Arbeitsblatt: Textarten

Material-Details

Definition und Zuordnung diverser Textarten
Deutsch
Anderes Thema
9. Schuljahr
11 Seiten

Statistik

181150
2255
33
11.05.2018

Autor/in

Nadja Herzig
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Ordne die Textarten richtig zu. Anekdote Lebensbeschreibung Ballade Erlebnisbericht mit detailliertem Inhalt Bericht Erzählung über das Leben Heiliger Biografie informeller Text über geschehene Ereignisse Erzählung kurzer Bericht Fabel Befragung mit persönlichen Antworten Gedicht kurze, humorvolle Erzählung über Persönlichkeit Interview Bericht mit eigenen Gedanken Kalendergeschichte lange Erzählung mit Höhepunkt Kurzgeschichte glaubhafte Erzählung mit nur einer Haupthandlung und Symbolik Legende Erzählung aus dem alltäglichen Leben Märchen Erzählung mit einfacher Handlung mit Moral Meldung kurze Erzählung mit übernatürlichen Elementen Novelle kleine Geschichte zu Unterhaltung Ode Spottgeschichten mit Übertreibungen Reportage kurze, lehrreiche Geschichte mit sprechenden Tieren Roman Text in gereimter Sprache Sage Gedicht mit erzählender Handlung Satire Textart Anekdote Ballade Bericht Biografie Erzählung Fabel Gedicht Interview Kalendergeschichte Kurzgeschichte Legende Märchen Meldung Novelle Ode Reportage Roman feierliches, erhabenes Gedicht Merkmale Sage Satire Textarten erkennen Lösungen Planung (zwei Lektionen) 1. 2. 3. 4. 5. Was für verschiedene Textsorten kennen die SuS? an WT schreiben Texte in Gruppen lesen und versuchen herauszufinden, welche Textart es ist. Titel von Textarten dazu zuordnen AB: Miteinander korrigieren Merkmale herausfinden Welche Merkmale gehören zu den Textsorten, die noch nicht bestimmt sind? in GA diskutieren 6. Hausaufgabe: eine Textart mitnehmen 7. Textsorten zusammentragen und definieren 8. AB: Textart mit Definition zuordnen korrigieren 9. Unterscheidung in reale und erfundene Texte 10. Evtl. nochmals zuordnen Biografie Interview Präsens Bericht Präteritum Meldung Präteritum Reportage Präsens Erzählung Präteritum Roman Präteritum Novelle Präteritum Anekdote Präteritum Kurzgeschichte Legende Präteritum Märchen Präteritum Sage Kalendergeschichte Satire Präsens Fabel Präteritum Gedicht Ballade Ode Lebensbeschreibung Befragung mit persönlichen Antworten informeller Text über geschehene Ereignisse kurzer Bericht Erlebnisbericht mit detailliertem Inhalt Bericht mit eigenen Gedanken lange Erzählung mit Höhepunkt glaubhafte Erzählung mit nur einer Haupthandlung und Symbolik kurze, humorvolle Erzählung über Persönlichkeit Erzählung aus dem alltäglichen Leben Erzählung über das Leben Heiliger Erzählung mit einfacher Handlung und Moral Kurze Erzählung mit übernatürlichen Elementen kleine Geschichte zur Unterhaltung Spottgeschichten mit Übertreibungen kurze, lehrreiche Geschichte mit sprechenden Tieren Text in gereimter Sprache Gedicht mit erzählender Handlung feierliches, erhabenes Gedicht Reale Texte: nicht fiktionale Texte Erfundene Texte: fiktionale Texte Biografie Lebensbeschreibung Mani Matter, eigentlich Hans Peter, wurde am 4. August 1936 in Herzogenbuchsee geboren. Er wuchs in Bern auf, wo er auch die Schulen besuchte und an der Universität Jura studierte. Als Rechtskonsulent des Berner Gemeinderates arbeitend, schrieb er in seiner Freizeit Chansons im Berner Dialekt, „Liedli, wie er sie selber nannte. Bereits mit siebzehn Jahren hatte er angefangen die ersten selbstgeschriebenen Lieder zur Gitarre zu singen. Später trat er damit in zahlreichen Schweizer Kleintheatern auf. Obwohl er von der Musik hätte leben können, gab er seinen angestammten Beruf nie auf. Die Chansons wurde durch Radio und Schallplatte verbreitet und gewannen eine grosse Popularität, die bis heute anhält. Matter verband darin Alltagsbetrachtungen, Witz, sowie politische und soziale Anliegen. Mani Matter starb am 24. November 1972, im Alter von erst 36 Jahren, auf der Heimfahrt von einem Konzert im Schneetreiben bei einem Verkehrsunfall in Kilchberg (Kt. Zürich). Er wurde mit seinen Chansons zu einem der wichtigsten Anreger und Erneuerer der zeitgenössischen Mundartliteratur. Viele seiner Lieder sind zu einem festen Bestandteil der Schweizer Kultur geworden. Daneben sind die „Sudelhefte genannten Tagebuchaufzeichnungen aus den Jahren 19581971 und das „Rumpelbuch, eine Sammlung von Gedichten, Geschichten und kurzen Theaterstücken von literarischer Bedeutung. Legende Erzählung über das Leben Heiliger Um das Jahr 338 war Martin als Soldat in Amiens stationiert. An einem Tag im Winter begegnete Martin am Stadttor von Amiens einem armen, unbekleideten Mann. Ausser seinen Waffen und seinem Militärmantel – damals kaum mehr als einen rechteckige Decke – trug Martin nichts bei sich. In einer barmherzigen Tat teilte er seinen Mantel mit dem Schwert und gab eine Hälfte dem Armen. In der folgenden Nacht sei ihm dann im Traum Christus erschienen, bekleidet mit einem halben Mantel, den Martin dem Bettler gegeben hatte. Fabel Lehrreicher Text mit sprechenden Tieren Der Löwe, der Fuchs und der Esel Ein Löwe, ein Fuchs und ein Esel gingen miteinander auf die Jagd, nachdem sie vorher einig geworden waren, den Raub ganz gleich unter sich zu verteilen. Ihre Beute war groß. Der Esel erhielt vom Löwen den Befehl zur Teilung, die er auch so gewissenhaft als möglich veranstaltete, und bat dann den Löwen, zu wählen. Allein ergrimmt zerriss ihn der Löwe und übertrug dem Fuchs eine neue Teilung. Dieser häufte alles zusammen, legte den Esel obenauf und erbat sich nur etwas Weniges für seine Mühe. Schön, mein Freund, sagte der Löwe, sage mir doch, wer hat dich so schön teilen gelehrt? Ballade Die zwei Raben Ich ging über Heidemoor allein, Da hört ich zwei Raben kreischen und schrein; Der eine rief dem andern zu: »Wo machen wir Mittag, ich und du?« »Im Walde drüben liegt unbewacht Ein erschlagener Ritter seit heute Nacht, Gedicht mit erzählender Handlung Und niemand sah ihn im Waldesgrund, Als sein Lieb und sein Falke und sein Hund. Sein Hund auf neue Fährte geht, Sein Falk auf frische Beute späht, Sein Lieb ist mit ihrem Buhlen fort, – Wir können in Ruhe speisen dort.« »Du setzest auf seinen Nacken dich, Seine blauen Augen, die sind für mich, Eine goldene Locke aus seinem Haar Soll wärmen das Nest uns nächstes Jahr.« »Manch einer wird sprechen: Ich hatt ihn Satire lieb! Doch keiner wird wissen, wo er blieb, Und hingehn über sein bleich Gebein Wird Wind und Regen und Sonnenschein.« Theodor Fontane (1855 Spottgeschichten mit Übertreibungen Befürchtung Werde ich sterben können –? Manchmal fürchte ich, ich werde es nicht können. Da denke ich so: wie wirst du dich dabei aufführen? Ah, nicht die Haltung – nicht das an der Mauer, der Ruf »Es lebe .« nun irgend etwas, während man selber stirbt; nicht die Minute vor dem Gasangriff, die Hosen voller Mut und das heldenhaft verzerrte Angesicht dem Feinde zugewandt . nicht so. Nein, einfach der sinnlose Vorgang im Bett. Müdigkeit, Schmerzen und nun eben das. Wirst du es können? Zum Beispiel, ich habe jahrelang nicht richtig niesen können. Ich habe geniest wie ein kleiner Hund, der den Schluckauf hat. Und, verzeihen Sie, bis zu meinem achtundzwanzigsten Jahre konnte ich nicht aufstoßen – da lernte ich Karlchen kennen, einen alten Korpsstudenten, und der hat es mir beigebracht. Wer aber wird mir das mit dem Sterben beibringen? Ja, ich habe es gesehn. Ich habe eine Hinrichtung gesehn, und ich habe Kranke sterben sehn – es schien, dass sie sich sehr damit plagten, es zu tun. Wie aber, wenn ich mich nun dabei so dumm anstelle, dass es nichts wird? Es wäre doch immerhin denkbar. »Keine Sorge, guter Mann. Es wird sich auf Sie herabsenken, das Schwere – Sie haben eine falsche Vorstellung vom Tode. Es wird .« Spricht da jemand aus Erfahrung? Dies ist die wahrste aller Demokratien, die Demokratie des Todes. Daher die ungeheure Überlegenheit der Priester, die so tun, als seien sie alle schon hundertmal gestorben, als hätten sie ihre Nachrichten von drüben – und nun spielen sie unter den Lebenden Botschafter des Todes. Vielleicht wird es nicht so schwer sein. Ein Arzt wird mir helfen, zu sterben. Und wenn ich nicht gar zu grosse Schmerzen habe, werde ich verlegen und bescheiden lächeln: »Bitte, entschuldigen Sie . es ist das erste Mal .« Interview Befragung und persönlichen Antworten Mister Garvey, in Ihrer aktuellen Single fragen Sie «Is it Iove?». Haben Sie eine Antwort auf «Was ist Liebe»? Liebe ist so vielfältig. Man darf sie nicht mit Worten beschreiben, weil man dann so viel auslässt. Liebe ist, was du spürst. Liebe verbindet, bestärkt, öffnet Wege, die man vorher nicht gesehen hat. Sie haben sich am Telefon in die Stimme Ihrer Frau verliebt. Ja, das hört sich absurd an, aber ich bin ein FantasieTyp. Ist Ihre Frau Ihre beste Freundin? Ich denke schon, denn ich brauche sie. Sie nimmt mich in Schutz und bestärkt mich. «Hometown» heisst ein Lied auf Ihrem Album «Neon». Wenn sie Ihren Wohnort neu designen könnten, wie würde dieser aussehen? Schwer zu sagen. Zu Hause ist für mich mit Familie und Gerüchen verbunden. Wir wohnen teilweise in Berlin und auf dem Land. Die Spaziergänge fehlen mir in Grossstädten. Es ist das billigste Erlebnis, aber trotzdem so viel wert. Wenn ich die Sonne zwischen 20 Bäumen sehe und noch meine Frau dabei ist – nicht zu toppen! Ich habe mir auch schon überlegt, in die Schweiz zu ziehen. Ich liebe eure brachiale Natur. Man fühlt sich so klein. Die Schweiz ist zum Kotzen schön – und das meine ich von Herzen. Wie hätte Ihr Name als Mädchen gelautet? Das weiss ich nicht. Meine sieben Schwestern heissen Colette, Maria, Adele, Lorna, Anicia, Margret und Mary. Ihr Spitzname als Kind? Ein Nachbar nannte mich Rocky. Später haben ein Freund und ich beschlossen, die Namen unserer Väter anzunehmen. Also war ich Fred. Erst als ich vor 20 Jahren nach Deutschland zog, nannte ich mich wieder Rea. Anekdote Kurzer, humorvoller Text Der Frack. Der alte Arzt eines kleindeutschen Fürsten wurde mitten in der Nacht zur Hoheit gerufen, die sich nicht ganz wohl zu befinden geruhten. Bei der Tür vor dem Schlafzimmer hält der Kammerdiener erschrocken den eiligen Arzt auf, der im einfachen Winterrock eintreten wollte. »Aber, Herr Doktor, ohne Frack! Was wird die Hoheit dazu sagen?« flüsterte der Kammerdiener, der Arzt, berühmt wegen seiner derben Ausdrucksweise, dreht sich ruhig um, nach Hause zu gehen. »Aber die Hoheit!« jammerte der Kammerdiener. »Seien Sie unbesorgt,« ruft im Weggehen der Doktor, »ich werde meinen neuen Frack schicken, vielleicht verschreibt der ein gutes Rezept!« Meldung Überholmanöver fordert eine Verletzte Kurzer Bericht Am Mittwochabend ist es auf der Uznacherstrasse zwischen Rapperswil und Schmerikon zu einer Streifkollision mit einem Leichtverletzten gekommen. Es entstand ein Sachschaden von mehreren zehntausend Franken. Laut einer Mitteilung der Kantonspolizei St.Gallen überholte ein 20Jähriger bei der Fahrt in Richtung Schmerikon bei Bollingen zwei Autos. Bei einer SKurve wurde das Auto auf die Gegenfahrbahn geschleudert. Während der erste entgegenkommende Fahrer einer Kollision noch entgehen konnte, in dem er in eine Hecke fuhr, streifte das zweite Auto das Fahrzeug des 20jährigen und kam auf der angrenzenden Wiese zum Stillstand. Dabei wurde die 46 jährige Beifahrerin des zweiten entgegenkommenden Autos leicht verletzt und musste vom Rettungsdienst ins Spital gebracht werden. Beim Unfallverursacher wurde eine Blut und Urinprobe angeordnet. Nebst mehreren Patrouillen der Kantonspolizei St.Gallen wurden zwei Rettungswagen mit Notärzten sowie die Angehörige der Feuerwehr Schmerikon aufgeboten. Reportage Präsens Erlebnisbericht mit detailliertem Inhalt Besuch bei einer alten Dame Von Oliver Gehrs Das Einzige, was Deutschland noch habe, sagt Frau Ochmann, sei die Gemütlichkeit. Und das muss man sagen: Gemütlich ist es bei Frau Ochmann. Und sauber ist es auch, sehr sogar. Ihr Wohnzimmer hat sie selbst pastellgelb gestrichen, auf dem gelben Sofa liegen zwei gelbe Kissen, den Wohnzimmertisch ziert eine gelbe Spitzendecke. Auf dem Teller für den Gast liegen drei gelbe Stücke Sandkuchen, der Kaffee kommt aus einer goldenen Thermoskanne. Sonst liegen auf dem Tisch noch ordentlich aufgefächert: diverse Modehauskataloge, Gutscheine verschiedener Versandhandelshäuser, Familienfotos, Diplome, die Frau Ochmann im Laufe ihres 88jährigen Lebens gemacht hat. „Ich habe alles schwarz auf weiß, sagt sie. Die Wohnung liegt im zehnten Stock eines ziemlich grauen Hochhauses in der Berliner Gropiusstadt, einer Trabantensiedlung mit über 18.000 Wohnungen. Das Straßenbild wird von alten Menschen, Emigranten und Hartzern dominiert, die schon um zwölf vor den niedrigen Kneipen in den Erdgeschossen der Betonklötze sitzen und ordentlich gezapfte Biere trinken. Frau Ochmanns Balkon erkennt man schon von weitem, sie hat ihn gelb angestrichen. Und weil sie im August schon an den nahenden Winter denkt, hat sie die Pflanzen in den Blumenkästen bereits durch Seidenblumen ersetzt. Auch der grüne Sonnenschirm ist bereits ordentlich verstaut. Frau Ochmann kommt aus gutem Haus, wie sie sagt. Ihr Vater hatte vor dem Krieg in Oberschlesien eine Gurken und Krautfabrik. Sie hat sich schon früh sehr für das Geschäft interessiert und war das Lieblingskind ihres Vaters. Er besuchte mit ihr Geschäftskunden, Museen oder Synagogen, wofür sie Hebräisch lernte. Mit 17 musste Frau Ochmann die Firma übernehmen, weil ihr Vater früh starb. Nach dem deutschen Einmarsch in Polen hatte er sich öffentlich über Hitler lustig gemacht und wurde dafür so drangsaliert, dass er einen Schlaganfall bekam, von dem er sich nicht mehr erholte. Bei Kriegsende wurde die Gurkenfabrik und Frau Ochmann erst Kassiererin in einer Gemeinde, dann Buchhalterin im Gesundheitsamt, Hauptbuchhalterin, wie sie sagt. Durch ihren Beruf lernte sie auch ihren Mann kennen, den sie erst gar nicht mochte. Er habe keinen Respekt vor Frauen gehabt, und besonders gebildet sei er auch nicht gewesen. Sie selbst konnte damals schon mehrere Sprachen: Russisch, Polnisch und Deutsch. Weil er aber sehr sauber und ordentlich war, hat sie ihn schließlich doch geheiratet. Und er hatte diesen schönen deutschen Namen: Edward Ochmann. Die Gropiusstadt ist das, was man einen sozialen Brennpunkt nennt. Es gibt immer mal Ärger, Überfälle, Drogendelikte. Vor ein paar Jahren traf es auch Frau Ochmann. Ein 14jähriger türkischstämmiger Junge habe sie geboxt und als deutsche Hure beschimpft. „Das durften schon die Russen oder Polen nicht zu mir sagen. Weil sie eh immer in einer Art Angriffshaltung stehe, sagt sie, sei sie nicht von der Stelle gewichen. „Ich habe ja den schwarzen Gürtel. Die Sache ging dann laut Frau Ochmann so aus, dass sie dem Jungen zwei Zähne ausschlug. Sie trug einen schweren Ring an dem Tag. Seitdem habe sie keinen Ärger mehr mit den Jugendlichen gehabt. Wenn sie davon erzählt, muss Frau Ochmann noch heute kichern. „Ich bin doch viel zu gerissen. Seit den 70erJahren wohnt sie schon dort. 1971 siedelte sie mit ihrem Mann, ihrem Sohn und ihrer Mutter nach Deutschland um. Erst lebten sie dreieinhalb Jahre im Auffanglager Friedland, dann zogen sie nach Westberlin, Lipschitzallee 146, zehnter Stock. Seit 14 Jahren wohnt sie dort allein, ihr Mann starb an Zucker. „Der hat dich eh nur ausgenutzt, habe ihr Sohn gesagt, und da sei schon was dran. Im Grunde habe er nie viel gemacht, vor allem von ihrem Geld gelebt, das sie aus der Textilfabrik mit nach Hause brachte. Handwerkliches Geschick habe er leider auch nicht gehabt. Tapezieren, Malen, Renovieren – das alles hat sie erledigt. „Er hatte leider zwei linke Hände. Man denkt es gar nicht, aber Frau Ochmann hat immer sehr viel zu tun. Derzeit kürzt sie gerade ihre Hosen, weil sie immer kleiner wird. 18 Stück hat sie schon gekürzt, 20 kommen noch an die Reihe. Sie schreibt auch viel: Gedichte („Oh Vaterland, oh Vaterland, du gehst unter durch Politikerhand), vor allem aber Beschwerdebriefe. Einer ging neulich an ARD und ZDF. Darin fragt sie, warum sie Gebühren bezahlen soll, wenn im Fernseher immer nur Flüchtlinge und Islamisten kommen. Und Griechen. Sie sähe gern mal etwas anderes. Ein anderes Schreiben ging an das Modeversandhaus Klingel. Warum es denn in deren Katalogen nicht sechs bis sieben Sonderseiten mit Mode für ältere Damen gebe. Ist ja auch wirklich eine gute Frage. Die Post bekomme bald auch noch eins aufs Dach, sagt sie. Mode ist für Frau Ochmann sehr wichtig. Sie wirft sich gern in Schale. Und sie trägt gern farblich aufeinander abgestimmte Sachen. Manchmal geht sie ganz in Gelb, manchmal ganz in Flieder oder ganz in Türkis. Vieles näht sie selbst, zum Beispiel eine Pelerine mit Pelzbesatz, die sie aus einem anderen Mantel herausgetrennt hat. „Sehr, sehr elegant, habe ihr neulich ein Mann aus dem fünften Stock hinterhergerufen, ein Familienvater um die 40, der sie beim nächsten Mal sogar gefragt habe, ob sie mit ihm schlafen würde. „Aus dem Alter bin ich schon lange raus. Da muss der noch zehnmal geboren werden, sagt Frau Ochmann. Aber schmeichelhaft ist es natürlich schon. Dass man vom Fußboden essen kann, ist ja meist nur so ein Spruch. Bei Frau Ochmann aber stimmt es ganz bestimmt. Der Laminatboden glänzt, die Arbeitsplatte in der Küche auch. Im Schlafzimmer, wo sogar der Heizkörper rosa gestrichen ist, hängen die Complets fein säuberlich am Schrank. Bügel nach rechts heißt, dass sie es schon mal getragen hat, Bügel nach links bedeutet: frisch. Dieses System hat sich bewährt. Jeden Mittwoch kommt ihr Sohn, der in einem Hochhaus um die Ecke wohnt, zum Mittagessen. Ihre Enkeltochter kommt auch manchmal, aber Frau Ochmann lässt sie nur rein, wenn sie nicht ganz in Schwarz kommt. „Sie kleidet sich zu sehr nach dem poppigen System, findet Frau Ochmann. Komisch sei auch, dass ihre Enkelin Koreanisch studiert – sie hätte sie lieber beim BKA gesehen und in der CDU. Und warum dauert das überhaupt so lange mit dem Studium? Vier Jahre schon. „So eine Sprache hat man doch nach einem halben Jahr gelernt. Mit ihrer polnischen Schwiegertochter kann sie leider auch nicht viel anfangen, die könne weder richtig Deutsch noch richtig Polnisch. „Was soll ich mit der reden? Was gibt es noch zu Frau Ochmann zu sagen? Sie hat genau ein Buch im Wohnzimmer. „Deutschland schafft sich ab von Thilo Sarrazin. Sie nimmt für ihr Gesicht nur Wasser, nie Creme und ist erstaunlich faltenfrei. Und wenn sie sich selbst beschreiben soll, sagt sie: „Ich bin eine alte Deutsche. Ode An die Parzen Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, Dass williger mein Herz, vom süssen Spiele gesättiget, dann mir sterbe. Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht; Doch ist mir einst das Heilge, das am Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen, Erhabenes, feierliches Gedicht Willkommen dann, Stille der Schattenwelt! Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel Mich nicht hinab geleitet; Einmal Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht. Friedrich Hölderlin Sage kurzer Text mit übernatürlichen Elementen Das schwere Kind Im Jahr 1686, am 8. Juni, erblickten zwei Edelleute auf dem Wege nach Chur in der Schweiz an einem Busch ein kleines Kind liegen, das in Linnen eingewickelt war. Der eine hatte Mitleiden, ließ seinen Diener absteigen und das Kind aufheben, damit man es ins nächste Dorf mitnehmen und Sorge für es tragen könnte. Als dieser abgestiegen war, das Kind angefaßt hatte und aufheben wollte, war er es nicht vermögend. Die zwei Edelleute verwunderten sich hierüber und befahlen dem andern Diener, auch abzusitzen und zu helfen. Aber beide mit gesamter Hand waren nicht so mächtig, es nur von der Stelle zu rücken. Nachdem sie es lange versucht, hin und her gehoben und gezogen, hat das Kind anfangen zu sprechen und gesagt: »Lasset mich liegen, denn ihr könnt mich doch nicht von der Erde wegbringen. Das aber will ich euch sagen, daß dies ein köstliches fruchtbares Jahr sein wird, aber wenig Menschen werden es erleben.« Sobald es diese Worte ausgeredet hatte, verschwand es. Die beiden Edelleute legten nebst ihren Dienern ihre Aussagen bei dem Rat zu Chur nieder.