdad
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
1 Friedrich – Schiller – Universität Jena Institut für Politikwissenschaften „Ein Leben in Arbeitslosigkeit – Schicksal oder Chance? Hausarbeit zum Hauptseminar: „Zusammenhang zwischen Problemen/ Gegenständen, Ansätzen und Methoden der politischen Bildung Sommersemester 2003 Leitung: Prof. Dr. Carl Deichmann Vorgelegt von: Isabell Mohr Lehramt Gymnasium 11. Fachsemester Biologie 8. Fachsemester Sozialkunde Käthe – Kollwitz – Straße 13 07743 Jena 2 Jena, den 17.09.2003 Inhalt Seite 0. Vorbemerkung 3 1. Didaktische – methodische Überlegungen 4 1.2. Curriculare Vorgaben 4 1.3. Lernzielbestimmung 6 2. Sachanalyse 10 3. Leben in der Arbeitslosigkeit – Schicksal oder Chance 13 3.1. Geplanter Verlauf 13 3.2. Erste Unterrichtsstunde 15 3.3. Zweite Unterrichtsstunde 16 3.4. Dritte Unterrichtsstunde 18 3.5. Vierte Unterrichtsstunde 19 3.6. Erster Projekttag 19 3.7. Zweiter Projekttag 20 4. Hermann Gieseckes Didaktik der politischen Bildung 21 4.1. Konflikt als Definition von Politik 21 4.2.Kategoriale Schlüsselfragen 24 4.3.Gieseckes didaktisches Modell 29 5. Schlussgedanken 34 6. Literaturverzeichnis 35 7. Anlagen Unterrichtsmaterial 36 3 0. Vorbemerkung Arbeitslosigkeit ist einer der aktuellsten innerpolitischen strukturellen Konflikte unserer Gesellschaft. Daher zeigt sich eine besondere Relevanz für die thematische Verarbeitung im Unterricht. Die vorliegende Arbeit stellt die Unterrichtsreihe „Arbeitslosigkeit – Schicksal oder Chance? vor. Dabei wird zunächst auf didaktisch – methodische Überlegungen eingegangen, um die Lehrplanrelevanz darzustellen sowie die Lernziele darzulegen, die für einen erfolgreichen Unterricht von Bedeutung sind. Insbesondere Kenntnisse, Erkenntnisse und Einsichten kennzeichnen den schülerischen Lernprozess. Die Sachanalyse stellt den schülergerechten Wissensgewinn dar, der als Unterrichtsstoff bei Lernkontrollen abgefragt werden kann und sich auf die Kenntnisebene bezieht. Dabei kann man, nach Giesecke Orientierungswissen und Aktionswissen unterscheiden, die im folgenden näher erläutert werden. Anschließend werden die einzelnen geplanten Unterrichtsstunden und Projekttage detailliert vorgestellt, um einen Überblick über Struktur und Methodik des Unterrichts zu geben. Die Didaktik von Hermann Giesecke spielt für diese Unterrichtsreihe eine besondere Rolle, da diese für die entsprechende Inhaltsauswahl verantwortlich ist. Sie zieht sich als roter Faden durch die vorliegende Arbeit, da ihr Giseckes didaktische Ideen zu Grunde liegen. Der Konflikt ist für Giesecke die Definition des Politischen und Bestandteil dieser Unterrichtsreihe, da es sich bei der Arbeitslosigkeit um einen gesellschaftlichen Konflikt handelt, der Teil eines gesellschaftlichen Prozesses ist. Die kategorialen Schlüsselfragen verdeutlichen die Einteilung der Politik in policy, politics und polity und sind als Begriffe Instrumentarien des schülerischen Arbeitens. Sie kennzeichnen die verschiedenen Abstraktionsphasen im Unterricht und sind somit bedeutend für die didaktische Analyse dieser Unterrichtsreihe. Gieseckes didaktisches Modell stellt seine didaktischen Ideen unter Betrachtung der genannten Aspekte in den Vordergrund. Abschließend wird die Unterrichtsreihe mit ihrer didaktischen Analyse auf die Relevanz und Durchführbarkeit im Unterricht geprüft, um eventuell eine Unterrichtsreihe nach Giesecke auszuschließen beziehungsweise auf Verbesserungsvorschläge hinzuweisen. 4 1. Didaktische – methodische Überlegungen 1.1. Curriculare Vorgaben Die Unterrichtsreihe dient zunächst der kurzen Vorstellung und Wiederholung der Aspekte und Hintergründe der Arbeitslosigkeit, die durch den gezielten Medieneinsatz an einem Beispiel vertieft werden sollen. Für die Einordnung in den Sozialkundeunterricht sind zwei Ansatzpunkte möglich. Zum einen bietet sich eine Orientierung in der Sekundarstufe an, um den Problembereich der Informationsgesellschaft abzudecken. Dabei kann an einem ausgewählten Beispiel, in diesem Fall die Arbeitslosigkeit, das Medium TV und Film näher betrachtet werden. Wobei die Darstellung der Medien als solche im Hintergrund bleiben müssen, um an anderer Stelle fortgeführt zu werden. Zum anderen bietet sich die Unterrichtsreihe als Einstieg in die Grundprobleme der Sozialpolitik in der Klasse 11 an, um so eine vertiefende Analyse mit dem sozialpolitischen Problemfeld der Arbeitslosigkeit zu ermöglichen. Den Abschluss kann in diesem Fall eine Verarbeitung eines individuellen Beispiels bilden, um die in Klasse 9 erworbene Medienkompetenz zu vertiefen. Die Unterrichtsreihe „Ein Leben in der Arbeitslosigkeit – Schicksal oder Chance ist für einen Grundkurs Sozialkunde der Klasse 11 konzipiert. Dabei wird der Problembereich der Informationsgesellschaft aus Klasse 9 als Grundwissen vorausgesetzt. Dementsprechend sollten die Schüler bereits Wissen über die verschiedenen Medien als Informationsquellen vorweisen können, um politische und gesellschaftliche Konsequenzen beurteilen zu können. Ziel der Unterrichtsreihe ist die Einordnung eines sozialpolitischen Problemfeldes in den gesellschaftlichen Prozess sowie dessen vertiefende Analyse auf der Ebene der Konfliktanalyse.1 Die inhaltliche Auswahl des Unterrichtsgegenstandes entstand durch die Didaktik von Hermann Giesecke, der den Konflikt zum Prinzip seiner Inhaltsauswahl für den politischen Unterricht machte.2 Der Konflikt stellt in dieser Unterrichtsreihe den primären Lerngegenstand dar und soll die bestehenden Kontroversen innerhalb unserer Gesellschaft am Beispiel der Arbeitslosigkeit deutlich machen. Der Konflikt eignet sich besonders als Lerngegenstand für Schüler, um die Komplexität eines politischen Systems erfassbar zu machen. Ein Konflikt ist unbestimmt, mehrdeutig und komplex und muss innerhalb des Unterrichts aufgrund seines dynamischen und unsystematischen Charakters didaktisch aufbereitet werden. Die Betonung des Konflikts lässt eine Demokratieverständnis erkennen, das die Auseinandersetzung, also den Widerstreit der Interessen in einer offenen, 1 2 Vgl. Thüringer Kultusministerium, Lehrplan für das Gymnasium, Sozialkunde, Erfurt 1999 Vgl. Gagel Walter, Drei didaktische Konzeptionen: Giesecke, Hilligen, Schmiederer, Schwalbach 1991, S. 7 5 pluralistischen Gesellschaft als Normalform des politischen Lebens versteht. Dementsprechend soll der Problembereich der Arbeitslosigkeit als andauernder Konflikt zwischen den betroffenen Parteien, die im folgenden erläutert werden, dargestellt werden. Arbeitslosigkeit stellt einen Prozess der Auseinandersetzung um bestimmte Streitfragen der Gesellschaft dar. Giesecke sieht, entgegen den wissenschaftlichen Auffassungen, das politische Lernen aus Alltagserfahrungen als Lerngegenstand. Daher soll in dieser Unterrichtsreihe versucht werden individuelle Beispiele der Schüler einzubeziehen, um zum einen Betroffenheit herzustellen, die den Schülern die Erkenntnis vermitteln soll, „Ich bin auch betroffen, aber ich kann etwas dagegen tun. Zum anderen sollen die Schüler die bestehende kontroverse Aktualität erfahren, die das Politische kennzeichnet.3 Die Alltagserfahrungen der Schüler sollen durch den professionellen Umgang mit verschiedenen Medien dokumentiert werden, um so eine effektive Vertiefung des Mediums Film und Fernsehen zu ermöglichen. 3 Vgl. Giesecke Hermann, Didaktik der politischen Bildung, München 1965, S. 26 ff. 6 1.2. Lernzielbestimmung Hermann Giesecke leitet seine Lernziele aus dem Grundgesetz ab, insbesondere das Prinzip der Mitbestimmung als oberstes Lernziel. Er versteht das Grundgesetz „. als Ausdruck eines langfristigen historischen Emanzipations – und Demokratisierungsprozesses. 4 Folglich entsteht das Recht der Bürger, „. die politische Entwicklung in unserem Land mitzubestimmen und . folglich auch alle diejenigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen, die zur Wahrnehmung dieses Rechts erforderlich sind. 5 Das Prinzip der Mitbestimmung erfordert eine Darstellung der Partizipationsmöglichkeiten für Schüler, die durch die aktive Wahrnehmung des Lebens eines Arbeitslosen dargestellt werden sollen. Das Ziel der Schüler soll sein, für die konkrete Situation der Arbeitslosigkeit eigene Beteiligungsmöglichkeiten zu finden, um im Allgemeinen die Partizipationsmöglichkeit in der Schule zu verbessern. Die Teilziele zur Erreichung der Mitbestimmung ist die Analyse politischer Konflikte, die Arbeitslosigkeit stellt als präsenter andauernder Konflikt einen guten Lerngegenstand dar. Weitere Teilziele des politischen Unterrichts sind nach Giesecke das Training systematischer gesellschaftlicher Vorstellungen, die Entwicklung eines historischen Bewusstseins, das Training selbständiger Informationsverarbeitung und – vermittlung, sowie das Training praktischer Handlungsformen. Selbstverständlich kann nicht in jeder Unterrichtsstunde eine Verarbeitung aller Teilziele erfolgen. In dieser Unterrichtsreihe kann ein historisches Bewusstsein der Schüler und Schülerinnen nur geringfügig entwickelt werden, da die Unterrichtsreihe zeitlich begrenzt ist und durch fächerübergreifende Aspekte z.B. im Fach Geschichte bearbeitet werden kann. Das Teilziel der selbständigen Informationsverarbeitung stellt einen wesentlichen Teil der praktischen Arbeit dar und soll den Schülern die Möglichkeit vermitteln eigene Entscheidungen innerhalb des Unterrichtsfaches zu treffen, um natürlich das oberste Lernziel der Mitbestimmung im Unterricht und somit auch in der Gesellschaft zu verwirklichen. Die abwechslungsreiche Methodik der Unterrichtsreihe spricht die verschiedenen Teilziele und das oberste Lernziel auf individuelle Art an. Auf der Basis der konkreten Zielvorstellungen des Unterrichts ergeben sich schülerbezogene Lernziele, die zum Erreichen des obersten Lernzieles Mitbestimmung von Bedeutung sind. Die im Thüringer Lernplan vorgegebenen Kompetenzen, die im Unterricht erworben werden 4 5 Giesecke Hermann, Didaktik der politischen Bildung, 7. Auflage, München 1972, S. 129 Vgl. ebda., S. 139 7 sollen, können in dieser Unterrichtsreihe durch die Wahl der didaktischen Elemente gekennzeichnet werden. Methodenkompetenz kann durch die Analyse der Karikatur und der Zeitungsartikel, aber auch allgemein durch die unterschiedlichen Unterrichtsmethoden verwirklicht werden. Die von Giesecke angesprochenen praktischen Handlungsformen werden in verschiedenem Maße in der Unterrichtsreihe dargestellt. Interview, Rollenspiel, Gruppenarbeit und „brainstorming ermöglichen eine Mitbestimmung der Schüler innerhalb der Gestaltung des Unterrichts, ebenso wie die individuelle Auswahl des zu filmenden Einzelschicksals. Die Sozialkompetenz der Schüler soll insbesondere durch Einzel- und Gruppenarbeit geschult werden. Das selbständige Erarbeiten und Verfilmen eines individuellen Beispiels innerhalb einer Gruppe hat zum Ziel die Selbstkompetenz der Schüler anzusprechen. Jedoch lässt sich keine eindeutige Trennung der Methoden entsprechend der Lernziele und Kompetenzen nachweisen. Die Sachkompetenz lässt sich anhand der Sachanalyse eindeutig nachweisen, insbesondere durch die Erarbeitung der Thematik. Dabei ergibt sich eine Unterscheidung zwischen den neuen und alten Kenntnissen der Schüler, die Bestandteil der Sachanalyse sind, den Erkenntnissen, die Gründe und Maßnahmen enthalten, sowie den Einsichten, die das Hintergrundwissen ergeben. Die Erkenntnisse der Schüler beziehen sich auf die unterschiedlichen Gründe der Arbeitslosigkeit, die sowohl im technologischen Wandel der Gesellschaft als auch an den schwankenden Konjunkturbedingungen zu suchen sind. Arbeitslosigkeit ergibt sich ebenso aus strukturellen Bedingungen, die ein komplexes Problem oder einen komplexen Konflikt erkennen lassen. Die hohe Arbeitslosigkeit, die wenigen Arbeitsplätze einerseits, und die hohen Wochenarbeitsstunden für die Arbeitnehmer andererseits ergeben einen komplexen strukturellen Konflikt zwischen den beteiligten Parteien. Bezüglich der Maßnahmen auf der Erkenntnisebene zeigt sich die Abhängigkeit der Arbeitslosigkeit von Angebot und Nachfrage. Dementsprechend lassen sich umfangreiche Gründe für Arbeitslosigkeit erkennen, die nur durch umfangreiche Maßnahmen zu bewältigen sind. Es lässt sich eine allgemeine Erkenntnis der Schüler formulieren, die die Schüler zur Einsicht führen soll. Ein Wohlfahrtsstaat wie Deutschland funktioniert nur dann optimal, wenn ein gesellschaftliches Miteinander besteht. Alle Mitglieder einer kapitalistischen Gesellschaft müssen am Wohl der Gesellschaft mitarbeiten. Dementsprechend muss ein funktionierender Arbeitsmarkt existieren. Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit sind komplexe Systeme, die verschiedene Felder der Gesellschaft und des politischen Systems berühren. Die Schüler müssen erkennen, dass Arbeitslosigkeit weitreichende Konsequenzen in allen Politik- und Gesellschaftsfeldern hat, die schließlich auf den Staat einwirken. In den 8 Diskussionen sollen durch Eigenleistung der Schüler oder durch Impulse des Lehrers die unterschiedlichen Möglichkeiten der Verarbeitung oder des Auslebens der Arbeitslosigkeit angesprochen werden, so dass für die Schüler deutlich wird, dass man zwischen „Sozialschmarotzern und Arbeitswilligen, die leider keine Arbeit finden, unterscheidet. Die Analyse eines konkreten Fallbeispiels von Andreas P. soll den Schülern ermöglichen über ihr auf Allgemeinplätzen beruhendes Pauschalurteil nachzudenken und dies möglicherweise, aufgrund neuer Erkenntnisse, verbessern. Durch die Durchführung eines Interviews verbunden mit einem Rollenspiel sollen die Schüler unterschiedliche Perspektiven kennen lernen. Dadurch ergibt sich ein Verständnis für das Verhalten eines Arbeitslosen in der Gesellschaft und dessen persönliches Empfinden. Dabei sollen Kenntnisse über Hilfemöglichkeiten erworben werden. Eine anschließende Verallgemeinerung des Falles soll den Schülern gesellschaftliche und politische Hilfestellungen vermitteln, um in einer eventuell anschließenden Unterrichtsreihe beispielsweise die aktuelle Diskussion um die Bildungspolitik zu vertiefen. Dabei soll durch die Schüler versucht werden, politische Lösungen zu beurteilen. Dabei ergibt sich die Erkenntnis, dass staatliche Unterstützung nicht ausreicht, um die Probleme des Betroffenen zu lösen. Eigeninitiative und solidarisches Verhalten des sozialen Umfeldes spielen eine wichtige Rolle für die Konfliktlösung.6 Die Vorbereitung auf die Dreharbeiten zielen auf die vertiefende Kenntnisebene der Medienkompetenz. Eigene Fallbeispiele lassen die Schüler Mitglieder bzw. Beteiligte in einem andauernden gesellschaftlichen Konflikt werden. Nicht nur die bildliche Verarbeitung des Falles, sondern auch die empathischen Erfahrungen lassen die Schüler erkennen, dass sie Teil der Gesellschaft sind, die Einfluss auf Konfliktlösende Elemente haben. Sie sind Teil des sozialen Umfeldes, die helfen können Selbstbewusstsein der Arbeitslosen aufzubauen. Das oberste Lernziel der Mitbestimmung hat dementsprechend an dieser Stelle einen besonderen Stellenwert. Die selbständigen Dreharbeiten dienen dem Ziel Einzelschicksale kennen zu lernen und deren Situation zu bewerten und sich in diese hineinzuversetzen. Die Schüler sollen zu der Erkenntnis gelangen, dass Arbeitslose gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft sind, wobei es zu unterscheiden gilt, ob es sich um Sozialschmarotzer oder Arbeitswillige handelt. Die allgemeine Einsicht der Schüler beruht auf dem Zusammenhang, dass Arbeitslosigkeit nicht sozial gerecht ist und gelöst werden muss. Die abschließende Reflexion über Erfahrungen des Projektes soll die Schüler über unterschiedliche Schicksale aufklären. Die Abschlussdiskussion unter dem Motto „Bedeutet für Euch Arbeitslosigkeit Schicksal oder Chance? schließt den Kreis. Dabei soll sich für die Schüler die Einsicht 6 Vgl. Seifert Wolfgang, Projekt Politik, am 06.12.2003 9 ergeben, dass soziale Gerechtigkeit auf gleichen Lebensbedingungen und Freiheiten beruht, die in einem Spannungsverhältnis stehen. Die Erkenntnis besteht in den unterschiedlichen Wertorientierungen und Interessen innerhalb der Gesellschaft, die unterschiedliche Gerechtigkeits- und Freiheitsvorstellungen hervorrufen. Diese werden vertreten von Parteien, Verbänden, Gewerkschaften, Initiativen und natürlich jedem Einzelnen, mit dem Ziel Arbeitsplätze zu schaffen und so die Arbeitslosigkeit zu verringern. Die Grundeinsicht besteht in der Schaffung eines notwendigen Konsens. Die Diskussion fasst alle Kenntnisse, Erkenntnisse und Einsichten der Unterrichtsreihe zusammen, um eine Antwort auf die Frage zu bekommen, ob Arbeitslosigkeit Schicksal oder Chance bedeutet. 10 2. Sachanalyse Die sachanalytischen Aspekte dienen den Schülern als vermitteltes Wissen, das im Lehrplan festgelegt ist und als Wissen in Leistungskontrollen abgefragt werden kann. Daher wird die Sachanalyse meist schülergerecht formuliert, das sie die Übergabe in das Schülerheft kennzeichnet. Dabei dienen die Karikaturen als motivierender Einstieg ins Thema und lässt schülerabhängige Antworten zu, daher wird an dieser Stelle auf die ausführliche Darstellung des Inhaltes der Karikaturen verzichtet. Die Zeitungsartikel aus der Welt kennzeichnen die aktuelle Arbeitsmarktsituation. Auf der einen Seite zeigen sich keine konjunkturellen Verbesserungen, die für einen Aufschwung des Arbeitsmarktes sorgen könnte und die Zahl der Arbeitslosen steigt weiter. Andererseits müssen Unternehmer bis zu 12 Stunden pro Tag arbeiten, verzichten dafür auf Freizeit und Familie. Es besteht ein Konflikt zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, ebenso zwischen Gewerkschaften, Wirtschaft und Bundesregierung. Die Ursachen für die Probleme des Arbeitsmarktes sind insbesondere die schwache Wirtschaft mit schlechten Konjunkturbedingungen, natürlich auch die schlechte finanzielle Lage des Staates, aus historischer Sicht der technologische Wandel und allgemeine strukturelle Bedingungen. Nur durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze verbessert sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt und somit die finanzielle und wirtschaftliche Situation von Deutschland. Die Ursachen für Arbeitslosigkeit sind ebenso vielfältig wie die erforderlichen Maßnahmen. Arbeitslosigkeit hat Auswirkungen auf alle Politikfelder und gesellschaftliche Bereiche, d.h. alle sind darin interessiert eine gemeinsame Lösung zu finden, um den Konflikt zu lösen. Das große Ziel lautet soziale Gerechtigkeit, die gleiche Lebensbedingungen und Freiheit der Menschen miteinander verbinden sollte. Jedoch gibt es unterschiedliche Wertorientierungen und Interessen in der Gesellschaft, die auf der einen Seite durch die Parteien und auf der anderen Seite durch die Gewerkschaften und die Wirtschaft vertreten werden. Zwischen den beteiligten Parteien besteht ein andauernder Konflikt, um die beste Lösung des strukturellen Konflikts zu finden, obwohl alle das gleiche Ziel der Konsensfindung verfolgen. Dass Arbeitslosigkeit entsteht, ist nicht so schlimm; das muss sogar so sein, weil es sonst keinen Wandel in der Wirtschaft gäbe, weder technologischen noch strukturellen Wandel. Dass Arbeitslosigkeit entsteht, ist nicht das Problem, sondern dass sie nicht vergeht. Diese Perspektive lenkt den Blick auf die Bedingungen und Ursachen, die verhindern, dass Arbeitslose rasch wieder eine neue Beschäftigung finden. Wie 11 Arbeitslosigkeit entsteht, zeigt das Schema 1: warum sie nicht vergeht, wird im darauf folgenden Schritt untersucht. Dass Arbeitslosigkeit aus den dargestellten Ursachen entsteht, lässt sich kaum vermeiden – sollte vielleicht auch gar nicht vermieden werden. In Deutschland lag die Zahl der „Zugänge in Arbeitslosigkeit im Durchschnitt der letzten Jahre zwischen sechs und sieben Millionen; so viele Erwerbspersonen werden also bei uns im Verlauf eines Jahres aus den genannten Gründen arbeitslos. Das ist deswegen im Prinzip nicht zu vermeiden, weil weder die Politik noch die Tarifvertragsparteien die Jahreszeiten abschaffen können, weil die Konjunktur kommt und geht, weil man den technischen Wandel und den Strukturwandel nicht abbremsen oder behindern sollte. Der Knackpunkt ist vielmehr der: Wenn die sechs oder sieben Millionen Arbeitslosen im Jahresverlauf wieder eine neue Erwerbsarbeit finden würden, hätten wir kein Problem. Die entscheidende Frage lautet also: Warum kommt es nicht zu den erforderlichen „Abgängen aus Arbeitslosigkeit? Warum verbleiben so viele Arbeitslose im „Bestand der Erwerbslosigkeit – warum bleibt sie also bestehen? Antwort: Weil die „Abgänge blockiert sind. Man kann vier Gründe der Blockierung unterscheiden; diesen vier Ursachen entsprechen vier verschiedene Typen der Arbeitslosigkeit AL Arbeitslosigkeit Entlassungen wegen: Saison-Ende saisonale AL Konjunkturabschwung konjunkturelle AL technischer Wandel technologische AL Strukturwandel strukturelle AL Es gibt also nicht „die Arbeitslosigkeit, sondern ganz unterschiedliche Typen, je nach zugrunde liegenden Ursachen. Entsprechend gibt es auch nicht das „eine Patentrezept gegen Arbeitslosigkeit, sondern unterschiedliche Formen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, die an den verschiedenen Ursachen ansetzen. Schaut man sich die „Blockierungen etwas genauer an, also die Ursachen für den schleppenden Abgang von Arbeitslosen aus dem „Bestand, dann zeigt sich folgendes: 1. Friktionelle Arbeitslosigkeit: Die Ursache dieses Typus sind Friktionen ( Hemmnisse, Widerstände) auf dem Arbeitsmarkt. Wegen dieser Friktionen kommt es zu Verzögerungen bei der Besetzung vorhandener offener Stellen durch Arbeitslose: Passende Stellen müssen erst gefunden werden, dann müssen sich die Arbeitslosen bewerben, gegebenenfalls müssen sie umziehen, wenn die Stelle in einer anderen Stadt liegt usw. 2. Merkmalsstrukturelle Arbeitslosigkeit: Ursächlich sind hier die Unterschiede zwischen den Merkmalen der Arbeitslosen und den Anforderungen bei den offenen Stellen; viele 12 Arbeitslose können die Qualifikationsanforderungen nicht erfüllen. Bei dieser merkmalsbedingten Arbeitslosigkeit gibt es also sowohl Arbeitslose als auch offene Stellen, aber beide passen nicht zusammen. 3. Konjunkturelle Arbeitslosigkeit: Dieser Typus ist durch einen konjunkturellen Abschwung oder eine Rezession verursacht. Vorhandene Stellen in den Unternehmen können nicht besetzt werden, weil die Produktionskapazitäten schlecht ausgelastet sind. Es fehlt an Nachfrage, also wird weniger produziert, also benötigen die Unternehmen auch weniger Arbeitskräfte: Sie stellen keine neuen Mitarbeiter ein. 4. Systemische Arbeitslosigkeit: Die Ursache dieses Typus liegt in einer allgemeinen Schwäche des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems; es ist unfähig, eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen zu schaffen, um allen Erwerbspersonen eine Beschäftigungschance zu bieten. Offenbar sind die Bedingungen auf dem Standort Deutschland für die Unternehmen nicht attraktiv genug, um hier zusätzliche Investitionen zu tätigen und dadurch mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Es herrscht also ein Mangel an Arbeitsplätzen („Arbeitsplatzlücke). Unterschiedliche Ausprägungen – Typen – von Arbeitslosigkeit unterscheiden sich also je nach den Ursachen, die zu Hemmnissen oder gar Blockaden beim Abgang aus Arbeitslosigkeit führen. Alle vier hier genannten Typen kommen in der heutigen Situation gleichzeitig vor, wenn auch in unterschiedlichen Anteilen. Seit einigen Jahren dürfte in Deutschland die „systemische Arbeitslosigkeit vorherrschen, also ein allgemeiner Arbeitsplatzmangel aufgrund ungünstiger gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen; doch auch die anderen drei Typen tragen ihren Teil zur Gesamtarbeitslosigkeit bei. Die Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf die persönlichen Umstände führt auf den ersten Blick zu einer Verschlechterung der finanziellen Situation. Man verliert seinen Lebensunterhalt. Genauso wichtig sind aber die so genannten psycho-sozialen Faktoren, die mit Arbeit verbunden sind. Beschäftigung heißt, seine Fähigkeiten anzuwenden, neue Fertigkeiten zu lernen, soziale Kontakte zu haben, die Zeit zu strukturieren. Dies alles geht durch Arbeitslosigkeit verloren. Manches davon kann ersetzt werden etwa durch ehrenamtliche Tätigkeiten, mehr Kontakte im Privatbereich oder die ausgedehntere Pflege von Hobbys. Doch unsere Gesellschaft ist so zentral auf Erwerbsarbeit gerichtet, dass nichts anderes diese bedeutsamen psychologischen Funktionen so gut und gebündelt erfüllt.7 Politische Lösungsvorschläge für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sind der Anlage zu entnehmen, die die Strategien beschreibt. 7 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Arbeitslosigkeit – Ursachen und Abhilfen, Themenblätter im Unterricht, Nr. 30, Bonn 2003 13 14 3. Leben in der Arbeitslosigkeit – Schicksal oder Chance? 3.1. Geplanter Verlauf Zeit/ Didaktische Funktion Material/ Unterrichtsmittel Lernziele (Erwerb von Selbst-, Methoden und Sozialkompetenz) Sach-, Methoden 1. Unterrichtsstunde Motivationsphase KARIKA – Tour Anlage 1 Methodenkarte Methodenkompetenz durch Analyse der Schüler sollen nach vorgegebenen Analyseschema Karikatur und Zeitungsartikeln die verschiedenen Quellen und Karikaturen auswerten Sozialkompetenz durch Gruppenarbeit Gruppenarbeit bei Analyse der Artikel Sachkompetenz durch Erarbeitung der Diskussion im Plenum Thematik Erarbeitung des Arbeitsblattes Einstiegsphase 2. Unterrichtsstunde Zeitungsartikel Anlage 2 Methodenkarte Tafel Arbeitsblatt M1 Anlage 3 Hausaufgabe Tafel Arbeitsblatt M2 bis M6 Erkenntnis, dass Arbeitslosigkeit weitreichende Konsequenzen in allen Politik- und Gesellschaftsfeldern hat Vielfältige Maßnahmen sind notwendig für die Lösung Sachkompetenz: Maßnahmen für Kampf gegen Arbeitslosigkeit Diskussion brainstorming Was bedeutet soziale Gerechtigkeit für euch? Gruppenarbeit 15 3. Unterrichtsstunde Hausaufgabe Geschichte von Andreas P. Anlage 5 Eigene Beispiele 4. Unterrichtsstunde 1. Projekttag eigenes Schüler Material der 2. Projekttag Vorstellen des Filmmaterials der Schüler Kenntnisse über das Leben als Arbeitssuchender Anlage 6 Erkenntnis über unterschiedliche Verarbeitung der Situation Schüler sollen unterschiedliche Perspektiven kennen lernen Diskussion des Einzelschicksals Einzelarbeit Rollenspiel/ Interview Gruppenarbeit Vom Konkreten zum Allgemeinen Unterrichtsgespräch/ Diskussion Beurteilung politischer Lösungen gemeinsame Planungsphase für Projekttage Vorbereitung auf Dreharbeiten Wahl eines eigenen Beispieles zur bildlichen Verarbeitung nach Schema von Andreas P. Planung der Dreharbeiten selbständige Dreharbeiten mit dem Ziel selbständige Gruppenarbeit Einzelschicksale kennen zu lernen und deren Situation zu bewerten und sich in diese hineinzuversetzen Erkenntnis, dass Arbeitslose gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft sind, wobei es zu unterscheiden gilt, ob es sich um Sozialschmarotzer oder Arbeitswillige handelt Einsicht, dass Arbeitslosigkeit nicht sozial gerecht ist und gelöst werden muss Reflexion über Erfahrungen Erfahrungsaustausch Was sind Arbeitslose für euch? Bedeutet für euch Arbeitslosigkeit Schicksal oder Chance? Diskussion Erfahrungsaustausch eventuelle Weiterverarbeitung zur Visualisierung anderer Abschlussdiskussion 16 3.2. Erste Unterrichtsstunde Zu Beginn des Projektes soll mittels einer KARIKA – Tour und einer Quellenbearbeitung an das Thema herangeführt werden. Dazu werden vom Lehrer verschiedene Karikaturen Anlage 1 )und Quellen zur Bearbeitung gestellt, die die Schüler nach einem vorgegebenen Konzept bearbeiten müssen. Tabelle 1 Aussage und Zeichnerische Tendenz Thema der Elemente Karikatur der Eigene Meinung Weitere Fragen Karikatur Karikatur ---------------Karikatur II Quelle: Thema im Unterricht, Methodenkiste, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2000 Methodenkarte 5B Zum besseren Verständnis kann der Lehrer noch einige Leitfragen stellen. 1. Was soll in der Karikatur dargestellt werden? 2. Wie und mit welchen Mitteln Figuren, Symbolen, Objekten wird das Thema dargestellt? 3. Ist aus der Karikatur eine bestimmte Einstellung, Meinung oder Deutung des Zeichners oder der Zeichnerin zu erkennen? 4. Wie beurteilt ihr die Aussage der Karikatur? 5. Welche Fragen ergeben sich für euch aus der Karikatur? Um die Methodenkompetenz der Schüler zu vertiefen, sollen im nächsten Schritt zwei aktuelle Zeitungsartikel Anlage 2 analysiert werden und mittels der 5-Schritt-LeseMethode inhaltlich analysiert werden.8 Sachtexte, insbesondere Zeitungsartikel, sind für Schüler oftmals unverständlich. Diese Methode ermöglicht eine schülergerechte Vereinfachung der Inhalte. Für die Bearbeitung der Artikel wird die Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt. 8 Vgl. Thema im Unterricht, Methodenkiste, Bundeszentrale für politische Bildung, Methodenkarte 12A, Bonn 2000 17 1. Im ersten Schritt soll sich ein grober Überblick verschafft werden. Die Überschrift, die Anfänge der einzelnen Abschnitte. Dabei Acht geben auf Schlüsselwörter oder bekannte Begriffe. Der Text wird überflogen. 2. Nun soll überlegt werden, um welche Fragen oder Probleme es in diesem Text geht. Es soll gefragt werden, worum es geht und auf welche Fragen der Text Antworten gibt. 3. Nun soll der Text gründlich gelesen werden. Dabei werden die wichtigsten Aussagen oder Schlüsselbegriffe markiert. Unbekannte Begriffe werden herausgeschrieben und mittels eines Lexikons geklärt oder durch die Lehrerin erklärt. 4. Nun sollen die einzelnen Abschnitte mit eigenen Worten zusammengefasst werden und Überschriften formuliert werden. 5. Jetzt werden die wichtigsten Informationen des Textes zusammengefasst. Dies erfolgt innerhalb der Gruppe, die das gleiche Thema bearbeiten. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt im Plenum und wird mittels Tafelbild gegenübergestellt, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Arbeitslosigkeit umfangreiche und vielfältige Ursachen und Konsequenzen hat. Für den Einstieg in das eigentliche Thema wird ein Arbeitsblatt zur Verfügung gestellt, dass die Schüler selbständig erarbeiten sollen. Anlage 3 Dazu wird vom Lehrer Material zur Verfügung gestellt oder bei Bedarf ein Lehrervortrag gehalten. In Abhängigkeit von der Zeit kann man die Erarbeitung des Arbeitsblattes als Hausaufgabe aufgeben. 3.3. Zweite Unterrichtsstunde An dieser Stelle soll die Hausaufgabe in einer Diskussion ausgewertet werden. Dazu werden zunächst die Begriffe geklärt und durch eigene Beispiele der Schüler konkretisiert, jedoch in Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen. Danach soll vertiefend auf die vielfältigen Ursachen eingegangen werden, um auf die ebenfalls weitreichende Konsequenzen hinzuweisen. An dieser Stelle soll durch ein Tafelbild auf die bestehende soziale Ungerechtigkeit verwiesen werden. In einer brainstorming-Phase soll der Begriff der sozialen Gerechtigkeit, als großes Ziel der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse, aus Schülersicht geklärt werden. In einem Tafelbild sollen die Ergebnisse festgehalten werden, wodurch der Konfliktcharakter nach Giesecke verdeutlicht werden kann. 18 Tafelbild: Was bedeutet soziale Gerechtigkeit für Euch? Gleiche Lebensbedingungen Freiheit es existiert ein Spannungsverhältnis jeder hat unterschiedliche Wertorientierungen und Interessen daraus ergeben sich unterschiedliche Vorstellungen von Gerechtigkeit und verschiedene Freiheitsvorstellungen Parteien, Verbände, Gewerkschaften und Initiativen sind von hoher Arbeitslosigkeit betroffen und haben das Ziel Arbeitsplätze zu schaffen das große Ziel lautet: Schaffung neuer Arbeitsplätze Diese Übersicht sollen die Schüler in ihr Heft übernehmen. Daraus ergibt sich die Suche nach geeigneten Maßnahmen. Die Schüler sollen an dieser Stelle in Gruppenarbeit ein Arbeitsblatt M2 bearbeiten. Anlage 4 Folgende Fragestellungen sind zu beachten: Welche Strategien gibt es und welche bevorzugt ihr? Warum? Gibt es alternative Vorschläge? Am Beispiel des Kombilohnmodells sollen die Vorschläge des Staates genauer untersucht und analysiert werden. Dazu bekommt jeder Schüler die Arbeitsblätter M3 bis M6, die es selbständig oder in Partnerarbeit zu bearbeiten gilt. Anlage 4 Als Hilfestellung kann der Lehrer folgende Fragen stellen: Beschreibt Hintergründe und Zielsetzungen des Kombilohn – Modells in Deutschland. Ordnet Überlegungen zum Kombilohn in die derzeit diskutierten Strategien zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein. Siehe M2 Erläutert Zielsetzungen, Zielgruppen und Förderarten des Mainzer Modells. Bewertet die These: Das Mainzer Modell ist ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Deutschland! 19 Die Auswertung und Diskussion erfolgt im Plenum mit dem Ziel, zum einen um die Schwierigkeit zu erkennen, wie viele unterschiedliche Interessen es gibt und die Schwierigkeit einen Kompromiss zu finden. Und zum anderen die weitreichenden Konsequenzen eines Modells zu erfahren, dass nur einen kleinen Teil zur Lösung des strukturellen Konflikts der Arbeitslosigkeit beitragen kann. Den Abschluss der Stunde bildet die Suche nach eigenen Beispielen in der Familie mit dem Ziel Selbstbetroffenheit herzustellen. Die Hausaufgabe besteht in der konkreten Suche nach einem Beispiel, dessen Ursachen und Konsequenzen für den Betroffenen selbst, aber auch für Familie, Freunde und den Alltag auszeichnend sind. 3.4. Dritte Unterrichtsstunde Den Einstieg in die Stunde bildet die Lebensgeschichte von Andreas P., einem 25 – jährigen Arbeitslosen. Anlage 5 Während der Vorstellung sollen die Schüler einen Lebenslauf mit den wichtigsten Daten von Andreas aufstellen. Anlage 6 Durch den Vergleich mit eigenen Schicksalen aus der Familie, die Hausaufgabe sein sollen, kann nach Parallelen gesucht werden. Im Unterrichtsgespräch sollen diese Parallelen auf Ursachen und Konsequenzen untersucht werden. Dabei soll in der Diskussion oder durch einen anschließenden Lehrerimpuls auf die Unterschiede der persönlichen Verarbeitung hingewiesen werden. Die Schüler sollen erkennen, dass es Sozialschmarotzer gibt und Arbeitswillige, die aus verschiedenen Gründen keine Arbeit finden. Vielleicht können die Schüler dies durch ihre eigenen Beispiele belegen. Anschließend sollen die Schüler in einem Rollenspiel ein Interview mit einem Arbeitslosen durchführen. Dabei werden die Fragen und Antworten individuell bei den Schülern in Partnerarbeit entwickelt. Dies dient der unterschiedlichen perspektivischen Betrachtung der Situation. Vor der Klasse sollen dann vergleichend zwei bis drei dieser Interviews durchgeführt werden, um die Gefühle der Schüler in der jeweiligen Situation zu diskutieren. Die Schüler sollen sich so in die Lage von Andreas P. und anderen Betroffenen versetzen und durch die Verinnerlichung seines Verhaltens und Empfindens ein differenziertes Bild seiner Verfassung bekommt. Die Hausaufgabe der Schüler besteht in der Suche nach ersten Lösungsschritten nach der Frage Wie kann Andreas P. selbst seine Lebenssituation verbessern. 20 3.5. Vierte Unterrichtsstunde Basierend auf dem erstellten Lebenslauf und den Interviews sollten die Schüler Möglichkeiten der Selbsthilfe gefunden haben, die im Unterrichtsgespräch diskutiert werden sollen. Anschließend soll der Fall Andreas verallgemeinert werden, d.h. wie kann dem Betroffenen von außen geholfen werden und von wem ist diese Hilfe zu erwarten. In einem Unterrichtsgespräch sollen die Schüler Möglichkeiten gesellschaftlicher und politischer Hilfestellungen kennen lernen. Im Anschluss an diese Unterrichtsreihe gäbe es die Möglichkeit auf diese Stelle Bezug zu nehmen und eventuell auf bildungspolitische Aspekte einzugehen und somit einen aktuellen Bezug herzustellen. Im nächsten Schritt sollen die Schüler unter dem Aspekt, ob staatliche Hilfsmaßnahmen ausreichend für Andreas P. sind, politische Lösungen beurteilen. Die Schüler sollen in einem Unterrichtsgespräch hinterfragen, ob der Staat früher und umfassender unterstützend eingreifen sollte. Die Schüler müssen erkennen, dass staatliche Hilfsmaßnahmen allein nicht ausreichen, um die Probleme des Betroffenen zu lösen. Eigeninitiative und das solidarische Verhältnis des sozialen Umfeldes spielen eine wichtige Rolle. In Abhängigkeit von den zeitlichen Umständen soll an dieser Stelle die Vorbereitung auf die anschließenden Projekttage, an denen Dreharbeiten zum Thema stattfinden, beginnen. Aus den unterschiedlichen Beispielen der Schüler sollen Einzelschicksale ausgewählt werden, die in einer Gruppenarbeit bearbeitet werden sollen. Der Betroffene soll einen Tag lang bei seinen alltäglichen Aufgaben von der Gruppe begleitet werden. 1. Projekttag Die von den Schülern selbständig vorbereiteten Dreharbeiten sollen an diesem Tag durchgeführt werden. Dabei sollen die Schüler einen Betroffenen interviewen und diesen auf dem Weg zum Arbeitsamt begleiten und das Leben der Familie festhalten. Dabei kann die Analyse der Lebensgeschichte von Andreas P. als Anhaltspunkt für die eigene Recherche dienen. In drei bis vier Gruppen soll möglichst die Arbeitslosigkeit in verschiedenen Gesellschaftsschichten festgehalten werden, wobei auch geschlechtsspezifische Aspekte eine Rolle spielen können. Die Umsetzung der Ideen und die Verarbeitung des Mediums sind schülerabhängig zu gestalten. 21 2. Projekttag Für die Auswertung und Reflexion des Projekttages kann bei Bedarf mehr Zeit eingeplant werden. In einem Unterrichtsgespräch sollen Erfahrungen ausgetauscht werden. Dabei soll die Diskussion besonders unter den Fragen „Was sind Arbeitslose für euch? Bedeutet für euch Arbeitslosigkeit Schicksal oder Chance? geleitet werden. Dann werden die Ergebnisse der Dreharbeiten im Plenum vorgeführt und diskutiert. Für die Visualisierung im Klassenzimmer oder für die übrigen Schüler können die Schicksale weiterverarbeitet werden z.B. durch Plakate, Projektmappen oder ähnliches. In einer Abschlussdiskussion sollen Argumente für die Leitfrage gefunden werden, die in der Klasse unter Betrachtung der bisher behandelten Aspekte diskutiert werden. 22 4. Hermann Gieseckes Didaktik der politischen Bildung 4.1. Konflikt als Definition von Politik Im Mittelpunkt seiner Didaktik standen der Leitgedanke des „Konflikts als Prinzip der Inhaltsauswahl und als Definition des Politischen, und das von ihm in Anlehnung an DAHRENDORF entwickelte Modell der Konfliktanalyse. 9 Für die Unterrichtsreihe „Arbeitslosigkeit – Schicksal oder Chance? liegt ein struktureller Konflikt der Gesellschaft zu Grunde, der an dieser Stelle die Inhaltsauswahl bestimmt. Dabei wird auf einen gesellschaftlichen Prozess hingewiesen, der Teil eines Ganzen ist und die Schüler unter Beachtung des obersten Lernzieles Mitbestimmung in diesen integrieren soll. Für Giesecke besteht in der Politik der primäre Lerngegenstand. Politik sieht er als Prozess, der die Kontroversen der Gesellschaft beschreibt. Daher lässt sich die Arbeitslosigkeit an dieser Stelle besonders gut einordnen. Einerseits besteht ein Konflikt, eine Kontroversität, zwischen Parteien und Gewerkschaften, aber auch zwischen Unternehmen und Gewerkschaften, sowie Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Durch die abwechslungsreiche Methodik soll versucht werden die unterschiedlichen Facetten und Konsequenzen der Arbeitslosigkeit darzustellen. Zum einen zeigen die KARIKA – Tour und die Zeitungsartikel die Interessen der beteiligten Parteien. Zum anderen ermöglichen die Interviews und natürlich die Projekttage einen Einblick in den Verlauf dieses Prozesses und eine Auseinandersetzung mit dem Konflikt. Politik beschreibt nach Giesecke den Zusammenhang von polity, policy und politics und bietet für den Schulunterricht einen zu großen, nicht erfassbaren Rahmen. Für das Verständnis dieser Komplexität hat Giesecke verschiedene Systeme entwickelt, denen die verschiedenen Lerngegenstände zugeordnet werden können: das politische System das ökonomische System das Kommunikationssystem10 Dieses Systeme bezeichnen den gesellschaftlichen Prozess eines Konflikts. Dabei zeigt das politische System, bezogen auf den Konflikt Arbeitslosigkeit, die Kontroversen zwischen Politik und Gesellschaft, die insbesondere in der zweiten Unterrichtsstunde herausgearbeitet werden können. Das ökonomische System kennzeichnet die Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Wirtschaft, die durch die visuelle Verarbeitung der Einzelschicksale hervorgehoben werden können. Dies sollte jedoch auch insbesondere durch die 9 Vgl. Gagel, Walter, Drei didaktische Konzeptionen: Giescke, Hilligen, Schmiederer, Schwalbach 1991, S. 7 Vgl. Giesecke, Hermann, Kleine Didaktik des politischen Unterrichts, Schwalbach 1997, S.14 10 23 Zeitungsartikel verdeutlicht werden, sowie durch die Bearbeitung des Maßnahmenkatalogs, der derzeit in der Diskussion ist. Das Kommunikationssystem weist auf die Verknüpfung der gesellschaftlichen Prozesse mit der Gesellschaft hin und die Transformation politischer Prozesse auf eine zugängliche gesellschaftliche Ebene. Der Konflikt eignet sich dabei hervorragend als Lerngegenstand, da er unbestimmt, mehrdeutig und komplex ist. Im Konflikt als Sachverhalt sind Sachverhalte, kontroverse Standpunkte und reale politische Konzepte zusammengefasst. Er kann nicht in einen systematischen Zusammenhang gebracht werden, da er selbst unsystematisch ist, jedoch dynamisch. Daher muss der Konflikt als Lerngegenstand didaktisch aufbereitet und klar strukturiert werden, damit er von den Schülern erfassbar gemacht werden kann. Der strukturelle Konflikt der Arbeitslosigkeit kann nur pointiert behandelt werden, da er für das Verständnis der Schüler zu komplex ist. Daher wurde auf eine Einführung in den politischen Konflikt und die besondere Darstellung von Einzelschicksalen Wert gelegt, um die soziale und Medienkompetenz zu vertiefen. Die Betonung des Konflikts lässt ein Demokratieverständnis erkennen, das die Auseinandersetzung, also den Widerstreit der Interessen in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft als Normalform des politischen Lebens versteht. Die Schüler sollen bewusst erkennen, dass Konflikte Bestandteil unserer Gesellschaft und notwendig sind, aber auch die Möglichkeiten erkennen mitzuwirken, oder wie Giesecke sagt mitzubestimmen. Dabei bezieht Giesecke Politik nicht lediglich auf den Staat in seinen institutionalisierten Rahmenbedingungen, sondern geht von Politik in allen gesellschaftlichen Bereichen aus. 11 Politik als Prozess der Auseinandersetzung um Streitfragen in der Gesellschaft sieht er entgegen wissenschaftlicher Auffassungen, die auch den institutionellen Rahmen dem Politischen zuordnen aus pädagogischer Sicht bewusst einseitig, da das politische Lernen bei Alltagserfahrungen ansetzen und von dort zur politischen Beteiligung führen soll. Politik als das noch nicht Entschiedene sollte zum primären Lerngegenstand der politischen Bildung werden.12 Die Alltagserfahrungen werden bewusst in diese Unterrichtsreihe einbezogen und nicht zeitlich limitiert. Dadurch sollen die Schüler empathische Erfahrungen mit dem Thema Arbeitslosigkeit machen und eventuelle Vorurteile abbauen. Das nicht Entschiedene des Politischen, hier des Konfliktes der Arbeitslosigekeit durchzieht die gesamte Unterrichtsreihe und soll den Schülern spätestens in der Abschlussdiskussion bewusst gemacht werden. Sicher ist, „dass sich das Politische (.) in der kontroversen Aktualität am sichtbarsten zeigt. 13 11 Stofflich lassen sich alle Tatbestände „auf bestimmte unpolitische Fachzusammenhänge Vgl. Giesecke, Hermann, Didaktik der politischen Bildung, München 1965, S. 26 ff. Vgl. ebda. S. 21 ff. 13 Vgl. ebda., S. 41 12 24 zurückführen: Recht, Ethik, Journalistik, Massenkommunikation und anderes. Nur ein Phänomen ist nicht darauf zurückzuführen: der Tatbestand der Kontroverse. 14 Daher bietet sich nach Giesecke insbesondere die Darstellung eines aktuellen Konfliktes an, der die Kontroversität der Gesellschaft beschreibt und die Betroffenheit der Schüler herstellt, schließlich ist bei einer so hohen Arbeitslosenzahl jeder betroffen, sei es unmittelbar oder in der Bekanntschaft. Damit wird Politik zu einem Bereich, der andere, für sich stehende Seinsbereiche einbezieht. Vor dem Hintergrund dieser Definition des Politischen ist alles, „was wir stofflich lehren können, (.) nur potentiell auch politisches Wissen, insofern es nämlich politische Implikationen enthält.15 Diese Implikationen gilt es inhaltlich und normativ näher zu beschreiben, was mit Hilfe der folgenden elf Kategorien ermöglicht werden soll. Im politischen Lernprozess kann ein aktueller Konflikt zum Lerngegenstand werden, wenn diese Kategorien Anwendung finden. Umformuliert in Leitfragen, dienen sie als Analyseraster eines unterrichtlich zu bearbeitenden Themas. Ihre Reihenfolge ist je nach Schwerpunkt veränderbar und der Umfang zu ergänzen. Die Kernüberlegungen der Kategorien verdeutlichen die Darstellung der Arbeitslosigkeit als Lerngegenstand des Konflikthaften. 14 15 Vgl. ebda., S.100 Vgl. ebda., S. 101 25 1.2. Kategoriale Schlüsselfragen Nach Hermann Giesecke werden Konflikte als Lerngegenstände gewählt, um den Schülern ein möglichst realitätsnahes Bild der politischen Wirklichkeit zu vermitteln. Für die stoffliche und informative Verarbeitung eines komplexen Prozesses hat Giesecke verschiedene Schlüsselkategorien entwickelt, um Konflikte zu analysieren. Nach Giesecke kommt man nur zur Analyse politischer Konflikte durch das Stellen von politischen Fragen. Das gelingt nur, so Giesecke, wenn man sie vorher als solche begründet hat. Konflikte haben nach Giesecke im besonderen die Funktion der Einsichten im Unterricht. Sie entsprechen den Fragestellungen im Unterricht, die als Gegenstände gekennzeichnet werden können. Die sachanalytischen Aspekte der Unterrichtsreihe können durch die Einteilung in Kenntnisse, Erkenntnisse und Einsichten den entsprechenden Kategorien zugeordnet werden. Die Fragen, die im Verlaufe des Unterrichtsprozess gestellt werden wie z.B. Fragen zum Text wie in der zweiten Unterrichtsstunde, verbinden die Begriffe oder Kategorien mit dem Gegenstand des Unterrichts. Für die Stellung der politischen Kategorien im Lernprozess möchte ich nachfolgendes Schema einfügen und erläutern, da hier der Prozess vom Konflikt zur Lösung und die Stellung der einzelnen Kategorien und Schlüsselfragen in den verschiedenen Lernphasen bezeichnet wird. Tabelle 2 Dabei wird auf die einzelnen Lernschritte in einem Konfliktlösungsprozess eingegangen, wobei diese nicht in jeder Unterrichtsreihe verwirklicht werden können, da sie nicht unmittelbar dem Sachgegenstand entsprechen. Die Schlüsselfragen sollen die Schüler zu den Einsichten führen, die in der Lernzielbestimmung ersichtlich werden. Für Giesecke sind die Kategorien Instrumente, um die Schüler zu der Erkenntnis zu führen, dass das Politische mehrdeutig und kontrovers ist.16 Es gibt folgende politische Schlüsselkategorien: Konflikt, Konkretheit, Macht, Recht, Interesse, Solidarität, Mitbestimmung, Funktionszusammenhang, Ideologie, Geschichtlichkeit und Menschenwürde. 16 Vgl. Gagel, Walter, Drei didaktische Konzeptionen: Giescke, Hilligen, Schmiederer, Schwalbach 1991, S. 13 26 Tabelle 2: Der Konfliktprozess in seinen schülerorientierten Lernschritten, den zuzuordnenden Kategorien und unterstützende Schlüsselfragen Lernschritte Kategorie Konflikt und Konflikt, Konfliktparteien Konkretheit bestimmen. Sich befragen selbst Vorgeschichte betrachten Zusammenhänge herstellen Machtverhältnisse einschätzen Mitbestimmung Folgen • Worin besteht der Konflikt in der Situation oder Aktion? • Worum geht es im einzelnen? • Wie kann ich meinen Einfluss geltend machen? • Welche geschichtlichen Auseinandersetzungen kommen zum Ausdruck? • Welche Ideen liegen zu Grunde? • Welche Auswirkungen Gesellschaft? • Welche Interessen haben die Beteiligten bei diesem Konflikt? • Wie stellen sich die Machtverhältnisse dar? • Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen? • Welcher Gruppe nützt der Kompromiss? • In welcher Weise wird die Menschenwürde verletzt? Geschichtlichkeit, Ideologie Funktionszusammenhang Interesse, Macht Kompromisse suchen und Recht, Solidarität beurteilen Nach fragen Schlüsselfragen Menschenwürde hat der Konflikt für Quelle: Konfliktprozess in Der Konflikt mit dem Ziel den tatsächlichen Konfliktcharakter von Konflikten und Widersprüchen aufzudecken. Dieser muss am konkreten Beispiel herausgearbeitet werden. Bezüglich der Unterrichtsreihe „Arbeitslosigkeit – Schicksal oder Chance? lässt sich der bestehende Konflikt eindeutig definieren, jedoch ist dieser sehr komplex. Der Konflikt besteht hier zwischen den verschiedenen beteiligten Parteien, die ihre Interessen vertreten. Seine Bedeutung für diese Unterrichtsreihe liegt in der Verdeutlichung und Erkenntnis der Schüler einen umfangeichen politischen Prozess zu verstehen. Dazu spielen die anderen Schlüsselkategorien eine bedeutende Rolle und dienen dem Gesamtverständnis des Konfliktes. Die Konkretheit dient der Analyse der konkret gegebenen Handlungsmöglichkeiten. An dieser Stelle kann auf die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schüler im politischen und gesellschaftlichen Prozess, konkret dem bestehenden Arbeitsmarktproblem, hingewiesen werden. Die Schüler sollen durch konkrete Handlungsmöglichkeiten, die durch die Analyse die 27 des Fallbeispiels, aber auch durch die eigenen Erfahrungen der Projekttage verdeutlicht werden, praktische Handlungsformen trainieren, die ein Teilziel zum obersten Lernziel bilden. Die Kategorie der Macht kennzeichnet die Verteilung der Machtverhältnisse der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, die am Konflikt beteiligt sind. Stellvertretend für die Arbeitnehmer wird das Fallbeispiel von Andreas vorgestellt, ebenso die eigenen Schicksale, die in den Projekttagen recherchiert werden, die als beteiligte Gruppe die geringsten Einflussmöglichkeiten haben. Jedoch sollen die Schüler erkennen, dass ein größerer Zusammenschluss von Arbeitnehmern wie den Gewerkschaften, Einfluss auf Machtveränderung hat. Der institutionelle Hintergrund der politischen Institutionen kann bei Bedarf an dieser Stelle vertieft werden, um auf die Machtverteilung im System hinzuweisen. Das Recht als Schlüsselkategorie kennzeichnet die Möglichkeit politische Entscheidungen im Rahmen gültiger Rechtsnormen zu treffen und die Möglichkeiten und Bedürfnisse des Rechtsfortschritts zu analysieren. Dabei sollte die konkrete rechtliche Situation, in der der Konflikt liegt behandelt werden. Um den Rahmen dieser Unterrichtsreihe nicht zu überschreiten, kann bei Bedarf bzw. bei Interesse mithilfe des Grundgesetzes gearbeitet werden. Jedoch stellt die rechtsstaatliche Ordnung die rechtliche Grundlage für die Bewältigung von Konflikten dar und sollte den Schülern verdeutlicht werden. In der vorgestellten Unterrichtsreihe wurde aus Zeitgründen, insbesondere aufgrund der Wertverteilung innerhalb der Unterrichtsreihe, auf die vertiefende Ausführung verzichtet. Das Interesse als subjektiver Teil von Politik bezieht sich auf die subjektiven Interessen, d.h. materielle und immaterielle Bedürfnisse und Wünsche der beteiligten Parteien. Dabei unterscheidet man die subjektive Ebene und die kollektive Ebene. Der subjektive Aspekt beschreibt die persönlichen oder privaten Interessen einer Person. Die kollektive Ebene kennzeichnet wie die Gesellschaft in diese Situation involviert ist. Die Unterrichtsreihe zeigt deutlich die Konsequenzen der Arbeitslosigkeit und die subjektiven Interessen von Andreas P Sein Interesse besteht hauptsächlich in der Hoffnung auf eine neue Arbeit, wobei Weiterbildung oder Umschulung kein Hindernis wären. Die Schüler sollen an dieser Stelle erkennen, dass Eigeninitiative die eigene Situation verändern kann. Jedoch zeigt sich mit der Auswertung der Projekttage die Vielfältigkeit der Interessen, aber auch die Schwierigkeit die subjektive Ebene auf die kollektive zu übertragen. Nach dem Sprichwort „Zu viele Köche verderben den Brei lässt sich die Situation schülerorientiert umformulieren. Demnach müssen die Schüler zu der Einsicht gelangen, dass eine pluralistische Gesellschaft eine Vielzahl von Interessen vertritt und alle das Ziel der Konsensfindung verfolgen, dies jedoch aufgrund der Interessenvielzahl sehr schwierig ist. Im Bereich der Arbeitslosigkeit bezieht 28 sich die Kategorie Interesse auf den Tatbestand, dass die betroffenen Individuen ihre Bedürfnisse durch gesellschaftliches Handeln befriedigen wollen oder, dass der Staat die Bedürfnisse der Gesellschaft und der in ihm lebenden Menschen gewährleisten muss. Die Solidarität dient als Analyse von Gruppenaktion und Gruppenwechsel zur Durchsetzung politischer Ziele. Konkret lässt sich so darstellen welche Gruppen in welcher Konfliktsituation solidarisieren können. Daher sind an dieser Stelle die Beziehung der Parteien untereinander zu nennen, die an diesem Konflikt beteiligt sind. Gewerkschaften und Bürgerinitiativen sowie politische Parteien sind Möglichkeiten der Partizipation der Bürger, die von der Situation betroffen sind. Insbesondere die zweite Unterrichtsstunde mit dem Maßnahmenkatalog verdeutlichen die unterschiedlichen Standpunkte, die verschiedene Interessen unserer Gesellschaft vertreten. Die Schüler sollen durch diese Unterrichtsreihe erfahren welche Partizipationsmöglichkeiten und solidarischen Handlungsmöglichkeiten ihnen in dieser Situation zur Verfügung stehen. Dies soll insbesondere durch die Abschlussdiskussion erreicht werden, die die bisherigen Ergebnisse zusammenfassen soll. Die Mitbestimmung zeigt konkrete Möglichkeiten, an politischen Entscheidungen in der Gesellschaft teilzunehmen und sich aktiv zu beteiligen. Dies ist das oberste Lernziel bei Giesecke und stellt die konkreten Handlungsmöglichkeiten in der Situation Arbeitslosigkeit vor. Das große Ziel besteht in der Verbesserung der Partizipationskapazität, die die Schüler bereits bei der Gestaltung des Unterrichts in der Schule erfahren sollen. Daher werden die Schüler aktiv in die Planung und den Ablauf der Projekttage integriert, um die Partizipation selbst zu erfahren. Der Funktionszusammenhang beschreibt die Analyse der politischen Wirkungszusammenhänge in zeitlicher und globaler Sicht. Die Verbindungen zu anderen Problemen der Gesellschaft können hier dargestellt werden, wie beispielsweise ein eventueller Exkurs in die bildungspolitische Diskussion. Für die Schüler soll sich die Erkenntnis ergeben, dass die Lösung von Problemen in weitere Gesellschaftsbereiche eingreift. Die Schüler sollen sich die Frage stellen, ob eine bestimmte politische Entscheidung in diesem Fall die Beurteilung der Konsequenzen des Mainzer Modells, dem Gemeinwohl dienlich ist. Dabei sollten die Schüler auf eventuelle Alternativvorschläge zum Gesellschaftsbild eingehen, um die Beurteilungsphasen zu vertiefen. Die Ideologie als Kategorie rückt die Analyse von Ideologierichtungen und Ideologiekritik zur Wahrnehmung von Interessen des Einzelnen oder der Gruppen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Hier soll der Frage nachgegangen werden wo die eigentlichen politischen Interessen der Person, die die Forderung stellt, liegen. 29 Die Geschichtlichkeit betrachtet die Analyse gegenwärtiger politischer Verlegenheit und Verknüpfung des Analyseergebnisses mit historischem Bewusstsein sowie historischen Erscheinungen und Erfahrungen. Dabei steht die Entstehung diese Konfliktes im Mittelpunkt und stellt die historische Dimension dar. In Verbindung mit dem Geschichtsunterricht kann so fächerübergreifend ein historisches Bewusstsein der Schüler entwickelt werden, denn dieses ist Voraussetzung für die Beurteilung politischer Gegenstände. Das historische Bewusstsein impliziert das Wissen über geschichtliche Ereignisse und Strukturen die einen Vergleich ermöglichen. Die historische Dimension wurde jedoch an dieser Stelle weitgehend unbeachtet gelassen. Die Beurteilung der politischen Lösungsmöglichkeiten der Arbeitslosigkeit am Beispiel von Andreas lässt einen geschichtlichen Vergleich zu, der an dieser Stelle jedoch nur angesprochen werden kann. Die Menschenwürde bezeichnet die Analyse politischer Aktionen und Situationen im Hinblick auf Würde und Existenz einzelner Menschen. Diese ergeben sich aus den Maximen der Grundrechte, die an konkreten Beispielen herausgearbeitet werden müssen. Die Dimension der Grundrechte kann aufgrund der zeitlichen Situation nicht vertiefend behandelt werden. Die kategorialen Schlüsselfragen ermöglichen bestimmte Perspektiven zur Analyse eines Falles wie dem Fall von Andreas oder den eigenen Schülerbeiträgen und bestimmen so die Struktur des Unterrichts. Dadurch zeigt man den Schülern Mitbestimmungsmöglichkeiten in einer demokratischen Zivilgesellschaft. Die Kategorien weisen auf konkrete Fragestellungen hin, die im Laufe des Unterrichts, hier eher im Laufe des Unterrichtsgesprächs oder der Diskussionen, gestellt werden können. Der nächste Schritt im Lernprozess liegt für Hermann Giesecke in der Umwandlung der kategorialen Schlüsselfragen in Grundeinsichten für den Unterricht. In seiner 1974 veröffentlichten Methodik des politischen Unterrichts beschäftigt sich Giesecke ausführlich mit dieser Transformationsproblematik und dessen Konzeption in der Praxis des konkreten Lehralltages. Er formuliert dort die Aufgabe einer Methodik: „Ihr Gegenstand ist die Totalität der Unterrichtskommunikation im zeitlichen Prozess. Ihre theoretische Aufgabe ist, die wichtigsten Bedingungszusammenhänge dieses Gegenstandes unter den leitenden Gesichtspunkten Emanzipation und Mitbestimmung zu analysieren. Ihre praktische Aufgabe ist, die so analysierten Faktoren optimal im Sinne der genannten Zielsetzungen im realen Unterrichtsprozess zu komponieren.17 17 Vgl. Giesecke Hermann, Methodik des politischen Unterrichts, München 1973, S. 20ff. 30 1.3. Gieseckes didaktisches Modell Gieseckes oberstes Lernziel ist die „Mitbestimmung und bildet für ihn den Gegenstand des politischen Unterrichts. Er ordnet den Kategorien verschiedene Funktionsziele zu, um so auf Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinzuweisen, die von den Schülern erlernt werden müssen, damit in charakteristischen politischen Handlungssituationen das Ziel der Mitbestimmung optimal realisiert und durchgesetzt werden kann.18 Diese Teilziele dienen dem Erreichen des obersten Lernzieles und sind wie folgt zu beschreiben: Analyse aktueller Konflikte wie die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland, die Konsequenzen in allen gesellschaftlichen Bereichen zeigt. Dies beinhaltet Kenntnisse und Erkenntnisse zur Entstehung des Konfliktes, aber auch Lösungsansätze und Ursachen und Wirkungen. Dieses Ziel lässt sich in der gesamten Unterrichtsreihe verwirklichen, nicht jedoch in einer Unterrichtsstunde. Den Schülern muss ein Gesamtüberblick vermittelt werden, der sie zu den entsprechenden Einsichten führt, die bereits genannt wurden. Training systematischer gesamtgesellschaftlicher Vorstellungen z. B. Produktions- und Verteilungssystem in hochindustrialisierten Gesellschaften; das System der internationalen Politik, Erkennen von gesellschaftlichen Zusammenhängen Hier lassen sich die verknüpfenden Konsequenzen der Arbeitslosigkeit beschreiben. Arbeitslosigkeit hat Auswirkungen auf die finanzielle Lage des Einzelnen, dies wiederum auf den Handelskonsum der Konsumenten. Daraus ergeben sich negative Konsequenzen für den Einzel- und Großhandel, was wiederum die wirtschaftlichen Bedingungen beeinflusst . Dies muss den Schülern bei der Behandlung von Konflikten bewusst gemacht werden. Methodisch zieht sich dies wie ein roter Faden durch die Unterrichtsreihe, beginnend mit den Zeitungsartikeln und der KARIKA – Tour, die verschiedene Positionen und Auswirkungen darstellen, über die Auswertung eines Maßnahmenkatalogs bis hin zu Fallbeispielen, die das Schicksal vieler Menschen der Gesellschaft beschreiben. Historisches Bewusstsein z.B. um Prozesse gelungener und gescheiterter Demokratisierung zu erklären wie Weimarer Republik Bezüglich dieser Unterrichtsreihe wird dieser Aspekt aus den bereits genannten Gründen etwas außer Acht gelassen. Kann an anderer Stelle, eventuell fächerverbindend mit dem Geschichtsunterricht am Beispiel der Industrialisierung behandelt werden. 18 Vgl. Giesecke Hermann, Didaktik der politischen Bildung, München 1972, S. 143 31 Training selbständiger Informationsermittlung und Informationsverarbeitung hier wäre auf die Unterrichtsreihe hinzuweisen, die versucht das Lernziel des selbständigen selbstgesteuerten Lernens verwirklichen soll Die Projekttage verfolgen das Ziel des selbständigen methodischen Arbeitens, was Inhalt eines Grundkurses sein sollte. Daher dient der Lehrer in dieser Phase als Berater und Begleiter bei der Visualisierung und Vorstellung der Projekte. Die Schüler sollen sich selbständig relevante Informationen suchen, die den Inhalt des Unterrichts bestätigen, aber auch widerlegen können. Auch Gegenbeispiele sind willkommen, da sie die kontroversen Meinungen der Gesellschaft widerspiegeln und den Schülern nicht vorenthalten werden sollten. Eventuell kann der Lehrer hier durch eigene kontroverse Beispiele die Diskussion anregen und auf diesen Tatbestand hinweisen. Training praktischer Handlungsformen (z. B. die Fähigkeit, inhaltlich und methodisch eine Diskussion zu strukturieren; politische Urteile und Forderungen wirksam zu artikulieren, auch hier kann man Teile meiner Unterrichtsreihe anfügen). Beispielweise werden können hier alle methodischen Vorgänge, die den Schülern als Methodenkompetenz vermittelt werden sollen, angeführt werden. Daher ist eine abwechslungsreiche Methodik von großer Bedeutung. Die Didaktik wechselt in dieser Unterrichtsreihe von angeleitet – produktiven Methoden wie der Bearbeitung der Eingangstexte und des Fallbeispieles über passive Unterrichtsmethoden wie einem eventuellen Lehrervortrag über die Formen der Arbeitslosigkeit bis hin zum selbständigen Arbeiten an den Projekttagen. Giesecke weist daraufhin, dass diese fünf Teilziele in einem funktionalen Zusammenhang zu sehen sind, denn nur so könne man sie als Operationalisierungen des übergeordneten Lernzieles „Mitbestimmung verstehen. Da es darauf ankomme, politisches Bewusstsein im Unterrichtsprozess zu bearbeiten und es für politisches Handeln konkret nutzbar zu machen, müsse man sich fragen, wie politisches Bewusstsein instrumentalisiert werden könne, also wie sein Potential für die Bearbeitung von Konflikten einzusetzen sei, und wie die dabei gewonnenen Erfahrungen weiter genutzt werden könnten. Diese Tätigkeit des Bewusstseins nennt Giesecke „Mobilisierung von Aktionswissen19 Für die Einordnung eines politischen Konflikts in den Unterricht stellt Giesecke drei verschiedene Ansprüche an den Konflikt, um ihn zum Lerngegenstand zu machen. Zum einen müssen alle elf Kategorien der Konfliktanalyse diesem Konflikt real zugeordnet werden können, so dass die politischen Leitfragen auch sinnvoll verwertbare Antworten ergeben.20 Andererseits soll die entstandene Wertvorstellung gesamtgesellschaftlich 19 20 Vgl. ebda., S. 160 Vgl. Giesecke Hermann, Didaktik der politischen Bildung, München 1965, S. 114 32 umsetzbar sein. Und abschließend sollten die Kategorien auf methodischer Ebene in Fragen formuliert werden können.21 siehe Tabelle 2 Im nächsten unterrichtsrelevanten Schritt sollen die Kategorien in Grundeinsichten umgewandelt werden. So könnte für die Kategorie Mitbestimmung die Grundeinsicht lauten: „Dass jeder Mensch in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen Möglichkeiten vorfindet, seine Interessen soweit wie möglich zu verwirklichen, ist ein moralischer Sinn des Grundgesetzes. Deshalb ist es immer wichtig zu wissen, wo es solche Möglichkeiten gibt und wo sie vielleicht erst noch geschaffen werden müssen. 22 Die Schüler müssen lernen welche aktiven Mitbestimmungsmöglichkeiten sie haben, dabei natürlich die unterstützende Solidarität Betroffenen gegenüber, aber auch eigene Handlungsmöglichkeiten, wenn man selbst betroffen ist. Gieseckes didaktisches Modell lässt sich wie folgt sehr übersichtlich darstellen: 1. Eine tatsächliche politische Kontroverse, zum Beispiel die Spiegel-Kontroverse, wird als Einstieg erörtert. Dabei kommt es vor allem darauf an, durch die Kenntnisse und Meinungen d