Arbeitsblatt: Sagen/Legenden, Märchen und Fabeln.

Material-Details

Sagen/Legenden, Märchen und Fabeln.
Deutsch
Vorlesen / Vortragen / Erzählen
7. Schuljahr
11 Seiten

Statistik

186376
720
19
26.01.2019

Autor/in

Simon T.
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Name: Fabel Märchen Sage/Legende Diese Textsorte handelt von frei erfundenen Geschichten ohne Ort- und Zeitangaben. Der typische Aufbau, mit Mangel und Not zu Beginn und einem Happy End und Lösung zum Ende der Geschichte, wobei meist das Gute gegen das Böse gewinnt, lässt schnell auf diese Textsorte schliessen. Diese Textsorte handelt von frei erfundenen Geschichten, die von einem Konflikt handeln. Sie enthalten zudem eine belehrende Moral/Lebensweisheit (bsp. Gier, Unfairness) enthalten. Tiere ersetzen in den kurzen Geschichten die Menschen als Charaktere. Diese Textsorte berichtet von aussergewöhnlichen Ereignissen, die in der Vergangenheit stattgefunden haben. Die Geschichte handeln von wahren Begebenheiten, Ereignissen und Personen, wurden jedoch zusätzlich ausgeschmückt. Eine Maus schloss zu ihrem Verderben mit einem Frosche Freundschaft und lud ihn zum Male ein. Der Frosch band den Fuss der Maus an seinen eigenen an, und so gingen sie zuerst zu einem Orte, wo viele Speisen vorhanden waren. Der Frosch stillte hier seinen Hunger und beschloss, die Maus, da er ihr gutes Leben beneidete, zu verderben. Als sie bald darauf an den Rand eines Sees kamen, zog er sie in das Wasser. . Es war einmal ein Königssohn, der hatte eine Braut und hatte sie sehr lieb. Als er nun bei ihr saß und ganz vergnügt war, da kam die Nachricht, daß sein Vater todkrank läge und ihn noch vor seinem Ende zu sehen verlangte. Da sprach er zu seiner Liebsten: Ich muß nun fort und muß dich verlassen, da geb ich dir einen Ring zu meinem Andenken. Wann ich König bin, komm ich wieder und hol dich heim. Da ritt er fort, und als er 1 Name: bei seinem Vater anlangte, war dieser sterbens krank und dem Tode nah. . In den Höhlen des Pilatus wohnten vor Zeiten überall kleine Wildmannen. Bei schönem Wetter zogen sie aus und stiegen bis in das Tal hinab, um den Bauern beim Heuen zu helfen. Wenn der Abend nahte, riefen sie sich zu: „Es will Abend werden und eilten hurtig davon. War das Wetter windig, sah man sie nicht. . 1. Sage/Legende Sagen und Legenden handeln von wahren Begebenheiten, Ereignissen und Personen, wobei die Geschichte zusätzlich ausgeschmückt wurde. Die Erzählungen berichten von aussergewöhnlichen Ereignissen und Begebenheiten, die in der Vergangenheit stattgefunden haben. Fabelwesen können dabei ein Teil der Geschichte sein, wie dies beispielsweise bei der Sage/Legende «der Drachenstein» der Fall ist. Liess die Sage/Legende «Der Drachenstein» nochmals aufmerksam durch und löse anschliessend die untenstehenden Aufgaben. Der Drachenstein «Im Jahre 1421 war der Sommer brennend heiss. Damals war ein Bauer in Rothenburg mit all seinen Leuten auf den Wiesen am Heuen. Bald nach Mittag, als die Sonne am stärksten brannte, sah er über sich in der Luft einen scheusslichen Drachen dahinziehen. Der Drache kam von der Rigi her und flog gegen den Pilatus. Er verbreitete flammendes Feuer und einen schrecklichen Gestank. Das Untier senkte sich so nahe zum Erdboden nieder, dass der Bauer ohnmächtig zusammensank. Als er sich wieder erholt hatte, blickte er um sich und sah auf dem Boden etwas Eigenartiges liegen. Sicher hatte es der Drache auf die Erde fallen lassen. Vorsichtig ging der Bauer auf dieses unförmige Etwas zu. Der Drache etwas ausgestossen, das wie geronnenes Blut aussah. Der Bauer berührte ihn mit einem Stock und breitete das Ding, das wie Sulze aussah, auseinander. Da fand er darin einen Drachenstein. Von der Kraft des Drachensteines ist viel gesprochen worden. Wer ihn berührte, wurde von Krankheiten geheilt. Er ist schön glatt und rund, mit wunderlichen Flecken geziert, und wiegt ungefähr 250 Gramm. Dem Bauern, der den Stein fand, und seinen Nachkommen, wurde für diesen Stein viel Geld angeboten. Selbst Kaiser und Könige wollten den Stein als Wunder der Natur in ihre Schatzkammern aufnehmen. Noch heute wird er im Naturmuseum Luzern Aufgabe 1: Streiche alle möglichen wahren Begebenheiten, Orte und Personen in der Geschichte mit einem Leuchtstift an (bsp. Pilatus). Farbe: 2 Name: Aufgabe 2: Streiche mit einer zweiten Farbe, Teile der Sage/Legende an, von denen du denkst, dass sie nicht wahr sind und frei erfunden hinzugefügt wurden (bsp. Drache). Farbe: Aufgabe 3: Du wurdest beauftragt, das Titelbild für das demnächst erscheinende Buch «Die sagenumwobene Geschichte vom Drachenstein» zu zeichnen. Male in den untenstehenden Kasten, wie dein passendes Titelbild aussieht. 3 Name: 2. Märchen Bei Märchen handelt es sich um frei erfundene Geschichten ohne Ortund Zeitangaben, die oftmals bekannte und wiederkehrende Sätze, wie «Es war einmal .» oder «und wenn sie nicht gestorben sind, dann .» beinhalten. Märchen haben einen typischen Aufbau, mit Mangel und Not zu Beginn und einem Happy End und Lösung zum Ende der Geschichte, wobei meist das Gute gegen das Böse gewinnt. In Märchen sind zudem alle Naturgesetze ausser Kraft gesetzt. Fabelwesen und Tiere können sprechen und Menschen können spezielle Fähigkeiten Aufgabe 1: Sicher kennst du verschiedene Märchen oder hast schon einmal davon gehört. Nutze den untenstehenden leeren Kasten und schreibe alles hinein, was du bereits zu Märchen kennst (Welche Märchen es gibt, welche Märchen du kennst, was Märchen sind, was Märchen speziell macht, etc.): Märch 4 Name: Lest euer zugeteiltes Märchen in Einzelarbeit ruhig durch und streicht wichtige Textpassagen mit einem Leuchtstift an. Löse anschliessend Aufgabe 1 in Einzelarbeit und Aufgabe 2 und 3 in Partnerarbeit. Aufgabe 2: Fasse dein Märchen in fünf bis sieben passenden Sätzen zusammen. Titel Märchen: Aufgabe 3: Erzählt euch abwechslungsweise euer Märchen ohne auf den Text schauen zu müssen. Im Notfall könnt ihr eure kurze Zusammenfassung als Hilfe nehmen. Aufgabe 4: Vergleicht nun eure Märchen. Gibt es Gemeinsamkeiten bezüglich Aufbau, Charaktere und Inhalt? Begründet eure Antwort. 5 Name: 3. Fabel Bei Fabeln handelt es sich ebenfalls um frei erfundene Geschichten, die von einem Konflikt handeln. Diese sind oftmals sehr kurz und die Handlung bereits zu Beginn der Erzählung voraussehbar. Fabel beinhalten ein belehrende Moral/Lebensweisheit (bsp. Gier, Unfairness). Bei den Hauptprotagonisten handelt es sich um Fabelwesen, Tiere und Pflanzen, die sprechen können und denen menschliche Eigenschaften zugewiesen werden. Der Fuchs ist Liess die Fabel «Die Schildkröte und der Hase» von Äsop in Einzelarbeit aufmerksam durch und löse anschliessend die untenstehenden Aufgaben. Die Schildkröte und der Hase (nach Äsop) «Eine Schildkröte wurde wegen ihrer Langsamkeit von einem Hasen verspottet. Trotzdem wagte sie es, den Hasen zum Wettlauf herauszufordern. Der Hase ließ sich mehr aus Scherz als aus Prahlerei darauf ein. Es kam der Tag, an dem der Wettlauf stattfinden sollte. Das Ziel wurde festgelegt und beide betraten im gleichen Augenblick die Laufbahn. Die Schildkröte kroch langsam und unermüdlich. Der Hase dagegen legte sich mit mächtigen Sprüngen gleich ins Zeug, wollte er den Spott für die Schildkröte doch auf die Spitze treiben. Als der Hase nur noch wenige Schritte vom Ziel entfernt war, setzte er sich schnaufend ins Gras und schlief kurz darauf ein. Die großen Sprünge hatten ihn nämlich müde gemacht. Doch plötzlich sah sich der Hase vom Jubel der Zuschauer geweckt, denn die Schildkröte hatte gerade das Ziel erreicht und gewonnen. Der Hase musste zugeben, dass das Vertrauen in seine Schnelligkeit ihn so leichtsinnig Aufgabe 1: Notiere dir passende Adjektive, die die Eigenschaften/Charakter der beiden Hauptfiguren beschreiben. Schildkröte Hase Aufgabe 2: Beschreibe mit eigenen Worten den Konflikt zwischen den Tieren. 6 Name: Aufgabe 3: Fabeln beinhalten ein belehrende Moral/Lebensweisheit (bsp. Gier). Steckt eine Moral/Lebensweisheit in dieser Geschichte? Und wenn ja, welche? Begründe deine Antwort: Aufgabe 4: Tiere und Pflanzen die in Fabeln vorkommen haben menschliche Eigenschaften und handeln wie Menschen. In den untenstehenden Liste findest du verschiedene Tiere. Versuche den Tieren passende Charaktereigenschaften zuzuordnen. Tier Charaktereigenschaften Katze Wolf Löwe Hase Gans Esel Fuchs 7 eigensinnig/egoistisch gefährlich hinterhältig stur Name: Hahn Mein persönliches Übersichtsblatt – Sagen/Legenden, Märchen und Fabeln Diese Textsorte. handelt von wahren Begebenheiten, Ereignissen, Orten und/oder Personen. enthält Fabelwesen. vermittelt eine Moral/Lebensweisheit. erzählt vom Guten, das meist gegen das Böse gewinnt. enthält Pflanzen und Tiere als Hauptcharakteren. ist frei erfunden. handelt von einem Konflikt. hat ein Happy End und Lösung am Ende der Geschichte. handelt von aussergewöhnlichen Ereignissen, welche ausgeschmückt wurden. handelt von Not und Mangel zu Beginn der Geschichte. hat keine Ort- und Zeitangaben. stellt menschliche Charakterzüge durch Tiere dar. erzählt von Geschichten, in denen Menschen mit Fabelwesen/Tieren sprechen können. erzählt von Geschichten, in denen Menschen zaubern können. 8 Sage/ Legende Märchen Fabel Name: DieBremer Stadtmusikanten Es hatte ein Mann einen Esel, der schon lange Jahre die Säcke unverdrossen zur Mühle getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da dachte der Herr daran, ihn aus dem Futter zu schaffen, aber der Esel merkte, daß kein guter Wind wehte, lief fort und machte sich auf den Weg nach Bremen; dort, meinte er, könnte er ja Stadtmusikant werden. Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte wie einer, der sich müde gelaufen hat. Nun, was jappst du so, Packan? fragte der Esel. Ach, sagte der Hund, weil ich alt bin und jeden Tag schwächer werde, auch auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein Herr wollen totschlagen, da hab ich Reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot verdienen? Weißt du was? sprach der Esel, ich gehe nach Bremen und werde dort Stadtmusikant, geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen. Ich spiele die Laute und du schlägst die Pauken. Der Hund war zufrieden, und sie gingen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg und macht ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Nun, was ist dir in die Quere gekommen, alter Bartputzer? sprach der Esel. Wer kann da lustig sein, wenn einem an den Kragen geht, antwortete die Katze, weil ich nun zu Jahren komme, meine Zähne stumpf werden, und ich lieber hinter dem Ofen sitze und spinne, als nach Mäusen herumjagen, hat mich meine Frau ersäufen wollen; ich habe mich zwar noch fortgemacht, aber nun ist guter Rat teuer: wo soll ich hin? Geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden. Die Katze hielt das für gut und ging mit. Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an einem Hof vorbei, da saß auf dem Tor der Haushahn und schrie aus Leibeskräften. Du schreist einem durch Mark und Bein, sprach der Esel, was hast du vor? Da hab ich gut Wetter prophezeit, sprach der Hahn, weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie dem Christkindlein die Hemdchen gewaschen hat und sie trocknen will; aber weil morgen zum Sonntag Gäste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen und hat der Köchin gesagt, sie wollte mich morgen in der Suppe essen, und da soll ich mir heut abend den Kopf abschneiden www.grimmstories.com 9 lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals, solang ich kann. Ei was, du Rotkopf, sagte der Esel, zieh lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas Besseres als den Tod findest du überall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musizieren, so muß es eine Art haben. Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle vier zusammen fort. Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tag nicht erreichen und kamen abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen großen Baum, die Katze und der Hahn machten sich in die Äste, der Hahn aber flog bis an die Spitze, wo es am sichersten für ihn war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach allen vier Winden um, da deuchte ihn, er sähe in der Ferne ein Fünkchen brennen, und rief seinen Gesellen zu, es müßte nicht gar weit ein Haus sein, denn es scheine ein Licht. Sprach der Esel: So müssen wir uns aufmachen und noch hingehen, denn hier ist die Herberge schlecht. Der Hund meinte: Ein paar Knochen und etwas Fleisch dran täten ihm auch gut. Also machten sie sich auf den Weg nach der Gegend, wo das Licht war, und sahen es bald heller schimmern, und es ward immer größer, bis sie vor ein helles, erleuchtetes Räuberhaus kamen. Der Esel, als der größte, näherte sich dem Fenster und schaute hinein. Was siehst du, Grauschimmel? fragte der Hahn. Was ich sehe? antwortete der Esel, einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken, und Räuber sitzen daran und lassen sich wohl sein. Das wäre was für uns, sprach der Hahn. Ja, ja, ach, wären wir da! sagte der Esel. Da ratschlagten die Tiere, wie sie es anfangen müßten, um die Räuber hinauszujagen und fanden endlich ein Mittel. Der Esel mußte sich mit den Vorderfüßen auf das Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken springen, die Katze auf den Hund klettern, und endlich flog der Hahn hinauf, und setzte sich der Katze auf den Kopf. Wie das geschehen war, fingen sie auf ein Zeichen insgesamt an, ihre Musik zu machen: der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte. Dann stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein, daß die Scheiben klirrten. Die Räuber fuhren bei dem entsetzlichen Geschrei in die Höhe, meinten nicht anders, als ein 1 Name: 10 Name: Gespenst käme herein, und flohen in größter Furcht in den Wald hinaus. Nun setzten sich die vier Gesellen an den Tisch, nahmen mit dem vorlieb, was übriggeblieben war, und aßen nach Herzenslust. Wie die vier Spielleute fertig waren, löschten sie das Licht aus und suchten sich eine Schlafstelle, jeder nach seiner Natur und Bequemlichkeit. Der Esel legte sich auf den Mist, der Hund hinter die Tür, die Katze auf den Herd bei der warmen Asche, der Hahn setzte sich auf den Hahnenbalken, und weil sie müde waren von ihrem langen Weg, schliefen sie auch bald ein. Als Mitternacht vorbei war und die Räuber von weitem sahen, daß kein Licht mehr im Haus brannte, auch alles ruhig schien, sprach der Hauptmann: Wir hätten uns doch nicht sollen ins Bockshorn jagen lassen, und hieß einen hingehen und das Haus untersuchen. Der Abgeschickte fand alles still, ging in die Küche, ein Licht anzünden, und weil er die glühenden, feurigen Augen der Katze für lebendige Kohlen ansah, hielt er ein Schwefelhölzchen daran, daß es Feuer fangen sollte. Aber die Katze verstand keinen Spaß, sprang ihm ins Gesicht, spie und kratzte. Da erschrak er gewaltig, lief und wollte zur Hintertüre hinaus, aber der Hund, der da lag, sprang auf und biß ihn ins Bein, und als er über den Hof an dem Miste vorbeikam, gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem Hinterfuß; der Hahn aber, der vom Lärmen aus dem Schlaf geweckt und munter geworden war, rief vom Balken herab: Kikeriki! Da lief der Räuber, was er konnte, zu seinem Hauptmann zurück und sprach: Ach, in dem Haus sitzt eine greuliche Hexe, die hat mich angehaucht und mit ihren langen Fingern mir das Gesicht zerkratzt. Und vor der Tür steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen. Und auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungetüm, das hat mit einer Holzkeule auf mich losgeschlagen. Und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, der rief: Bringt mir den Schelm her! Da machte ich, daß ich fortkam. Von nun an getrauten sich die Räuber nicht weiter in das Haus, den vier Bremer Musikanten gefiel aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten. *** www.grimmstories.com 11 2 Name: orindeund oringel Es war einmal ein altes Schloß mitten in einem großen dicken Wald, darinnen wohnte eine alte Frau ganz allein, das war eine Erzzauberin. Am Tage machte sie sich zur Katze oder zur Nachteule, des Abends aber wurde sie wieder ordentlich wie ein Mensch gestaltet. Sie konnte das Wild und die Vögel herbeilocken, und dann schlachtete sie, kochte und briet es. Wenn jemand auf hundert Schritte dem Schloß nahe kam, so mußte er stillestehen und konnte sich nicht von der Stelle bewegen, bis sie ihn lossprach; wenn aber eine keusche Jungfrau in diesen Kreis kam, so verwandelte sie dieselbe in einen Vogel und sperrte sie dann in einen Korb ein und trug den Korb in eine Kammer des Schlosses. Sie hatte wohl siebentausend solcher Körbe mit so raren Vögeln im Schlosse. Nun war einmal eine Jungfrau, die hieß Jorinde; sie war schöner als alle andere Mädchen. Die und dann ein gar schöner Jüngling namens Joringel hatten sich zusammen versprochen. Sie waren in den Brauttagen, und sie hatten ihr größtes Vergnügen eins am andern. Damit sie nun einsmalen vertraut zusammen reden könnten, gingen sie in den Wald spazieren. Hüte dich, sagte Joringel, daß du nicht so nahe ans Schloß kommst. Es war ein schöner Abend, die Sonne schien zwischen den Stämmen der Bäume hell ins dunkle Grün des Waldes, und die Turteltaube sang kläglich auf den alten Maibuchen. Jorinde weinte zuweilen, setzte sich hin im Sonnenschein und klagte: Joringel klagte auch. Sie waren so bestürzt, als wenn sie hätten sterben sollen; sie sahen sich um, waren irre und wußten nicht, wohin sie nach Hause gehen sollten. Noch halb stand die Sonne über dem Berg, und halb war sie unter. Joringel sah durchs Gebüsch und sah die alte Mauer des Schlosses nah bei sich; er erschrak und wurde todbang. Jorinde sang: Mein Vöglein mit dem Ringlein rot singt Leide, Leide, Leide: es singt dem Täubelein seinen Tod, singt Leide, Lei zicküth, zicküth, zicküth. Joringel sah nach Jorinde. Jorinde war in eine Nachtigall verwandelt, die sang zicküth, zicküth. Eine Nachteule mit glühenden Augen flog dreimal um sie www.grimmstories.com 12 herum und schrie dreimal schu, hu, hu, hu. Joringel konnte sich nicht regen. Er stand da wie ein Stein, konnte nicht weinen, nicht reden, nicht Hand noch Fuß regen. Nun war die Sonne unter; die Eule flog in einen Strauch, und gleich darauf kam eine alte krumme Frau aus diesem hervor, gelb und mager: große rote Augen, krumme Nase, die mit der Spitze ans Kinn reichte. Sie murmelte, fing die Nachtigall und trug sie auf der Hand fort. Joringel konnte nichts sagen, nicht von der Stelle kommen; die Nachtigall war fort. Endlich kam das Weib wieder und sagte mit dumpfer Stimme: Grüß dich, Zachiel, wenn Möndel ins Körbel scheint, bind lose Zachiel, zu guter Stund. Da wurde Joringel los. Er fiel vor dem Weib auf die Knie und bat, sie möchte ihm seine Jorinde wiedergeben, aber sie sagte, er sollte sie nie wiederhaben, und ging fort. Er rief, er weinte, er jammerte, aber alles umsonst. Uu, was soll mir geschehen? Joringel ging fort und kam endlich in ein fremdes Dorf; da hütete er die Schafe lange Zeit. Oft ging er rund um das Schloß herum, aber nicht zu nahe dabei. Endlich träumte er einmal des Nachts, er fände eine blutrote Blume, in deren Mitte eine schöne große Perle war. Die Blume brach er ab, ging damit zum Schlosse: alles, was er mit der Blume berührte, ward von der Zauberei frei; auch träumte er, er hätte seine Jorinde dadurch wiederbekommen. Des Morgens, als er erwachte, fing er an, durch Berg und Tal zu suchen, ob er eine solche Blume fände; er suchte bis an den neunten Tag, da fand er die blutrote Blume am Morgen früh. In der Mitte war ein großer Tautropfe, so groß wie die schönste Perle. Diese Blume trug er Tag und Nacht bis zum Schloß. Wie er auf hundert Schritt nahe bis zum Schloß kam, da ward er nicht fest, sondern ging fort bis ans Tor. Joringel freute sich hoch, berührte die Pforte mit der Blume, und sie sprang auf. Er ging hinein, durch den Hof, horchte, wo er die vielen Vögel vernähme; endlich hörte er. Er ging und fand den Saal, darauf war die Zauberin und fütterte die Vögel in den siebentausend Körben. Wie sie den Joringel sah, ward sie bös, sehr bös, schalt, spie Gift und Galle gegen ihn aus, aber sie konnte auf zwei Schritte nicht an ihn kommen. Er kehrte sich nicht an sie und ging, besah die Körbe mit den Vögeln; da waren aber viele hundert Nachtigallen, wie sollte er nun seine Jorinde 1 Name: wiederfinden? Indem er so zusah, [merkte er,] daß die Alte heimlich ein Körbchen mit einem Vogel wegnahm und damit nach der Türe ging. Flugs sprang er hinzu, berührte das Körbchen mit der Blume und auch das alte Weib nun konnte sie nichts mehr zaubern, und Jorinde stand da, hatte ihn um den Hals gefaßt, so schön, wie sie ehemals war. Da machte er auch alle die andern Vögel wieder zu Jungfrauen, und da ging er mit seiner Jorinde nach Hause, und sie lebten lange vergnügt zusammen. *** www.grimmstories.com 13 2