Arbeitsblatt: Kolonialismus: ein Überblick
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Die (Hinter-)Gründe des Kolonialismus und dessen wichtigsten Eckpunkte werden hier in geraffter Form erläutert...
Geographie
Gemischte Themen
8. Schuljahr
27 Seiten
Statistik
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06.01.2017
Autor/in
Daniel Rumo
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
K OLONIALISMUS Auslandexkursion „Senegal 2016 oder: „Wieso ist Christoph Kolumbus schuld am Ausbruch des 1.Weltkrieges? Begleitlektüre zum Referat von: Tobias Beeler Daniel Rumo Leitung: Herr Rempfler Armin & Herr Hammer Thomas ä a o i c e o h c u e u e n 1 Inhaltsverzeichnis: Kapitel 1: Die Begriffe „Kolonialismus und „Imperialismus Seite 2 Der Ursprung und die Ziele des Kolonialismus Ziele der Kolonisation .Seite 3 Die eigentlichen „Startländer des Kolonialismus Die Erkundung der Welt durch bedeutende EntdeckerSeite 4 Kapitel 2: Die Chronologie der Kolonisation durch die Europäer . Seite 6 Die Kolonialisierung zwischen 1492 und 1974 im kartografischen Überblick Seite 7 Die Europäische Territorialherrschaft (1770 – 1880) . Seite 8 Die Epoche des europäischen Imperialismus (1882 -‐ 1914) Seite 10 Der britische Imperialismus Seite 12 Der französische Imperialismus. Seite 13 Der deutsche Imperialismus Seite 13 Die Aufteilung Afrikas. Seite 15 Die letzten Jahre vor dem Ersten Weltkrieg Seite 18 Kapitel 3: Die Kolonialzeit und deren Ende: Leistung oder Last? Seite 19 „1960 : Was folgt danach? Seite 21 Kurze Epoche, weitreichende Wirkungen . Seite 24 Kapitel 4 – Epilog: Das Land „Senegal und der KolonialismusSeite 25 Schritte in die Unabhängigkeit von Senegal Seite 26 Quellenverzeichnis.Seite 27 Literaturverzeichnis .Seite 27 Bilder/Fotos/ZeichnungenDiverse Seiten 2 KAPITEL 1: Die Begriffe „Kolonialismus und „Imperialismus Welches waren die Ursachen, Gründe und Ziele des Kolonialismus/Imperialismus Definition der Begriffe Kolonialismus & Imperialismus: Es ist nicht ganz so einfach, die Unterschiede der beiden Begriffe Kolonialismus und Imperialismus herauszuschälen. So finden sich bei der Recherche zahlreiche Definitionen zu den beiden Begrifflichkeiten, welche sich inhaltlich zu einem großen Teil überschneiden. Kolonialismus: als Kolonie (von lateinisch colere, ‚bebauen, Land bestellen‘) bezeichnet man in der Neuzeit ein auswärtiges abhängiges Gebiet eines Staates ohne eigene politische und wirtschaftliche Macht. Begrifflich hängt Kolonie eng mit Kolonisation zusammen. Bei der Kolonisation handelt es sich im Kern um eine Landnahme. Die Kolonie ist daher in einem weiteren Sinne ein Personenverband in einem Gebiet außerhalb des angestammten Siedlungsgebietes. Im Bereich der Politik wird damit außerdem eine politische Abhängigkeit zum „Mutterland verbunden. Die Bildung von Kolonien war und ist ein wesentliches Instrument der Machtausdehnung imperialistischer Staaten. (wikipedia) Imperialismus: ist das Streben nach Ausweitung/Ausdehnung (Expansion) der Herrschaft und des eigenen Macht-‐ und Einflussbereichs. Imperialismus (Imperium; lateinisch „imperium „Befehlsgewalt, „Herrschaft, „Reich) kann als Machtkontrolle und Beeinflussung auch durch indirekte Herrschaft und Abhängigkeitsverhältnisse (politisch, wirtschaftlich, kulturell) stattfinden, während Kolonialismus immer auf direkte Herrschaft bezogen ist. . Das Machtstreben des Imperialismus ist auf die Bildung eines Imperiums ausgerichtet. (wikipedia) Sehr häufig wird der Begriff des Imperialismus ab dem Beginn des Zeitalters der Industrialisierung bis hin zum 1. Weltkrieg verwendet. Die Hochphase des Imperialismus reichte von 1882 – 1914. Ganz salopp lässt sich sagen, dass der 1. Weltkrieg eine „traurige, absehbare Konsequenz des Imperialismus war! Der Ursprung und die Ziele des Kolonialismus Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, welche für die Entstehung des Kolonialismus verantwortlich sind: Am Anfang standen da wohl die Seefahrer (Entdecker), allen voran Christoph Kolumbus, welcher sich zwar nicht als erster aufs offene Meer wagte, jedoch bis heute der berühmteste Entdeckungsreisende ist. Selbstverständlich erhofften sich viele Seefahrer Ruhm, Ehre und Reichtum! So kann die Entdeckungslust zahlreicher Abenteurer als eine Ursprungsursache genannt werden. Weitere Gründe seien nur noch stichwortartig aufgelistet, obwohl natürlich nicht minder wichtig: Das Spanische Königshaus „verlangte nach Gold, um seine Kriege in Europa zu bezahlen. Die Portugiesen gierten ebenfalls nach Gold und Geld, allerdings nicht der Kriegsführung wegen. Die Engländer wollten mit ihren Kolonien Handel treiben, so dass das Mutterland Gewinne verzeichnen kann. Die Holländer nehmen eine Zwischenstellung zwischen den Engländer und den Portugiesen ein. Allgemeine Ursachen für die Kolonisation anderer Erdteile durch die Europäer: Gewinnstreben Besseres Leben für die ins neue Land Eingewanderten 3 Ausbreitung politischer Macht und damit verbunden Kontrolle strategisch wichtiger Häfen und Seewege Später dann auch: Sicherung von Ressourcen (wie Gold, Silber, Eisen, aber auch Naturalien wie Rohrzucker, Kakao, Erdnussöl, Baumwolle etc. Versorgung der Kolonien mit billigen Arbeitskräften: Sklaven als Menschenware Als Ziele der Kolonisation lassen sich aufzählen: Zunächst bei den Spaniern: Ausplünderung der Goldvorkommen der eingeborenen Indianerzivilisationen Gewinnung einer Vorherrschaft Aussenhandel mit Überschuss (gewinnträchtiger Handel) Später, vor allem gegen Ende des 19. Jh.: Ausbreitung der vermeintlich fortgeschrittenen Zivilisation zu den wilden Völkern; man wollte diese „Wilden erziehen, zivilisieren und mit der einzig wahren Religion zum christlichen Glauben bekehren Die eigentlichen „Startländer des Kolonialismus: Das spanische Kolonialreich und das portugiesische Kolonialreich waren die ersten globalen Weltreiche. Die beiden Imperien bestanden vom 15. bis ins 20. Jahrhundert. Im Vertrag von Tordesillas (1494) wurde durch den Papst Alexander VI die Erde in eine östliche, portugiesische Sphäre und in eine westliche für den damaligen Konkurrenten Spanien aufgeteilt, was im Vertrag von Saragossa (1529) präzisiert wurde. Der Vertrag war im Prinzip bis 1777 in Kraft. Karte: Lencer -‐ Eigenes Werk, CC BY-‐ SA 3.0, Quelle: wikipedia 4 Die Erkundung der Welt durch bedeutende Entdecker Karte: „DER SPIEGEL ;Geschichte; Januar 2016 5 6 6t tlf qt) urnrqplorl NSIlVUJSNV (t0§t) relsP0ppeN a , (izsD eaurn6nall .: :1 .i .1ä ln)rlpJ.z- 58rtun \ UVSVNV,\ --vtl/\ iiliJi/ HlEu (06sD ueMrel rl 9tslq tt H)llu-tvHlN0§ .* p0e (ttSt) nerehl\ -* .\ .;-r11.1!Ujzl: ,,.:.,r.,,.:.uf .g[ üI r:.1:.r.: .: . .jt::t:.r-,- §z§l un rlrr.l:YltlH1 (tfsl ro qrllnuia) r.rpdet I lUl Q?,,,9§,,,,,,,,,. ,r::.-tt:,1;71 r.- Hltlu ,.:.],:,.:,:: §rHlsrHvlls0 Hlllu HIEU -)lNVUl SIl])Sll10U IH vdouos Kapitel 2 Die Chronologie der Kolonisation durch die Europäer In diesem Kapitel soll in einer Übersicht erläutert werden, wie die globale Kolonisation verlief: Zum einen wird die Entwicklung zwischen 1492 und 1974 grafisch dargestellt (siehe Abb. auf der nächsten Seite), zum anderen folgt eine chronologische Aufzählung der kolonialgeschichtlich bedeutendsten Ereignisse ab 1770, in Teilbereichen „parallel aufgeteilt nach den wichtigsten Kolonialmächten Europas. Zwar nicht europäisch, aber für viele ein Sinnbild für Kolonialismus, Ausbeutung, Einmischung oder Machtausübung Eindeutig Zweideutig. 7 Abb.: Die Kolonialisierung zwischen 1492 und 1974 im kartografischen Überblick: 8 Die Europäische Territorialherrschaft (1770 – 1880) . .als die Epoche vor dem Höhepunkt der Kolonialisierung Punktuell seien nun weitere Gründe und Zusammenhänge aufgeführt, welche dem Verständnis dienen sollen, weshalb es global überhaupt zu einer solchen Übermacht der Europäer kommen konnte, wie zusammenfassend sich die Kolonialisierung weltweit abspielte, und weshalb die aufkeimenden Spannungen innerhalb des „alten Europa im 1. Weltkrieg mündeten: Schon vor der Zeit um das Jahr 1770 waren die europäischen Länder in vielen Einzelheiten von der Überlegenheit der eigenen Zivilisation überzeugt. Allerdings glaubten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie in jeder denkbaren Hinsicht erfolgreicher und wertvoller seien als der Rest der Welt. Die Europäer respektierten andere Kulturen als im Prinzip gleichrangig. In der Zeit zwischen etwa 1770 und 1830 änderte sich die Auffassung der Europäer von ihrer Stellung in der Welt fundamental. Der Westen, wie es nun immer häufiger hieß, marschiere an der Spitze des historischen Fortschritts. Die Revolutionen in Nordamerika (also die Entstehung der USA) und Frankreich sollten beweisen, dass nur die westliche Zivilisation dazu fähig war, die ewigen Kreisläufe der Geschichte zu durchbrechen und ein völlig neues Zeitalter von Freiheit beginnen zu lassen. Die Industrialisierung, die, von England ausgehend, nach 1820 auch den europäischen Kontinent und Nordamerika erfasste, vergrößerte den materiellen Abstand zum Rest der Welt und stärkte zunehmend das Selbstbewusstsein (bzw. die Überheblichkeit) des Westens. Das Selbstbewusstsein der Europäer gegenüber den Bewohnern anderer Kontinente erreichte im 19. Jahrhundert eine Dimension, die im 18. Jahrhundert undenkbar war. Es erschien fast allgemein als unzweifelhaft, dass die Europäer die außereuropäischen Völker weit überragten. So stellte zum Beispiel der nationalliberale deutsche Historiker Heinrich von Treitschke (1834 -‐ 1896) in seiner oft gehalten Vorlesung Politik lapidar fest, die schwarze Rasse sei von jeher eine dienende gewesen. Der Wiener Forschungsreisende Karl Scherzer (1821 -‐ 1903) spricht davon, dass schiefäugige Mongolen, halbvertierte Äthiopier dazu bestimmt seien, beherrscht oder zermalmt zu werden (Wanderungen durch . Nicaragua, 1857, 5.4). Die sechs Jahrzehnte nach 1770 war eine Periode beispielloser globaler Kräfteverschiebungen und Strukturwandlungen. Vor 1770 war der politische Einfluss der Europäer auf die Staaten in Mittel-‐ und Südamerika, in Asien und in Afrika noch sehr gering. Eine Ausnahme bildeten lediglich die zerstörten Reiche der Azteken und der Inkas. In Indien wurden die Europäer 250 Jahre lang nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien auf Distanz gehalten. Ebenso wie in Westafrika und Südostasien war die europäische Präsenz auf Handelsplätze an der Küste beschränkt. Im spanischen wie im britischen Amerika bewirkte eine größere Einflussnahme der Kolonialstaaten erfolgreiche Unabhängigkeitsbestrebungen kreolischer Kolonialeliten. Die Bildung neuer Nationalstaaten verhinderte nicht oder kaum ihre Einbindung in die Weltwirtschaft. Allerdings beendeten die Revolution der Sklaven in St. Domingue gegen die französische Kolonialherrschaft (1791), die 1806 zur Gründung des Staates Haiti führte, sowie die schrittweise Abschaffung von Sklavenhandel und Sklaverei im atlantischen Raum, das goldene Zeitalter der spanischen Zuckerinteressen auf den Westindischen Inseln. Das nicht mehr koloniale Lateinamerika wurde als Exportproduzent enger denn je in die Weltwirtschaft eingebunden. Der Siebenjährige Krieg (1756 -‐ 1763) hatte zum Zusammenbruch der französischen Position sowohl in Kanada als auch in Indien geführt. Aus dem kolonialen Wettlauf mit 9 Frankreich ging Großbritannien mit Territorialgewinnen hervor: Seit 1788 wurde Australien besiedelt, zunächst als Sträflingskolonie. Die Eroberung und Besiedlung Neuseelands begann 1840. Im Mai 1768 erwirbt Frankreich von Genua die Mittelmeerinsel Korsika. In den 1790er Jahren erhielt die Missionstätigkeit durch den Protestantismus einen neuen Auftrieb und eine neue Aggressivität. Die bisher gezeigte Toleranz für Heiden war nun vorbei. Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkte sich auch wieder die Missionstätigkeit der Katholiken, unterstützt vom französischen Staat. Stärker als je zuvor wurden Nichtchristen zu Zielen systematisch organisierter Bekehrungskampagnen. Etwa seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Herrschaft in den Kolonien von den Kolonialmächten direkt übernommen. Ihre Herrschaft stützte sich auf militärische Präsenz. Die Formen der territorialen Expansion hatten sich gewandelt. Zuvor waren es meist einzelne Siedlergruppen oder Kaufleute gewesen, die -‐ oftmals sogar gegen den Willen ihrer Staatsführung -‐ Länder in Besitz nahmen. Nun ergriffen die Regierungen selbst die Initiative zur zielgerichteten und systematischen Durchdringung, Erschliessung und Ausbeutung von militärisch eroberten Gebieten. Eigene staatlich Kolonialverwaltungen werden errichtet. Über die Triebkräfte für den Erwerb von Kolonien durch die Regierungen wurde viel wissenschaftlicher Streit ausgetragen. Jedes Motiv für sich allein erklärt die Wirklichkeit nicht hinreichend. Vieles wirkte zusammen, auch gibt es nationale Besonderheiten im Groß-‐ und Weltmachtstreben. Wirtschaftliche Motive spielten für alle Mächte eine Rolle: 1. die Erschließung und Sicherung neuer Rohstoffgebiete zur krisenunabhängigen, kontinuierlichen und preisgünstigen Versorgung der inländischen Verarbeitungsindustrie, 2. die Öffnung neuer Märkte zum profitablen Absatz des eigenen Produktionsüberschusses. 3. das Bestreben, die sozialen und wirtschaftlichen Konflikte im eigenen Land durch die Schaffung neuer Produktionskapazitäten und Absatzchancen zu entschärfen. Anders als die Spanier in Mittelamerika verfolgten die Engländer in Indien zunächst keine Eroberungspolitik. Die Englische Ostindische Kompanie betrieb ihren Handel von den Hafenstützpunkten aus. Militärische Vorteile der Engländer gegenüber den indischen Staaten gab es nicht. Im 19. Jahrhundert wurde in England die Debatte um die Rechtfertigung des Kolonialismus weitergeführt. Eine breite Front, die auf eine permanente Ausweitung des englischen Imperiums hinwirkte und dies auch theoretisch begründete, gab es nicht. Ebenso wenig gab es die Bereitschaft, auf den gegenwärtigen Besitz Verzicht zu leisten. Als in den Jahren um 1820 die Interessen Russlands an Asien sichtbar wurden, bekam das Problem der Sicherheit Indiens und damit einer wesentlichen Quelle des britischen Reichtums neue Bedeutung. Die politische Publizistik forderte die Errichtung einer britischen Sicherheitszone vor Indien: Nachdem die Bereitschaft zu expansiver Kolonialpolitik in Asien durch die beginnende russische Konkurrenz geweckt worden war, sah eine Gruppe von radikalen Publizisten zwingende Gründe für eine aktive Kolonialpolitik in den inneren Verhältnissen Englands. So sah zum Beispiel Edward Gibbon Wakefield (1796 -‐ 1862) in einer organisierten Auswanderung die Lösung zur Behebung der Armut im Inland. Diesen Aspekt verband er mit der Feststellung, dass in Großbritannien stets mehr Kapital vorhanden war, als sich gewinnbringend anlegen ließ. Die Überschüsse an Arbeitsangebot und Kapital müssten, so forderte Wakefield, ins Ausland gehen. Das im Inland überflüssige Kapital müsse neben der Ausweitung des Handelsimperiums auch neue Siedlungskolonien schaffen. Nur dadurch könnte, so Wakefield, die drohende soziale Katastrophe im Innern verhindert werden. 10 Die Expansionspolitik Großbritanniens unter Premierminister Benjamin Disraeli (reg. 1868/69 und 1874-‐1880) nahm systematische und umfassende Formen an. Nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 spielte die Kolonialpolitik in Deutschland zunächst nur eine geringe Rolle. Reichskanzler Otto von Bismarck sah einerseits in dem Erwerb von Kolonien nur geringe wirtschaftliche Vorteile, andererseits erwartete er eine Gefährdung seiner Friedenspolitik. Otto Fürst von Bismarck (*1815, † 1898), 1871 bis 1890 deutscher Reichskanzler Foto: pa/ MAGNO Bismarck ging es bei seiner Bündnispolitik darum, Kriege in Europa zu vermeiden, in die Deutschland hineingezogen werden konnte. Deshalb musste er die gegensätzlichen Machtinteressen in Europa durch ein System von Gewichten und Gegengewichten in den Griff bekommen. Vor allem sollte Frankreich keine Gelegenheit bekommen, Bündnisse gegen das Deutsche Reich zu schließen. Im Prinzip machte er die europäischen Mächte unmittelbar oder mittelbar vom Deutschen Reich abhängig. Im Laufe der 70er Jahre wurde die Frage, ob Kolonien erworben werden sollen oder nicht, öffentlich diskutiert. 1873 wurde die Afrikanische Gesellschaft in Deutschland gegründet, die sich die geographische Erkundung Afrikas zum Ziel setzte. 1882 kam es zur Gründung des Deutschen Kolonialvereins, der den Erwerb von Kolonien propagierte. Die 1884 gegründete Gesellschaft für Deutsche Kolonisation setzte sich aktiv für einen Kolonialerwerb ein. Die Epoche des europäischen Imperialismus (1882 - 1914) Das Besondere an der Epoche des Imperialismus war, dass sich neben den traditionellen Kolonialmächten Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal und Russland auch neue, aufstrebende Mächte (die USA, das Deutsche Reich, Belgien, Italien, Japan) am Wettlauf um die -‐ wie man glaubte -‐ endgültige Aufteilung der Welt beteiligten. Um der Konkurrenz gewachsen zu sein, glaubten die Großmächte, große Teile der Erde als Rohstofflieferanten und / oder Absatzmärkte für die heimische Industrie beherrschen zu müssen. Imperialismus -‐ das war die Ausweitung der Machtsphäre eines Staates über seine Grenzen hinaus. Der Besitz von Kolonien sollte dazu dienen, die Stellung des eigenen Landes im Konkurrenzkampf mit den anderen Mächten zu stärken. Die imperialistische Politik wurde als nationale und wirtschaftliche Notwendigkeit zielbewusst verfolgt. Die Sicherung der nationalen Existenz, die Wahrung der nationalen Interessen, der Platz an der Sonne wurden zu Parolen der Außenpolitik. Das nationale Prestigestreben spielte insbesondere bei den jungen europäischen Nationalstaaten eine große Rolle. Wirtschaftlicher Konkurrenzkampf und nationales Prestigestreben ließ der jeweiligen Bevölkerung eines Landes ihren Staat als eine Schicksals-‐, Schutz-‐ oder Kampfgemeinschaft erscheinen, die in ihrem Ringen um Selbstbehauptung keine Andersdenkenden dulden konnte. In den nationale Kreisen geriet jede Form von Opposition in den Verdacht, das Vaterland zu gefährden. Der Nationalismus entwickelte sich zu einer Ideologie, welche die bestehende Ordnung um jeden Preis erhalten wollte. Konflikte wurden als Übel angesehen, die für den nationalen Machtstaat lebensbedrohlich schienen. So nahm der Nationalismus autoritäre, undemokratische Züge an. 11 Als weitere Ursache der imperialistischen Ausdehnung wird auch die Strategie der europäischen Staaten angesehen, von sozialen und politischen Problemen im Innern abzulenken und diese durch außenpolitische Erfolge zu kompensieren (Sozialimperialismus). Die Zeit zwischen 1882 und 1914 wird als klassische Epoche des Imperialismus bezeichnet. In diesem Zeitraum breiteten sich die westlichen, militär-‐, industrie-‐ und kapitalstarken Staaten über die weniger entwickelten Regionen fast ganz Afrikas und Ozeaniens aus und festigten gleichzeitig ihre teilweise ältere Herrschaft in Asien. Der Imperialismus setzte in Großbritannien ein und erfasste wie in einem Rausch die Großmächte der Welt. Der Kolonialbesitz erreichte 1914 seine größte Ausdehnung: er umfasste die Hälfte der Erdoberfläche mit mehr als einem Drittel der Weltbevölkerung. Die Voraussetzungen zum Imperialismus wurden durch den technischen Fortschritt in den Industrieländern des Westens geschaffen. Bessere Waffen (Maschinengewehr), stärkere Transportsysteme (Eisenbahn und Stahlschiff) und bessere Kommunikationssysteme (Telegraphie) ermöglichten die Beherrschung großer Räume sowie die Nutzung und den Abtransport von Ressourcen. In fast allen Ländern Europas wuchs die Bevölkerung. So stieg die deutsche Bevölkerung von der Gründung des deutschen Kaiserreichs 1871 bis 1900 von 41 auf 56 Millionen. Der technische Vorsprung bewies in den Augen der Weißen ihre Überlegenheit. Der dadurch entstehende Rassendünkel, der Rassismus, zerstörte alte Moralvorstellungen und enthemmte sie, die Schwächeren blutig zu unterdrücken. Die kolonialistischen Ziele wurden um 1900 gerechtfertigt durch die sozialdarwinistische Lehre von der Überlegenheit der weißen Rasse und ihrer Mission, Zivilisation, Gerechtigkeit, Ordnung und Wohlstand über die ganze Welt zu verbreiten. Die sozialdarwinistische Interpretation der internationalen Politik (das Recht des Stärkeren) war nur für wenige Jahre populär. Viele Politiker -‐ und auch viele Gelehrte -‐ in Europa und den USA -‐ unterschieden zwischen den vitalen Nationen des modernen Westens und den schwachen Völkern der übrigen Welt und leiteten daraus einen natürlichen Herrschaftsanspruch ab. Es verbreitete sich die Auffassung, der entwickelte Westen habe nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, die natürlichen Reichtümer tropischer Länder zu erschließen und wirtschaftlich zu nutzen. Da die Einheimischen dazu nicht in der Lage seien, müsse diese Aufgabe von den Europäern und den Nordamerikanern übernommen werden. Geschichte wurde als Kampf der Völker und Nationen um Vorherrschaft und Überleben verstanden. Die Europäer sahen ihre Aufgabe darin, die eigene Zivilisation zu verbreiten. Die Erziehung zur Arbeit war ein Programmpunkt, der oft nur eine fadenscheinige Bemäntelung von Ausbeutungsverhältnissen darstellte und nicht zu einer besseren Qualifizierung der Enheimischen beitrug. Den Nicht-‐Europäern sollten Hygiene und Sauberkeit beigebracht werden. Mit der Verbesserung der sanitären Verhältnisse verfolgte man die Absicht, die in den Tropen lebenden Europäer vor Krankheiten zu schützen. Bräuche der Einheimischen, die man als barbarisch betrachtete, wurden verboten. Dazu gehört zum Beispiel das Verbot von Witwenverbrennungen in Indien. Viele Missionare verfolgten das Ziel, die einheimische Bevölkerung durch medizinische und erzieherische Angebote für sich zu gewinnen. Mit dieser Strategie sollten die Nutznießer dieser Programme für das Christentum gewonnen werden. Das Schulwesen war von Kolonie zu Kolonie anders organisiert. In einigen Kolonien war es der privaten Initiative von Missionsgesellschaften überlassen. Andere Kolonialregierungen bauten ein elementares Bildungswesen auf. 12 Das Eröffnungssignal für den Imperialismus war das Vorgehen der Franzosen in Tunesien (1881). Tunesien wurde französisches Protektorat. Nun ging es nicht mehr nur um eine indirekte, sondern um eine direkte politische und militärische Kontrolle des Territoriums. Ein neuer Mitspieler im Konzert der Kolonialmächte war der belgische König Leopold II., der aus Gründen der internationalen Anerkennung und Mehrung seines persönlichen Reichtums nach Kolonien Ausschau hielt und deshalb im Jahr 1879 den englischen Forscher Sir Morton Stanley in das afrikanische Kongobecken schickte. Was zunächst als geographisch-‐wissenschaftliches Interesse verbrämt war, endete Januar 1884 in der Gründung des belgischen Kongo-Freistaats. Großbritannien und Portugal schlossen umgehend einen Vertrag um portugiesische Ansprüche am unteren Kongo gegen Belgien und Frankreich durchzusetzen und den Kongo-‐ Freistaat vom Mündungsgebiet des Flusses abzuschneiden. Dagegen protestierte das Deutsche Reich, das 1884 Deutsch-‐Südwestafrika, Togo und Kamerun unter seinen Schutz gestellt hatte. Dabei wurde es von Frankreich unterstützt. Der britische Imperialismus Viele Briten waren von der Überlegenheit ihrer Zivilisation überzeugt und von dem Sendungsbewusstsein geprägt, dass eine britisch dominierte Weltordnung -‐ die Pax Britannica -‐ der beste Garant für Frieden, Stabilität und Gerechtigkeit auf Erden sei. Der wichtigste Baustein der britischen Weltordnung war Indien. Da die Briten angesichts der veränderten politischen Situation in Europa nach 1871 ihre Vormachtstellung in der Welt gefährdet sahen, glaubten sie, dieses Kronjuwel sichern zu müssen. Die Macht auf dem Subkontinent sollte gefestigt und die Sicherung der Seewege dorthin weiter ausgebaut werden. Die Ziele der britischen Politik waren die Erhaltung des europäischen Gleichgewichts und die Eindämmung der aufstrebenden Konkurrenz Russlands und der USA. Mit militärischen Interventionen (Großbritannien war die größte Seemacht!) sollten wirtschaftliche Interessen abgesichert und neue Gebiete erworben werden. Die Sicherung von wirtschaftlichen und politisch-‐strategischen Einflusszonen wurde nun zum Ziel Großbritanniens. Vor diesem Hintergrund sollte es innerhalb von wenigen Jahren zu einer Aufteilung der Welt in Interessensphären und Kolonien kommen. Der Suezkanal war am 17. November 1869 von der französischen Kaiserin Eugénie und dem ägyptischen Vizekönig Ismail Pascha eröffnet worden. Die 164 km lange Wasserstraße von Port Said nach Suez verband das Mittelmeer mit dem Roten Meer und verkürzte den Seeweg nach Asien erheblich. Finanziert wurde das Projekt zu zwei Dritteln durch europäische Anleger, den Rest steuerte Ismail Pascha und die ägyptische Regierung bei. Großbritannien hatte sich an der Erstfinanzierung nicht beteiligt. Erst sechs Jahre nach der Eröffnung des Suezkanals im Jahr 1869 erkannte Großbritannien dessen tatsächliche Bedeutung. Unter Premierminister Benjamin Disraeli erwarb die britische Regierung 1875 44 Prozent der Aktienanteile. In der Folge verstärkte die britische Kolonialpolitik die Kontrolle über Ägypten. Die Besetzung Ägyptens im Jahr 1882 diente der Sicherung des Seewegs nach Indien. Bereits im selben Jahr fuhren 80 Prozent der Schiffe, die den Suezkanal passierten, unter britischer Flagge. 13 Ferdinand Marie Vicomte de Lesseps (*1805, † 1894), französischer Diplomat und Ingenieur, organisierte und leitete den Bau des Suezkanals. Den offiziellen Höhepunkt der Einrichtung der Pax Britannica auf dem indischen Subkontinent bildete 1876 die Krönung Königin Viktorias zur Kaiserin von Indien. Das Versprechen Königin Viktorias, den Indern gleiche Rechte und Chancen wie ihren anderen Untertanen einzuräumen, blieb in der Praxis bedeutungslos. Die entscheidenden Positionen im Staatsdienst blieb den Briten vorbehalten. Auf dem Papier war Indien ein Teil des Weltmarkts. Tatsächlich aber blieb es eine abhängige, ausgebeutete Kolonie. Unter dem Vorwand der Grenzsicherung gegenüber dem russischen Vordringen nach Mittelasien, versuchte Großbritannien, sich Afghanistan als abhängigen Pufferstaat zu unterwerfen. Nach einer schweren militärischen Niederlage im Jahr 1880 mussten sich die Briten zurückziehen. Mehr Glück hatten sie östlich des indischen Reichs, wo sie in zwei Schritten (1852 und 1885/86) Birma annektierten. 1903/04 wurde Tibet dem britischen Einfluss unterworfen. Gegen Ende des 19. Jahrhundert entwickelte sich unter den gebildeten Indern ein Nationalbewusstsein und ein gewisser kultureller Nationalstolz. Die Vertreter dieses indischen Nationalismus wandten sich zunehmend gegen die Kolonialherrschaft. Sie kritisierten vor allem die Auszehrung des Landes durch das Abschöpfen seiner Reichtümer (Dadabhai Naoroji). Das britische Imperium beinhaltete um 1900 neben Indien auch Kanada, Australien, Neuseeland und Teile Afrikas. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg war es auf sämtlichen Kontinenten vertreten. Innerhalb der geographischen Grenzen Europas herrschte das Britische Empire auch über Europäer: Malta (ab 1814) und Zypern (ab 1878) waren britische Kolonien. Kanada, Australien, Neuseeland und Südafrika gehörten zum britischen Reichsverband. Unter der lockeren Oberaufsicht der britischen Krone regelten sie ihre politischen Angelegenheiten in demokratischen Institutionen und Verfahren selbst. Allerdings war in Südafrika die schwarze Bevölkerungsmehrheit vom politischen Prozess ausgeschlossen. Der französische Imperialismus Frankreichs Imperialismus konzentrierte sich auf Afrika und Indochina. Eingeleitet wurde die imperiale Politik in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts von Ministerpräsident Jules Ferry. Den Ausgangspunkt bildete der bereits vorhandene Kolonialbesitz in Nordafrika (Algerien) und Cochinchina (Saigon). 1881 nahm Frankreich Tunesien und Teile des Kongo in Besitz, 1884 Guinea und anschließend große Teile Westafrikas und der Sahara. Marokko wurde 1911 zwischen Frankreich und Spanien aufgeteilt. 1910 verfügte Frankreich über ein geschlossen zusammenhängendes Gebiet in West-‐ und Zentralafrika. Differenzen mit Großbritannien konnten 1904 mit der Entente cordiale beigelegt werden. Der deutsche Imperialismus Deutschlands Platz an der Sonne (Diktum des Außenministers Bernhard von Bülow) begann 1884/85 Gestalt anzunehmen, als Kanzler Otto von Bismarck, eigentlich dem Kolonialbesitz gegenüber skeptisch, mehrere Besitzungen deutscher Kaufleute unter den Schutz des Deutschen Reiches stellte. Mit Ausnahme kleinerer Besitzungen in der Südsee sowie Kiautschou (1897) und Deutsch-‐Samoa (1899) war das deutsche Kolonialreich in nur wenigen Monaten komplettiert. 14 April 1884: Besitzungen des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz (Deutsch-Südwestafrika) werden von Bismarck unter deutschen Schutz gestellt. Dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz gelang es, zunächst eine Bucht und anschließend weite Teile des Hinterlandes zu erwerben. Kurz darauf stellte das Deutsche Reich die von Lüderitz erworbenen Gebiete unter seinen Schutz. Die Einheimischen wurden von nun an als Menschen zweiter Klasse behandelt. Mit der Ankunft deutscher Siedler verschärfte sich zudem der Kampf um den landwirtschaftlich nutzbaren Boden. Nach und nach wurden die einheimischen Stämme Herero und Nama gezwungen, ihr Land zu räumen. 1904 kam es nach vermehrten Protesten zum Aufstand gegen die Deutschen. Das Deutsche Reich entsandte im Juni ein Expeditionskorps unter der Führung von Generalleutnant Lothar von Trotha, um den Aufstand niederzuschlagen. Dieser ließ Wasserstellen besetzen oder vergiften und gab wenig später den Befehl, alle Herero, auch Frauen und Kinder zu erschießen. Diejenigen, die vor den Deutschen flüchteten, verdursteten oder verhungerten in der Wüste -‐ der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts. Bis zum Ende des Krieges im Jahr 1908 wurden etwa vier Fünftel des Herero-‐Volkes und die Hälfte der Nama ausgerottet. Im Juli 1915 zogen die Besatzer ab. Viele Siedler blieben jedoch. (Quelle: fluter -‐ Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung -‐bpb, Ausgabe 59, Sommer 2016) Die Folgen der Kolonialzeit sind in dem heutigen Staat Namibia bis heute spürbar. Obwohl die weiße Minderheit -‐ rund ein Drittel davon sind Nachfahren von Deutschen -‐ nur etwa fünf Prozent der Bevölkerung ausmacht, kontrollieren weiße Farmer bis heute 80 Prozent des kommerziellen Farmlandes. Die meisten Herero leben immer noch in bitterer Armut. Seit der Unabhängigkeit von Namibia im Jahr 1990 fordern insbesondere Verbände der Herero eine Anerkennung des Völkermords durch die Deutschen. Bis zum Ende des Jahres 2016 will sich Deutschland offiziell für die Verbrechen entschuldigen. Bis dahin muss geklärt werden, ob und wie viel finanzielle Entschädigung Namibia bekommt. Juli 1884: Togoland sowie Besitzungen von Adolf Woermann in Kamerun: Der Hamburger Reeder und Politiker Adolf Woermann hatte Mitte 1883 im Auftrag der Hamburger Handelskammer eine Denkschrift erstellt, in der er unter anderem die Erwerbung eines Küstenstrichs in West-Afrika zur Gründung einer Handelskolonie vorschlug. Bereits im Dezember 1883 traf ein deutsches Kriegsschiff an der westafrikanischen Küste ein, um die Interessen der Kaufleute zu schützen. Am 12. Juli 1884 kauften die Firmen C. Woermann und Jantzen & Thormälen einen Küstenstreifen in Kamerun. Zwei Tage später bestätigte ein neu ernannter Reichskommissar diese Erwerbung und hisste die deutsche Flagge. Februar 1885: von Carl Peters und dessen Gesellschaft für deutsche Kolonisation erworbenes Gebiet in Ost-‐Afrika (Deutsch-Ostafrika). Mit der Übernahme von pazifischen Gebieten, Nord-‐Neuguinea (Kaiser-‐Wilhelm-‐Land) und der davor gelegenen Inselgruppe (Bismarck-‐Archipel) im Mai 1885 war die erste Phase deutscher Kolonialpolitik abgeschlossen. Das wesentliche Motiv Bismarcks, in die Kolonialpolitik einzusteigen, war sein Bestreben, die kolonialfreundliche Nationalliberale Partei bei der Reichstagswahl im Herbst 1884 für sich zu gewinnen und damit seine eigene Position zu stärken. Außerdem verschafften ihm die Spannungen zwischen Großbritannien, Frankreich und Russland einen größeren außenpolitischen Spielraum. Für den Historiker Hans-Ulrich Wehler war das Motiv Bismarcks der Sozialimperialismus, also die Entschärfung sozialer Konflikte durch die Erschließung fremder Märkte sowie die Ableitung innenpolitischer sozialer Spannungen nach außen. Prestigeträchtige Abenteuer sollten -‐ nach Wehler -‐ im Innern ein Gemeinschaftsgefühl erzeugen. 15 Mit dem persönlichen Regiment Kaiser Wilhelms II. trat Deutschland 1890 in die imperiale Politik ein. Der Satz von der zu spät gekommenen Nation machte die Runde. Deutschland glaubte etwas zu versäumen, wenn es sich nicht rechtzeitig am Wettlauf um die Aufteilung der Welt beteilige. Deutschland sollte Weltmacht werden. Weltpolitik als Aufgabe, Weltmacht als Ziel, Flotte als Instrument, so lauteten die Zielvorgaben Kaiser Wilhelms II. Die imperialistischen Agitationsverbände Alldeutscher Verband und der Flottenverein nährten den übersteigerten Nationalismus und trugen zur fortschreitenden Isolierung des als überheblich geltenden Deutschen Reiches bei. Die tatsächliche Bedeutung der kolonialen Erwerbungen, vor allem in Afrika, standen in keinem Verhältnis zum proklamierten Griff nach der Weltmacht. Im Wettlauf um einen Platz an der Sonne -‐ um die Kolonialisierung der noch nicht unterworfenen Gebiete -‐ blieben die Erfolge gering. Das von Bismarck geschaffene Bündnissystem wurde nicht mehr erneuert. Es kam zu einer französisch-russischen Allianz, die der alte Reichskanzler immer hatte verhindern wollen. Auch Großbritannien versöhnte sich mit seinem weltpolitischen Rivalen Frankreich. Das forsche Alles-oder-nichts des deutschen Kaisers führte das Reich in die Isolation. Nicht eine Einkreisung durch die anderen Mächte geschah, vielmehr eine Art von Selbstauskreisung Deutschlands, das sich umso stärker an Österreich-‐Ungarn band. Das Aneinanderrücken des späteren Entente-‐Mächte Großbritannien, Frankreich und Russland war nicht nur der Bereinigung ihrer kolonialen Streitigkeiten zu verdanken, sondern auch der seit Bismarcks Abgang wankelmütigen, wenig Vertrauen erweckenden deutschen Auenpolitik. Die Aufteilung Afrikas Bis zum zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich der europäische Einfluss auf einige Küstenregionen und das südliche Afrika beschränkt. Danach fielen die freien Gebiete wie Dominosteine in die Hände der europäischen Mächte. Deren Vorgehen wiederholte sich ständig: Beanspruchte eine Macht eine bestimmte Region als Kolonie oder Protektorat, so folgten andere Mächte diesem Beispiel, oft nur aus dem Grund, eine Inbesitznahme durch Konkurrenten zu verhindern. Die Bestätigung des Anspruchs Frankreichs auf Tunesien beim Berliner Kongress von 1878 gilt als Startschuss dieser Entwicklung. Bei diesem Kongress hatte Großbritannien die für die Kontrolle des Mittelmeers erforderliche zentrale Sperrung der Dardanellen für russische Kriegsschiffe im Kriegsfalle durchgesetzt und sich zudem die Herrschaft über Zypern gesichert. Um den Rivalen Frankreich zufriedenzustellen, bot Großbritannien Frankreich die Herrschaft über Tunesien an, die auch Italien beanspruchte. Damit waren die französischen Ansprüche auf Tunesien abgesichert. Wenige Jahre später wurde Tunesien durch Frankreich militärisch besetzt. Der Berliner Kongress wurde damit zum Startschuss der Aufteilung Afrikas. 16 Kongokonferenz 1884; ein Festschmaus zu Beginn. Ein FESTMAHL: Essen nur vom Feinsten! So präsentierte sich der Deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck, als er praktisch sämtliche, weltpolitisch bedeutsame Oberhäupter einlud! Austern, Schildkrötensuppe, Lachssoufflé, gebratenes Maishühnchen, Aprikosenkuchen und Haselnuss-Mousse, um nur einige Leckereien aufzuzählen. Eine Mammutkonferenz, verteilt auf 10 Sitzungen, stellte sich die Aufgabe, die Zukunft des Kontinents Afrika neu zu organisieren! Amtssprache war französisch, und obwohl sich der „Eiserne Kanzler nicht besonders für Kolonien interessierte, leitete er zunächst diese Konferenz mit einer grossen Souveränität welche von sämtlichen Beteiligten als äusserst fair geführt empfunden wurde. Zu einem späteren Zeitpunkt übertrug er die Führung den Franzosen. Der eigentliche Star der Konferenz war der geladene und erfahrene Afrika-Experte Henry Morten Stanley, welcher -offiziell als Mitglied der US-Delegation- die Fäden für den Belgischen König Leopold II zog. König Leopold und die Amerikaner verstanden sich ausgesprochen gut, weshalb er deren Unterstützung genoss! Die Okkupation Ägyptens und die Besetzung des Kongo waren die ersten großen Schritte im Wettlauf um Afrika. Im Jahr 1884 rief der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck zur Kongokonferenz, um die Probleme, die bei der Annexion Afrikas entstanden, zu beseitigen. Die Konferenz fand unter humanitären Vorwänden, etwa der Verurteilung des Sklavenhandels sowie dem Verbot zum Verkauf von Alkohol und Schusswaffen in einigen Gegenden, statt. Zudem sollte die Missionsarbeit gefördert werden. Wichtiger waren jedoch die festgesetzten Regeln für die Kolonisation Afrikas. Leopold II. von Belgien wurde als Oberhaupt des Kongo anerkannt, dessen Territorium jedoch für neutral erklärt, so dass jeder dort nach Belieben handeln konnte. Weiterhin wurde festgelegt, dass keine Nation in Afrika Grenzen ziehen dürfe, ohne die anderen Großmächte zu informieren, und dass nur Ansprüche auf ein Territorium gestellt werden dürften, wenn dieses auch effektiv kontrolliert werden könne. Trotzdem ignorierten die Großmächte diese Regeln nach Belieben, weshalb kriegerische Konfrontationen oft nur mit Mühe vermieden werden konnten. Die vertragliche Festlegung des freien Zugangs für Handel und Mission in Afrika war das offizielle Ziel der Afrikakonferenz Kongokonferenz, die vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 unter dem Vorsitz von Reichskanzler von Bismarck in Berlin stattfand. Dreizehn europäische Staaten, die USA und das Osmanische Reich waren auf der Konferenz vertreten. Mit der Erklärung der freien Schifffahrt auf den Flüssen Kongo und Niger für alle Nationen, der Schaffung einer Freihandelszone im Kongogebiet und der Missionsfreiheit in Afrika wurde die politische Zielsetzung auch erreicht. Die bei der Konferenz geäußerten Absichten des Zivilisationsauftrags und der Verbesserung der sittlichen und materiellen Wohlfahrt der eingeborenen 17 Übersetzung: „Ein Schelm, wer sich Böses denkt! Völkerschaften waren so gut wie nichts wert. Die Souveränitätsrechte der afrikanischen Staatswesen, deren Vertreter man gar nicht erst zur Konferenz eingeladen hatte, wurden schlicht übergangen. Bismarck hatte bei der Konferenzeröffnung erklärt, Ziel sei es den Eingeborenen Afrikas den Anschluss an die Zivilisation zu ermöglichen, indem das Innere dieses Kontinents für den Handel erschlossen wird. Der Nutzen der europäischen Mächte wurde gleichgesetzt mit den Interessen und Wünschen der afrikanischen Staaten, die selbst keine Stimme hatten. Tatsächliches Ergebnis der Konferenz war der Beschluss der kolonialen Aufteilung Afrikas. Bismarck hat an dem Beschluss, Afrika unter den europäischen Mächten aufzuteilen, wesentlich mitgewirkt. Der unabhängige Kongo-Freistaat wurde als persönlicher Besitz des