Arbeitsblatt: Deutsch - Schreiben

Material-Details

Ein Buch schreiben - So geht das!
Deutsch
Texte schreiben
8. Schuljahr
7 Seiten

Statistik

186854
460
1
13.02.2019

Autor/in

Nina Schenker
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Ein Buch schreiben: So fängt man an. 1. Der Plot Will man ein spannendes Buch schreiben, so braucht man einen guten Plot. Das ist der Handlungsverlauf eines Romans, der sich aus allen Ereignissen einer Geschichte ergibt. Das wichtigste Grundprinzip eines spannenden Plots: Kausalität. Das heißt, alle Ereignisse eines Plots sollten kausal zusammenhängen. In einer guten Geschichte passiert nichts, was sich nicht aus dem Vorhergehenden ergibt. Einzige Ausnahme: der Einstieg. Das erste Ereignis in einem Buch kann rein zufällig sein. Doch es sorgt dafür, dass alle darauffolgenden Ereignisse ins Rollen kommen – deshalb wird es auch auslösendes Ereignis genannt. Das auslösende Ereignis steht zu Beginn einer Geschichte und setzt alles Darauffolgende in Gang. Das ist ganz ähnlich wie beim Dominoeffekt: Der erste Stein fällt und reißt alle nachfolgenden Steine mit. Für einen guten Unterhaltungsroman ist die Kausalität des Plots die wichtigste Basis. 2. Der Hauptkonflikt Bevor man beginnt, das Buch zu schreiben, sollte man die Handlung der Geschichte in einem Satz zusammenfassen. Das hilft, die wichtigsten Geschehnisse trotz vieler kreativer Einfälle nicht aus dem Auge zu verlieren. Doch der Satz sollte nicht nur eine Zusammenfassung der Geschichte sein, er sollte auch den Hauptkonflikt enthalten. In jedem Buch finden sich eine Menge Konflikte, doch der Hauptkonflikt gibt den rote Faden vor. Betrachten wir zum Beispiel den Roman „Das Parfum von Patrick Süskind. So könnte die Geschichte in einem Satz lauten: Ein Mann ohne Eigengeruch und mit genialem Geruchssinn will sich aus dem Geruch junger Frauen ein Parfum machen, das ihn liebenswerter macht. Der Satz fasst zwar das Buch zusammen, doch der Hauptkonflikt fehlt. Mit anderen Worten: Wo ist in dieser Geschichte das Problem? Das, was sie erst so richtig spannend macht? Hier die Zusammenfassung in einem Satz inklusive Hauptkonflikt: Ein Mann ohne Eigengeruch und mit genialem Geruchssinn ermordet junge Frauen und macht aus ihnen ein Parfum, das ihn liebenswerter machen soll. In der zweiten Version ist klar, woraus sich in diesem Buch die Spannung ergibt, wo das größte Konfliktpotenzial liegt: Die Hauptfigur des Romans ist ein Mörder. Damit ist klar, dass er eine Menge Ärger am Hals hat. Im Buch ordnen sich alle Ereignisse und Szenen diesem Hauptkonflikt unter – das ist der rote Faden der Geschichte. Bevor man anfängt das Buch zu schreiben, formuliert man am besten eine Zusammenfassung der Geschichte in einem Satz. Die Zusammenfassung sollte so einfach wie möglich sein. Wird der Satz zu kompliziert, dann ist vielleicht auch die Geschichte zu kompliziert. Geübte AutorInnen kriegen das in den Griff, doch mit weniger Übung könnte das schwierig werden. 3. Die Dramatik Ein Unterhaltungsroman besteht aus einer Reihe von Ereignissen. In der Planungsphase sollte man sich die wichtigsten Ereignisse und Wendepunkte des Plots zurechtlegen. Der Hauptkonflikt in einem Satz gibt vor, welche Ereignisse zur Geschichte gehören und welche nicht. Ist der Handlungsverlauf soweit klar, dann sollte er einen guten Spannungsbogen kriegen: Der Plot braucht eine innere Dramatik. Diese entsteht dadurch, dass sich die Ereignisse allmählich zuspitzen. Um einen guten Spannungsbogen für sein Buch hinzukriegen, kann man mit Dramenmodellen arbeiten. Das einfachste Dramenmodell ist der Dreiakter, der auf Aristoteles zurückgeht. Bis heute wird der Dreiakter für die Dramatisierung von Drehbüchern und Romanen eingesetzt. 1. Akt Zu Beginn steht ein auslösendes Ereignis und die ersten sich allmählich steigernden Ereignisse. 2. Akt Die Ereignisse spitzen sich immer weiter zu – bis sie schließlich in einem Höhepunkt gipfeln, der meist eine dramatische Wende für den Handlungsverlauf mit sich bringt. 3. Akt Im letzten Akt folgt eine Kette von besonders dramatischen Ereignissen und dann der Schluss. Der Schluss muss die logische Folge der vorhergehenden Geschehnisse sein. Je weniger Zufall im Spiel ist, desto mehr Drama. Bevor man anfängt, das Buch zu schreiben, formuliert man am besten vier Sätze: Satz Satz Satz Satz 1: 2: 3: 4: Zusammenfassung der Geschichte inklusive Hauptkonflikt. Auslösendes Ereignis und erster Akt. Zweiter Akt mit Höhepunkt ( Wendepunkt). Dritter Akt mit finalem Kampf (Show-Down) und Schluss. Und hier der Dreiakter im Bild: Das auslösende Ereignis bringt die ganze Geschichte in Gang. Danach sollten sich die Ereignisse allmählich zuspitzen und auf einen Höhepunkt zusteuern, der eine dramatische Wende bringt. Danach spitzen sich die Ereignisse weiter zu, dann folgt meist ein finaler Kampf (Show-Down) und der Schluss. 4. Die Figuren Spannende Bücher brauchen interessante Figuren. Um das hinzukriegen, entwickelt man die Hauptfiguren für sein Buch dreidimensional. Das heißt, die Figuren brauchen ein prägnantes Äußeres (1. Dimension), sie haben ein psychologisches Profil (2. Dimension) und ein soziales Profil (3. Dimension). Interessante Figuren sollten außerdem etwas Außergewöhnliches haben. Etwas, das sie aus der Masse hervorhebt: ein außergewöhnliches Hobby oder außerordentliche Charakterzüge oder eine außergewöhnliche Lebensgeschichte oder etwas anderes Einzigartiges. Am leichtesten gelingen spannende Figuren, wenn man ihnen einen ungewöhnlichen Wunsch mitgibt und den starken Willen, sich diesen Wunsch zu erfüllen – gegen alle Hindernisse. Viele AutorInnen schreiben Bücher, die 300 Seiten und mehr haben. Dann muss man das Interesse am Schicksal der Figur über viele Seiten aufrechterhalten. Verfolgt die Hauptfigur unbeirrt ein bestimmtes Ziel, so bleiben die LeserInnen bis zum Schluss dran um herauszufinden, ob die Figur es am Ende schafft. 5. Die Spannung Die Basis für gute Spannung Plant man ein spannendes Buch zu schreiben, dann sind ein dramatischer Plot und interessante Figuren eine solide Basis für gute Spannung. Das Wichtigste: Plot und Figuren müssen gut zusammenpassen. Zum Beispiel in einer Liebesgeschichte: Die Geschichte führt den Helden auf ein Segelboot, obwohl er nie schwimmen gelernt hat. Um sich vor seiner großen Liebe nicht zu blamieren, schweigt er eisern und lässt sich scheinbar entspannt aufs offene Meer hinaussegeln. Draußen kentert das Schiff. Durch einen unglücklichen Zufall wird seine große Liebe ohnmächtig, geht über Bord und droht zu ertrinken. Da Plot und Figuren gut zusammenpassen, wissen wir als LeserInnen zu diesem Zeitpunkt längst, dass unser Held nicht schwimmen kann und panische Angst vor dem Wasser hat. Da entsteht die Spannung schon aus der ganz banalen Frage: Wie schafft er es, seine große Liebe zu retten? Ausbau des Spannungsbogens Der Spannungsbogen kann noch weiter ausgebaut werden durch zahlreiche Konflikte. Die sorgen dafür, dass der Held eine Menge Probleme am Hals hat: er kämpft gegen die Natur, einen mächtigen Gegner (Antagonisten) oder sich selber. Zurück zu unserem Beispiel: Das Schiff kentert. Es ist stürmisch und dunkel. Der Held klammert sich verzweifelt an ein Wrackteil und rudert mit Armen und Beinen, um seine große Liebe vor dem Ertrinken zu bewahren. Diese treibt ohnmächtig in ihrer Schwimmweste auf den Wellen. Dann verhakt sich ein Wrackteil in einer Naht und die Schwimmweste verschwindet im dunklen Wasser – die Ohnmächtige droht unterzugehen. Der Held ist noch zu weit weg, um sie festhalten zu können. Doch er kann nicht schwimmen – wird er es trotzdem schaffen, sie zu retten? Unterstützung des Spannungsbogens Um ein spannendes Buch hinzukriegen, sollte man diese Grundspannung durch viele weitere Faktoren unterstützen. Zum Beispiel sorgt man beim Schreiben dafür, dass sich die Ereignisse überschlagen – je kürzer die dramatischen Geschehnisse getaktet sind, desto rasanter das Tempo und desto mehr Spannung baut sich auf. Außerdem ergeben sich weitere Spannungsmomente durch Missverständnisse, Rätsel, Geheimnisse und eine zeitliche Begrenzung. Auch der Schreibstil kann den Spannungsbogen unterstützen, beispielsweise durch eine knappe, gehetzte Erzählweise. 6. Das Thema Gute und spannend erzählte Bücher haben oft ein Thema, um das sich alles dreht. Auf diese Weise wird das Erzählte intensiver. Zum Beispiel „Das Parfum von Patrick Süskind. Alles in dieser Geschichte dreht sich um Geruch und Tod. Schon auf der ersten Seite klingt das Thema an: „Zu der Zeit, von der wir reden, herrschte in den Städten ein für uns moderne Menschen kaum vorstellbarer Gestank. Es stanken die Straßen nach Mist, es stanken die Hinterhöfe nach Urin, es stanken die Treppenhäuser nach fauligem Holz und nach Rattendreck, die Küchen nach verdorbenem Kohl und Hammelfett. Und „am allerstinkendsten Ort des gesamten Königreichs wird die Hauptfigur Jean-Baptiste Grenouille geboren: „Es war einer der heißesten Tage des Jahres. Die Hitze lag wie Blei über dem Friedhof und quetschte den nach einer Mischung aus fauligen Melonen und verbranntem Horn riechenden Verwesungsbrodem in die benachbarten Gassen. Grenouilles Mutter stand, als die Wehen einsetzten, an einer Fischbude in der Rue aux Fers und schuppte Weißlinge, die sie zuvor ausgenommen hatte. Die Fische, angeblich erst am Morgen aus der Seine gezogen, stanken bereits so sehr, daß ihr Geruch den Leichengeruch überdeckte. (Zitate aus Patrick Süskind, Das Parfum, Die Geschichte eines Mörders. Diogenes Taschenbuch 1994, Seite fünf und sieben). Die Zusammenfassung in einem Satz inklusive Hauptkonflikt zeigt, dass „Geruch und Tod bereits in der Grundkonstellation der Geschichte angelegt ist: Ein Mann ohne Eigengeruch und mit genialem Geruchssinn ermordet junge Frauen und macht aus ihnen ein Parfum, das ihn liebenswerter machen soll. Aber auch im Handlungsverlauf und bei vielen anderen Details des Romans spielen „Geruch und Tod eine wesentliche Rolle. Auf diese Weise zieht sich das Thema durch alle Ebenen der Geschichte. Ein Thema trägt dazu bei, das Erzählte zu verdichten und auf diese Weise zu intensivieren. 7. Show dont tell Das Prinzip „Show dont tell gilt derzeit als eine der wichtigsten Empfehlungen beim Bücherschreiben überhaupt. Dieses Prinzip unterscheidet zwei Arten von Erzählweisen: narrativ und szenisch. Beim narrativen Erzählen werden die Geschehnisse beschrieben. Beim szenischen Erzählen werden die Ereignisse „gezeigt durch Dialoge und Handlungen. Wir schildern bildhaft, was wir vor unserem inneren Auge sehen, damit die Geschehnisse lebendiger werden. Das szenische Schreiben gelingt, wenn wir alle fünf Sinne ansprechen: Wir beschreiben, was die Figuren in der Geschichte hören, was sie sehen, riechen, schmecken und fühlen. Das Ziel ist, dass bei den LeserInnen eine bildhafte Vorstellung von dem Geschehen entsteht. Klassische Beispiele für die narrative Erzählweise sind Märchen wie Hänsel und Gretel. Hier ein Beispiel, wie sich der Unterschied bemerkbar macht. So klingt es narrativ: Hänsel und Gretel verirrten sich im Wald. Dort war es dunkel und kalt, und sie fürchteten sich sehr. So klingt es szenisch: Gretel zitterte und ihr blasses Gesicht hob sich von den nachtschwarzen Baumstämmen ab. „Ich bin müde, flüsterte sie. Hänsel wischte sich mit dem Handrücken die Nase. „Wir müssen weiter, drängte er. (Das Beispiel verdanke ich meiner Kollegin Simone Harland und dem Autorenforum Montségur.) Wesentlicher Bestandteil des szenischen Erzählens sind Dialoge. Aber es kommen noch viele weitere Elemente hinzu, insbesondere bildhafte Schilderungen von Schauplätzen, Figuren und Handlungen. 8. Die Dialoge Man könnte meinen, das Wichtigste am Dialog ist, was gesprochen wird. Doch das Gegenteil ist der Fall: Dialoge leben vor allem von dem, was nicht ausgesprochen wird. Der häufigste Anfängerfehler: Die Figuren reden zu viel. Zurück zu unserem Beispiel von Hänsel und Gretel. Hier wird zu viel geredet: Gretel zitterte und ihr blasses Gesicht hob sich von den nachtschwarzen Baumstämmen ab. „Es ist so kalt hier und wir wissen doch gar nicht, wo wir sind. Außerdem bin ich müde, flüsterte sie. Hänsel wischte sich mit dem Handrücken die Nase. „Bald ist es Mitternacht und wenn wir nicht schnell den Weg nach Hause finden, müssen wir im Wald übernachten. Dort sind wir den wilden Tieren ausgeliefert. Wir haben keine Zeit, wir müssen weiter, drängte er. Und so klingt die wortkarge Version: Gretel zitterte und ihr blasses Gesicht hob sich von den nachtschwarzen Baumstämmen ab. „Ich bin müde, flüsterte sie. Hänsel wischte sich mit dem Handrücken die Nase. „Wir müssen weiter, drängte er. Spannende Dialoge entstehen erst durch Überarbeitung. Steckt man mitten im Schreibprozess, dann schreibt man Dialoge am besten so, wie einem die Worte gerade in den Sinn kommen. Diese erste Version sollte man später überarbeiten: Damit es unterhaltsamer und spannender wird, hilft es oft, die Sätze in direkter Rede soweit zu kürzen, dass sie gerade noch verständlich sind. Den LeserInnen reichen meist schon wenige Worte, um einer Geschichte folgen zu können. Alles, was darüber hinausgeht, wird oft als langweilig empfunden. Natürlich gibt es richtig gute Bücher mit wortreichen Dialogen. Aber es braucht eine Menge Erfahrung, um ausführliche Dialoge zu schreiben, die nicht langweilen. Deshalb ist es zu Beginn einfacher, Dialoge knapp zu halten. 9. Das Gefühl In der Musikszene ist es längst bekannt und wir ZuschauerInnen wissen es spätestens seit „The Voice of Germany: Beim Singen geht ohne Gefühl nichts. Und beim Malen und Schreiben ist es nicht anders: Nur wenn man sein eigenes, echtes Gefühl in ein kreatives Werk hineingibt, wird es richtig gut. Warum das so ist? Weil wir Menschen sehr feine Antennen für die Gefühle anderer haben. Weil wir merken, ob ein Lied, ein Bild oder eine Geschichte menschliche Gefühle transportiert. Drückt ein kreatives Werk echte Gefühle aus, reagieren wir mit eigenen Gefühlen darauf – wir sind berührt und das Werk hinterlässt einen tiefen Eindruck bei uns. Doch wie kommen meine Gefühle in das Buch, das ich schreibe? Wenn ich eine Szene schreiben will, dann tauche ich in die Geschehnisse ein, ganz tief, bis ich das fühle, was die Personen in meiner Szene empfinden – das, was ich gerade beschreiben möchte. Erst dann schreibe ich das Ganze auf – aus meinen eigenen, echten Gefühlen heraus. 10. Ein guter Schreibstil Die schwierigste Frage zum Schluss: Was macht einen guten Schreibstil aus? Und wie komme ich dahin? Da hilft nur eines: Ausprobieren. Viel schreiben. Herausfinden, womit man sich wohlfühlt. Zu Beginn kann man sich an dem orientieren, was man selber gerne liest. Eine gute Übung ist es, wenn man seinen eigenen Text immer wieder aufs Neue schreibt in unterschiedlichen Schreibstilen: mal als Comic, mal wie Kafka, mal wie Rowling und mal wie ein Heftroman. So kann man die Unterschiede besser erkennen und lernt, die Sprache bewusst einzusetzen. Vorsicht ist geboten mit Metaphern und Adjektiven. Viele tolle Bücher sind gespickt davon, doch andere werden dadurch unleserlich. Denn Metaphern und Adjektive sind wie das Salz in der Suppe: Mit Bedacht eingesetzt sind sie wundervoll, aber eine kleine Prise zu viel reicht schon, um das Ganze ungenießbar zu machen.