Arbeitsblatt: Europäische Identität

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Gibt es eine Europäische Identität? Brauchen wir eine Europäische Identität?
Geschichte
Politik
9. Schuljahr
3 Seiten

Statistik

166901
626
4
11.12.2016

Autor/in

Rebecca Rebecca Joss
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Diskussion Europäische Identität Rebecca Anina Joss Jüngste Geschichte HS16 bei Nadine Ritzer Gibt es eine Europäische Identität? Damit soll gezeigt werden, dass in der Ost- und Südosteuropa erweiterten EU eine gesamteuropäische homogene Erinnerungsgemeinschaft nicht erkennbar ist und dass Versuche, die unterschiedlichen Erinnerungskulturen der alten und neuen Mitgliedstaaten zu vergemeinschaften, weder aussichtsreich noch – unter dem Gesichtspunkt einer politischen Union Europas- notwendig erscheinen. (Liebert, Müller 2012, S. 42) Definition Europäische Identität (soziologisch, politisch): Identität ist die Gestaltung von gesellschaftlichen und staatlichen Verhältnissen, die die einzelnen Individuen an eine Gesellschaft bindet durch Verwirklichung einer konstruierten Norm. Konstruktion einer Norm bedeutet die Zuschreibung bestimmter sozialer Eigenschaften, Sachverhalte, Ereignisse und Prozesse zu einer Wirklichkeit. Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft entwickelt sich durch die Teilnahme an gruppenspezifischen Ritualen. Rituale schaffen eine Gleichheit im Handeln. Die Handelnden werden sich der Gleichheit ihrer Handlungen bewusst und fühlen sich dadurch verbunden. Sprache, Symbole, Bilder, Mythen, Lieder und kulturelle Weltbilder unterstützen das Verbundenheitsgefühl und überzeugen die Individuen von ihrer Zugehörigkeit. Selbstbilder werden in ein Kollektiv integriert, woraus sich eine Identität ergibt. Die Identität markiert die Grenze des Innenraums der Gemeinschaft und setzt eine Vertrautheit mit den implizierten Regeln der Gemeinschaft voraus. (Korte, Schäfers 2010). Symbole der EU sind die blaue Flagge mit dem Kranz aus zwölf Sternen in der Mitte, als Mythos dient die griechische Göttergeschichte von Zues in Stiergestalt und der schönen Europa, als sprachliches Mittel zur Identitätsbildung wird der Wahlspruch bzw. das Europamotto «In Vielfalt geeint» verwendet. Des weiteren schafft die Europahymne «Ode an die Freude» aus der 9. Sinfonie von Ludwing van Beethoven die Menschen bei politischen, sowie sportlichen und kulturellen Anlässen ein Verbundenheitsgefühl. Nicht zuletzt verbinden auch die gemeinsame Währung des Euros und der Europatag am 9.Mai. Weitere Identitätsstiftende Merkmale sind die Errungenschaften der Aufklärung, der Vernunftglaube, die Gewaltenteilung, das Völkerrecht, Bürger- und Menschenrechte, Staatslegitimation, Wissenschaftliches Denken, Säkularismus etc. Diese Errungenschaften ergeben sich aus Ereignissen, die weiter zurückliegen in der europäischen Geschichte. Es sind die Erschaffung der Demokratie in Griechenland, Rechtsstaatlichkeit im Römischen Reich, ebenso Christliche Werte und Bildung, die zur Aufklärung geführt haben. Argumente, die Konstrukt Europa ins Wanken bringen, sind unterschiedliche Interessen der beteiligten Länder, der steigende Rechtspopulismus und das Wiederaufleben eines Nationalismus vielerorts. Staatsverschuldungen, Arbeitslosigkeit, mangelnder Rechtsschutz nähren den Unmut gegenüber der EU. Ein weiterer Punkt, weshalb die EU ein Identitätsproblem hat, ist die Tatsache, dass viele Menschen Entscheide der EU als Diktat von Oben erachten. Die Debatte um ein Demokratiedefizit in der EU ist hitzig. Viele wünschen sich einen grösseren Einbezug der Regionen in die Europäische Politik. Keine homogene Erinnerungsgemeinschaft: Werfen wir einen Blick auf Europa im 20. Jahrhundert, zeigt sich, wie schwierig es ist, Ereignisse zu finden, die von allen EUMitgliedstaaten auf gleiche Weise erinnert werden. Welches Datum man auch nimmt, Diskussion Europäische Identität es knüpfen sich daran verschiedene Erfahrungen. Denken wir an 1917 1918, so folgte für Frankreich, England, Deutschland, Italien und ÖsterreichUngarn eine kurze Phase des Friedens und von Verhandlungen, für die Oststaaten setzte nach der Oktoberrevolution und der Machtergreifung der Bolschewiki eine noch brutalere und blutigere Kriegszeit ein. Die Zwischenkriegszeit, genauso wie der Zweite Weltkrieg, die Nachkriegszeit, der Kalte Krieg, die 60er Jahre hatten für jedes Land unterschiedlichste Folgen und führten zu vielseitigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Mit jedem Datum scheint eine spezielle Erfahrung und Perspektive verbunden zu sein. Die heterogene Geschichte nimmt ihren Lauf mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Selbst die Zeit danach bedeutet jedem Land etwas Anderes und hatte unterschiedliche Auswirkungen auf Staat, Gesellschaft und Politik. Die Einführung des Euros, die Finanzkriese, der Arabischen Frühling, die aktuelle europäische Flüchtlingspolitik und Verträge mit anderen Superkräften lösen bei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten unterschiedlichste Reaktionen aus. Diese unterschiedlichen Erfahrungen lassen sich nicht einfach und nach Wunsch in einem «gesamteuropäischen Narrativ» zusammenfassen. (Schlögel S.267) «Es gibt mehrere Epizentren der europäischen Fortschrittsund Leidensgeschichten, und niemand hat das Recht, von den einen Opfern zu sprechen, aber die anderen zu verschweigen.» (Schlögel S. 271) Erinnerungskulturen alter Mitgliedstaaten Unter den alten Mitgliedstaaten werden all jene Staaten bezeichnet, die vor dem Mauerfall kooperierten. Es handelt sich um die Staaten, die der bereits vor der Jahrtausendwende Teil der Gemeinschaft wurden. Die Erinnerungskultur jener Staaten ist geprägt durch die umfassende Vergangenheitsbewältigung des zweiten Weltkrieges in juristischer, finanzieller, Rebecca Anina Joss Jüngste Geschichte HS16 bei Nadine Ritzer sozialer und kultureller Hinsicht, durch die Versöhnung der im zweiten Weltkrieg zutiefst verfeindeten Fronten. Der Aufbau einer Rohstoff-, später einer Wirtschaftsgemeinschaft gehört zur Geschichte der alten Mitgliedstaaten, ebenso die Wiedervereinigung Deutschlands und der Umgang mit der nach dem Ende des Kalten Krieges wachsenden weltpolitischen Verantwortung und den damit verbundenen höheren Erwartungen anderer Staaten an ein verstärktes Engagement der Europäer. Die Erwartungen, allen voran von Seiten der USA betrafen vorwiegend die internationale Friedenssicherung und Krisenbewältigung. (Schmuck 2015, S.11) Erinnerungskulturen neuen Mitgliedstaaten Neue Mitgliedstaaten sind all jene, die nach der Jahrtausendwende beigetreten sind, es sind die Ostblockländer und baltische Staaten. Diese Staaten haben ganz andere Geschichten zu verarbeiten, so die Opfer des Terrors in der Sowjetunion Stalins, Erinnerungen an die Insassen des Gulags, das soziale und kulturelle Umdenken heraus aus einer totalen Herrschaft in die neu geschaffene europäische Demokratie. Gemeinsame Erinnerungskultur zu vergemeinschaften weder aussichtsreich noch notwendig. Es gibt kein Osteuropa an sich. Auch kollektive Erinnerungen sind speziell. So fraglos die Doppelerfahrung von Krieg und totaler Herrschaft das mittlere und östliche Europa geprägt hat, so war die Geschichte immer eine Geschichte vor Ort, d.h. spezifisch. Daher gibt es überall eigene Diskurse, die um die je eigenen «Fälle» kreisen, seien dies positive Helden oder – was häufiger der Fall ist- Traumata. (Schlögel S. 273) Diskussion Europäische Identität Rebecca Anina Joss Jüngste Geschichte HS16 bei Nadine Ritzer Stellungnahme und Fazit: Quellen: In wie fern es eine Europäische Identität gibt, ist umstritten. Ich stimme der These zu, dass die nationalen Geschichten der neuen EU-Mitgliedstaaten zu unterschiedlich seien, als dass man sie vergemeinschaften und zu einer einheitlichen Erinnerungskultur zusammenbringen könnte. Nicht umsonst lautet das Motto der EU «in Vielfalt vereint». Es ist wichtig, diese Vielfalt zu wahren und sich der unterschiedlichen Stimmen der EU bewusst zu werden. Archive müssen öffentlich gemacht und Geschichte aufgearbeitet werden. Alle Leidens- und Erfolgsgeschichten sollen gehört und erinnert werden. Nur so kann sich eine Vertrautheit mit der Europäischen Union entwickeln, die Voraussetzung ist für die Annahme implizierter Regeln. Bücher, Artikel: Koch, Markus (2015): Das utopische Europa: Die Verträge der politischen Integration Europas und ihre utopischen Elemente. Edition Politik Band 21, transcript Verlag Bielefeld Identität ist ein menschliches Konstrukt, das moduliert werden kann. Sie ist dynamisch und verändert sich ständig. Europa ist etwas, woran man glauben muss! Menschen Europas teilen gemeinsame Werte, verfolgen gemeinsame Interessen in der Welt. Die Nation bleibt ein Element der Zugehörigkeit, das weder zu vernachlässigen ist, noch überbewertet werden sollte. Solange Menschen an das Konstrukt Europa glauben wollen, wird es existieren und funktionieren. Die EU war lange Jahre Friedens-, Wachstums- und Wohlstandsgarant und das kann sie auch in Zukunft bleiben. Dazu müssen sich die Mitgliedstaaten als eine Interessensgemeinschaft verstehen, die politische Ziele gemeinsam verfolgt, füreinander einsteht und die gleiche Richtung der Entwicklung anstrebt. (Piepenschneider 2015, S.6) Piepenschneider, Melanie (2015 ): Die Europäische Union im 21. Jahrhundert. Informationen zur politischen Bildung Nr.279/2015: S. 4-6 Wegweisende Fragen sind: Wie tiefgreifend soll die europäische Integration voranschreiten. Was für ein Europa wollen wir? Bedeutsam hierbei ist der Gegensatz zwischen föderalistischen und intergouvernementalisitischen Leitbildern. Scorl, Konrad (2011): Die Identität Europas Was ist europäisch? Kovač. Korte, H., Schäfers, B. (2016). Einführung in Hauptbegriffe der Soziologie (9. Aufl. 2016.). Springer Fachmedien Wiesbaden. Lichtenstein, Dennis (2012): Auf der Suche nach Europa: Identiätskonstruktion und das integrative Potenzial von Identitätskrisen Aus Politik und Zeitgeschichte 62., 4/2012: S. 3-7 Liebert, Ulrike; Müller, Henrike (2012): Zu einem europäischen Gedächtnisraum? Erinnerungskonflikte als Problem einer politischen Union Europas. Aus Politik und Zeitgeschichte 62., 4./2012: S. 40-48 Piepenschneider, Melanie (2015): Vertragsrundlagen und Entscheidungsverfahren Information zur politischen Bildung Nr. 279/2015: S.18-19 Schlögel, Karl (2008): Grenzland Europa, Unterwegs auf einem neuen Kontinent Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, S. 261-278 Schmuck, Otto (2015): Motive und Leitbilder der europäischen Einigung Information zur politischen Bildung Nr. 279/2015: S. 7-17 Schmuck, Otto (2015): Der Weg der EU – Rückblick und Ausblick Information zur politischen Bildung Nr.279/2015: S.69-76 Tobler, Stefan. (2010): Transnationalisierung nationaler Öffentlichkeit (1. Aufl.). VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wikipedia: Diskussion Europäische Identität „Identität. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 17. Oktober 2016, 10:34 UTC. URL: Rebecca Anina Joss Jüngste Geschichte HS16 bei Nadine Ritzer titleIdentit%C3%A4t&oldid158827476 (Abgerufen: 21. November 2016, 08:06 UTC)