Arbeitsblatt: Descartes' Rationalismus

Material-Details

Eine Einführung in Descartes' Rationalismus mit Gegenüberstellung zur Hirnforschung, Vertiefungsaufträgen und Lösungen
Deutsch
Lesefertigkeit
11. Schuljahr
4 Seiten

Statistik

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834
5
19.08.2018

Autor/in

Thomas Reichmuth
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Positionen in der Erkenntnistheorie René Descartes: Rationalismus Aber was nun, da ich annehme, dass mich irgendein höchst mächtiger und, wenn man so sagen darf, böswilliger Betrüger mit Fleiss, soviel er nur konnte, in allem getäuscht hat? Kann ich etwa behaupten, dass ich auch nur das Geringste von all dem besitze, von dem ich eben sagte, es gehöre zur Natur des Körpers? Ich richte meine Aufmerksamkeit darauf, denke nach, überlege noch einmal: Nichts fällt mir ein; und ich werde müde, immer dasselbe vergeblich zu wiederholen. Was aber besitze ich von dem, was ich der Seele zuschrieb? Sich-Ernähren oder Bewegen? Da ich ja nun keinen Körper haben, sind auch das nichts als Fiktionen. Empfinden? Auch das geschieht ja nicht ohne Körper, und sehr vieles schien ich im Schlaf zu empfinden, von dem ich danach bemerkte, dass ich es nicht empfunden hatte. Denken? Hier finde ich es: Das Denken ist es; dieses allein kann von mir nicht losgelöst werden. Ich bin, ich existiere; das ist gewiss. Wie lange aber? Offenbar solange ich denke; denn vielleicht könnte es auch geschehen, dass ich, wenn ich mit jedem Denken aufhörte, sofort ganz und gar aufhörte zu sein. Ich gebe jetzt nichts zu als das, was notwendigerweise wahr ist; ich bin also genau nur eine Sache, die denkt, das heisst Geist, Seele, Verstand oder Vernunft – Worte deren Bedeutung mir früher unbekannt waren. Ich bin aber eine wahre und wahrhaftig existierende Sache. Was für eine Sache? Ich sagte es: eine denkende. Aus der zweiten Meditation (Sechster Abschnitt), aus: Meditationen über die Erste Philosophie, Andreas Schmidt (Hrsg.), 2004, 77 f. Später ergänzt Descartes in Sachen Betrügergott: „Täusche mich, wer es vermag! Das wird er doch niemals zuwege bringen, dass ich nichts bin, solange ich denke, ich sei etwas. Auftrag: Erklären Sie in eigenen Worten, worüber der Betrügergott Descartes nicht täuschen kann und warum ( also, was ganz sicher ist). Ist Descartes‘ Argument überzeugend? Prechts Antwort Descartes‘ rationalistische Erkenntnistheorie kann aus verschiedenen Perspektiven kritisiert werden. Einerseits lassen sich gegen das „Ich denke, also bin ichArgument verschiedene Einwände vorbringen. Andererseits setzt sich die moderne Philosophie – beeinflusst von Erkenntnissen der Hirnforschung – kritisch mit Descartes‘ Ich-Verständnis auseinander, wie Richard David Precht schildert. Der Satz ‚Ich denke, also bin ich, so berühmt er auch ist, hat leider einen unangenehmen Beigeschmack. Denn er sagt nicht allein, dass ich nur mit Hilfe des Denkens von mir und meinem Dasein weiss. Er legt auch nahe, dass Denken und das Bewusstsein vom Denken die eigentlichen Grundlagen des Seins sind. Und da dieses Denken streng losgelöst vom Körper stattfinden soll, unterstreicht dieser Satz die radikale Trennung von spirituellem Geist und biologischem Körper. Das, was [Descartes] damals zu Papier brachte, kann kein Hirnforscher heute noch unterschreiben: ‚Ich erkannte, dass ich eine Substanz sei, deren ganze Wesenheit oder Natur bloss im Denken bestehe und die zu ihrem Dasein weder eines Ortes bedürfe noch von einem materiellen Dinge abhänge, so dass dieses Ich, das heisst die Seele, wodurch ich bin, was ich bin, vom Körper völlig verschieden ist und auch ohne Körper nicht aufhören wird, alles zu sein, was sie ist. Wäre das richtig, dann wäre der Geist ein Gespenst in einer Maschine. Aber es ist falsch. Denn es gibt keinen getrennten und unabhängigen Ort namens ‚Geist im Gehirn. Das wäre in etwa so unsinnig, als wenn wir glauben würden, es gäbe einen Ort namens ‚Universität getrennt und unabhängig von Gebäuden, Strassen, Rasenflächen und Menschen. Dagegen weiss die Hirnforschung heute, dass sich weder die Gefühle noch die höchsten geistigen Tätigkeiten vom Aufbau und der Arbeitsweise des biologischen Organismus trennen lassen. [] So weit der moderne Hirnforscher aus Boston. Doch sein nun arg ramponierter Vorgänger aus dem Dreissigjährigen Krieg hat noch ein letztes As im Ärmel. Hat der Hirnforscher tatsächlich die Frage beantwortet: Woher weiss ich, wer ich bin? Um festzustellen, wie mein Gehirn funktioniert, und um zu beschreiben, wie meine Sinne und meine Nervenzellen mir ein Bild von mir selbst zuspiegeln, muss ich diese Gedanken denken. Alle diese Dinge, so real sie sein mögen, sind also zunächst einmal Gedanken und Vorstellungen in meinem Kopf! So gesehen ist also doch etwas dran am Satz: „Ich denke, also bin ich. Man sollte ihn aber besser nicht so verstehen, dass mein Denken mein Sein ausmacht, das es also allein aufs Denken und auf nichts anderes ankommt. Das ist falsch. Aber wenn ich sage, dass einzig und allein mein Denken mir eine Vorstellung von meinem Sein gibt – dann ist der Satz richtig! Es gibt also zwei ganz verschiedene Zugänge zu meinem Sein. Ich kann bei meinem Denken anfangen und fragen, woher meine Gewissheiten kommen. Dies ist der Weg des Descartes und mit ihm der Weg der neuzeitlichen Philosophie. Der Weg der Selbstbeobachtung hat sie weit gebracht, er hat sie zu einer sehr reflektierten Betrachtungsweise geführt, die alle Behauptungen über die Welt auf ihre subjektiven Ursprünge zurückführt und überprüft. Als wissenschaftliche Erkenntnistheorie allerdings ist dieser Weg an seine Grenzen gestossen. Aufregendes Neuland lässt sich hier kaum noch erschliessen. Der zweite Zugang untersucht den Menschen so, als ob es auf den Betrachter selbst und seine ganz persönlichen Wahrnehmungen und Gedanken dabei gar nicht ankommt. Das ist der Weg der modernen Naturwissenschaften. Er ist weniger reflektiert, aber er gewinnt zurzeit überall spannendes Terrain. Die Art der Erkenntnis, die beide Wege vermitteln, könnte also verschiedener kaum sein. Richard David Precht (2007): Wer bin ich und wenn ja, wie viele? München: Goldmann, S. 57-60. Was ist das „Ich? 1. Fassen Sie auf der nächsten Seite innerhalb der Vorlage die Texte von Descartes und Precht mittels eines fiktiven Streitgespräches zusammen. Streitgespräch zwischen Descartes und Precht Man muss alles bezweifeln, ausser dass es ein denkendes Subjekt gibt. Ich denke, also bin ich. 2. Erklären Sie den Einwand gegen Descartes‘ Ich-Verständnis anhand der Universitäts-Metapher, die Precht verwendet. (Eine Metapher ist ein „Übertragung, etwas wird im übertragenen Sinn gemeint) 3. Beschreiben Sie die beiden unterschiedlichen „Zugänge zu meinem Sein. 4. Wir stellen mit Descartes‘ Ich-Verständnis und das gegenteilige IchVerständnis (z.B.) der Hirnforschung einander gegenüber. Wie positionieren Sie sich selber in dieser Diskussion? Descartes (1) Was bildet die Grundlage meines Ichs? (2) Wie verhalten sich mein Geist und mein Körper zueinander? (3) Wie werden die Positionen zu (1) und (2) begründet? Hirnforschung Meine Meinung