Arbeitsblatt: Die Outsider

Material-Details

Lektüre: Die Outsider
Deutsch
Leseförderung / Literatur
8. Schuljahr
16 Seiten

Statistik

210302
95
4
01.09.2024

Autor/in

Hani Valdrina
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Lesen in der Schule mit Ein Unterrichtsmodell für die Klassen 8 bis 10 Thematik • • • • • Jugendgangs Cliquen – Außenseiter Wert- und Moralvorstellungen Bedeutung von Familie Suche nach Vorbildern und Helden Erarbeitet von: Wilfried Wittstruck (Februar 1999/2010) LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 1 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Lesen in der Schule mit Herausgegeben von dtv junior und Cathrin Zeller-Limbach Prof. Dr. Wilfried Wittstruck lehrt an der Universität in Vechta im Institut für Anglistik und Germanistik mit dem Schwerpunkt Literaturwissenschaft und Fachdidaktik. Seine Arbeitsgebiete sind u. a. die Gegenwartsliteratur einschließlich der Kinder- und Jugendliteratur und ihre Didaktik. In der Reihe LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR hat er bereits mehrere Unterrichtsmodelle verfasst. Susan E.Hinton: ›Die Outsider‹ Aus dem Amerikanischen von Andreas Steinhöfel 138 Seiten dtv pocket 78169 ISBN 978-3-423-78169-5 Euro 6,95 (D) Mehr zum Buch und Leseprobe, s. Februar 1999 überarbeitet Juli 2010 www.dtv.de/lehrer Deutscher Taschenbuch Verlag Alle Rechte vorbehalten LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 2 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Zum Text 5 Didaktische Überlegungen 7 Methodische Anregungen: Unterrichtsprojekt 9 1. Außenseiter – Annäherung an einen Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2. Die Greaser als ›Außenseiter‹? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3. Ponyboy – ein ›Außenseiter unter Außenseitern‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4. Die Gang – Ersatz für Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 5. Die Gang – Normen und Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 6. »Greaser« und »Socs« – Gefühlskälte oder Gefühlsüberschwang? . . . . . . . . . . 14 7. Der Film – Die Besetzung der Rollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Literatur 16 LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 3 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Prof. Dr. Wilfried Wittstruck Unterrichtsmodell (8.–10. Klasse) zu Susan E. Hinton: ›Die Outsider‹ Aus dem Amerikanischen von Andreas Steinhöfel dtv pocket 78169 Vorbemerkung ›Greaser‹ und ›Socs‹ – zwei Jugendgruppen stehen im Mittelpunkt von Hintons Jugendroman. Darry Curtis und seine Brüder Sodapop und Ponyboy gehören zu den Greasern, den Jungen mit der ›Pomade‹ im Haar, zu den Underdogs aus dem ärmlichen Norden der Stadt Tulsa, Oklahoma. Sie liegen in permanenter Fehde mit den Socs, den ›Socials‹, den Kindern der Reichen aus dem Süden. Eine dieser Auseinandersetzungen nimmt einen dramatischen Verlauf. Um seinen Freund Ponyboy, den einige Socs ertränken wollen, zu retten, ersticht Johnny den Soc Bob. Auf der Flucht werden die beiden Greaser zu Helden. Sie retten Kinder aus einer brennenden Kirche – Johnny stirbt später an seinen Brandverletzungen; wie ein Testament hinterlässt er seinen Freunden seine Erkenntnis auf einem Stück Papier: »Es gibt immer noch jede Menge Gutes in der Welt.« LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 4 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Zum Text Das Buch enthält die (fiktiven) Aufzeichnungen des vierzehnjährigen Ich-Erzählers Ponyboy Curtis. Ponyboy hatte einen Schulaufsatz, eine Jahresarbeit, anzufertigen über ein Wahlthema. »Was auch immer dir wichtig genug erscheint, um etwas darüber zu schreiben. Und es wird nichts aus Büchern zusammengeschrieben; ich will deine eigenen Ideen und deine eigenen Worte«, hatte der Englischlehrer zu ihm gesagt (S. 222). Und so liegt ein authentisches Jugendbuch vor – von einer seinerzeit sechzehnjährigen Jugendlichen verfasst, von einem jugendlichen Erzähler als Protagonisten mitgeteilt, die Lebenswelten von vielen Jugendlichen berührend: 1. Es ist ein Buch über die Suche nach Identität: Junge Menschen suchen in der Gruppe und in Auseinandersetzung mit ihr Identität und Profil, Rückversicherung und Kraft; die Gruppe sucht ihrerseits Identität als Gruppe in der Gesellschaft in Auseinandersetzung mit anderen Gruppen. Ponyboys Aufzeichnungen enthalten – direkt formuliert oder nur ›angetippt‹ – Fragen, die für viele Jugendliche bedeutsam sind und ihrem Wunsch nach geistiger, seelischer, körperlicher und sozialer Verortung entspringen: Wer bin ich? Wer sind wir (als soziale Schicht, Klasse, Gruppe, Bande, Gang)? Was unterscheidet mich von anderen innerhalb und außerhalb meiner Gruppe? Warum bin ich der, der ich bin? Wie bin ich der geworden, der ich bin? Was wäre, wenn .? Diese Fragen drücken den Zweifel an erfahrenen Lebensformen, an erstrebtem und erreichtem Lebensinhalt und Lebenssinn aus; sie kommen zum Ausdruck insbesondere, wenn Vertreter der verfeindeten Gruppen außerhalb der gewaltbestimmten Situationen aufeinander treffen – und zwar in Gestalt der nachdenklicheren und gefühlsoffeneren Jugendlichen Cherry, Randy und Ponyboy. Auch diese Jugendlichen haben die Erfahrung gemacht, dass materielle Werte eine entscheidende Ordnungs- und Definitionsmacht haben, dass Geld (ihre) Zugehörigkeit zu sozialen Klassen festlegt; sie sehen aber, dass es darüber hinaus andere, immaterielle und gruppenübergreifende Werte gibt. 2. Es ist ein Buch über Gefühle, vor allem über das Verbergen und Aufdecken von Ängsten: Ponyboy und Johnny, die jüngsten Greaser, sprechen offen über ihre Angst vor dem Alleingelassenwerden, die Angst vor den Bedrohungen durch ältere, stärkere und in der Überzahl auftretende Socs (S. 11, 68), über Angst vor dem Sterben allgemein (S. 161) und sie haben blanke Todesangst (S. 13, 50 f., 215). Dagegen ist die Angst der in ihrer Gruppe als besonders cool geltenden Greaser nur ganz selten sichtbar; sie blitzt aber, auch zur Überraschung der Jüngeren, unerwartet auf: »Das also war seine heimliche Angst – noch einen Menschen, den er liebte, zu verlieren. Ich dachte daran, wie nahe er und Dad sich gestanden hatten, und fragte mich, wie ich ihn je für hart und gefühllos hatte halten können. Ich lauschte seinem Herzschlag unter dem T-Shirt [.].« (S. 133) Es überrascht Ponyboy allerdings auch, dass es lebensbedrohende Situationen gibt, in denen er selbst keine Angst hat. Als er die Kinder aus der brennenden Kirche rettet, spürt er keine Angst; wohl auch deshalb nicht, weil er jetzt aus eigenem Willen handelt und sich nicht ausgeliefert fühlt. 3. Es ist ein Buch über Sehnsüchte: Unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse ist der tiefe Wunsch, einen Platz zu finden, der ohne Vorbehalte dauerhaft Geborgenheit und das Gefühl des ›Verwahrtseins‹ gibt (vgl. S. 133: Ponyboy fällt Darry nach der Rettungsaktion in der Kirche um den Hals: »[.] und wusste, dass jetzt alles in Ordnung käme. Ich hatte einen weiten Umweg gemacht, aber jetzt war ich, endlich und für immer, nach Hause gekommen.«). Mächtig ist ebenso der Wunsch nach innerem und äußerem Frieden: »Irgendwo muss es doch einen Ort ohne Greaser und Socs geben, mit einfach nur Leuten. Mit stinknormalen Leuten [.] Ich wollte raus aus der Stadt und fort von all dem Rummel. Ich wollte einfach unter einem Baum liegen und ein Buch lesen oder ein Bild malen, ohne mir Sorgen darum zu machen, überfallen und aufgemischt zu werden, oder ein Messer mit mir herumzuschleppen [.]« (S. 68) Die Jungen spüren, dass es für sie noch etwas jenseits des an Vorbildern und Idolen (vgl. S. 7: »Ich sähe gern aus wie Paul Newman – er sieht knallhart aus, ganz im Gegensatz zu mir .«; S. 122: »Hätte Dally mit Ja geantwortet, wäre Johnny ohne zu zögern zurück in die Kirche gegangen. Er ging davon aus, dass Dally weitaus mehr Erfahrung als er selbst hatte, und was Dally sagte, war Gesetz.«) entwickelten Lebenssinns, Draufgänger und cool zu sein, gibt. LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 5 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. 4. Es ist ein Buch über die Entstehung von Gewalt aus der Angst vor sozialer Niederlage und aus der Erfahrung dieser Niederlage: Die Greaser erleben dadurch, dass sie Greaser sind, permanent Bedrohung und Einschränkung: mangelnder Erfolg in der Schule, unzureichende soziale Anerkennung, Versagensängste, Angst vor der Zukunft, Angst, ausgelacht und verachtet zu werden, bedingen Minderwertigkeitsgefühle; dieses alles verhindert die Entwicklung eines ›marktgängigen‹ Selbstbewusstseins. Zusammen mit einem mangelhaften Schuldbewusstsein sind spektakuläre ›Inszenierungen‹ und auf Nervenkitzel ausgerichtete Aktivitäten die Folge. Dahinter steht oft die Suche nach Ansehen und Wichtigkeit; und überdies lässt sich so Angst verleugnen und das Einsamkeitsgefühl vermeiden. Selbst- und Fremdzerstörung werden gleichermaßen ignoriert: »Er [Dally] machte gern allen und jedem klar, dass Regeln und Vorschriften für ihn nicht galten. Er suchte direkt nach Gesetzen, die er brechen konnte.« (S. 32) LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 6 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Didaktische Überlegungen Für Leserinnen und Leser im Alter der Protagonisten (Klasse 9 /10) könnte der Roman aus verschiedenen Gründen attraktiv sein. Neben dem Buchtitel, der als Teil des Paratextes eine interessierte Fragehaltung erzeugen dürfte, baut bereits der Eingangsabschnitt allein dadurch, dass Einiges im Ungewissen und Ungefähren gelassen wird, eine Neugierhaltung auf. Ein Lesereiz könnte sich mit den ersten Sätzen einstellen: Wer erzählt? Weshalb macht sich der Erzähler Gedanken um seinen Haarschnitt? Warum der Vergleich mit Paul Newman? (Wer ist das überhaupt?) Wer sind die mit Stolz auf Zugehörigkeit genannten ›Greaser‹? Zu erwarten ist, dass im Verlauf der Erzählung diese Informationen nachgetragen werden. Damit Lernende wegen der Offenheit dieses Romananfangs die Orientierung nicht verlieren, sollten sie freilich eine gewisse Fähigkeit besitzen, Vorstellungen auch aufgrund solch wenig geordneter und unspezifischer Textvorgaben hinsichtlich Figuren, Raum und Zeit zu bilden. Und sie sollten auch darin geübt sein, aus dem ›Wie‹ des Erzählens Informationen über den Sprecher zu erschließen. Eine stärkere Eigentätigkeit ist nämlich vonnöten, um beispielsweise zu einer Einschätzung über die Gemütsverfassung des Erzählers zu gelangen. Der Anfang des Romans präsentiert die Erinnerung an ein Geschehen, in das unvermittelt eingeführt wird und das mutmaßlich schon eine gewisse Zeit zurückliegt, denn das gewählte Vergangenheitstempus macht nachträgliches Erzählen deutlich. Mit den ersten Worten des Textes führt sich der Erzähler selbst ein, verschafft sich damit gleichsam Personalität. Er hat in den im Mittelpunkt stehenden Ereignissen offenkundig eine zentrale Rolle gespielt. Aber die Erzählinstanz wird nicht nur körperlich greifbar. Die mit der Ich-Nennung unverhüllt dargebotene Subjektivität fordert zugleich auf zu gewärtigen, dass das Erzählte aus deutlich eingeschränkter Sicht dargeboten werden wird. Der Leser ist aufgrund der früh und markant zum Ausdruck gebrachten Ich-Bezogenheit gut beraten zu prüfen, für wie vertrauenswürdig er diesen Erzähler an dieser Stelle und im weiteren Verlauf der Lektüre halten will. Der Beginn dürfte wie der gesamte Roman geübte Leser nicht überfordern. Für leseschwächere Schüler liegt ein Vorteil der Sprache des vorliegenden Textes darin, dass sie nicht als hochliterarisch und fremd empfunden wird, eher als nahe an der eigenen Sprache. Ein Leseabbruch aus diesem Grund ist nicht zu erwarten. Dennoch bieten sich Chancen für literarisches Lernen. Beispielsweise kann der so genannte ›primacy effect‹ erörtert und gezeigt werden, welche Vorstellungen ein Text bereits früh über den Ich-Erzähler anempfiehlt und wo er Ermessensspielraum eröffnet; im Anschluss wäre zu fragen, ob der erste Eindruck sich im Laufe des weiteren Erzählens verstärkt oder verändert. Dazu bedarf es aber der Anleitung, auf eine Beobachtungsdistanz zu dem Protagonisten und seiner Rede zu gehen. Lernende werden dann erkennen, dass eine Autorin hier darstellt, wie sich ein Jugendlicher gleichsam selbst inszeniert – sie können und sollen sich entsprechend zur (Selbst-)Gestaltung dieser Figur verhalten, somit zu ihrem eigenen Verhalten und Sprechen als Mittel ihrer Konstruktion: Ist für sie der Erzähler als Figur überzeugend? Ist sie übertrieben dargestellt? So lernen sie, das Gemachtsein von literarischen Texten zu verstehen, sie lernen, Wirkungszusammenhänge von Sprache zu erkennen und zu beurteilen. Das wäre dann, was als Erwerb einer Haltung als Konsumenten von literarischen Erzeugnissen bezeichnet werden könnte. Die Schüler können zudem eine weitere wichtige Erfahrung machen: Wenn der Text nicht mehr Autorität sein kann und will (also Offenheit erzeugt), so hat der Leser dadurch Auftrag und Chance, eigene Subjektivität stärker ins Spiel zu bringen, auch, um Vorstellungen von Figuren, Sozialraum und Geschehen auf der Grundlage dessen, was der Text erlaubt, zu ergänzen – und diese Vorstellungen mit anderen Lesern abzugleichen und zu sehen, wo Konsens möglich ist. Auf diese Weise lernen sie sich als Literatur-Rezipienten, mithin als Adressaten und Mitwirkende an und in kultureller Praxis kennen. Denn interessant wird eine gegenstandsorientierte Diskussion im Literaturunterricht, wenn sie sich mit der Frage befasst, ob der Erzähler den Rebellen nur sprachmächtig spielt oder ob er (innerhalb der vorgeführten fiktiven Welt) ›tatsächlich‹ einer ist, ob und wie und mit welchem Nachdruck er Sympathien für die eigene Gang aufbaut, Solidarität erhofft gegenüber der anderen. So wie er sich eingangs präsentiert, könnten sich indes auch jugendliche Leser fragen, wer sich hinter dem recht selbstbewusst räsonierenden Jugendlichen verbirgt. Sie können lernen, dass kritisches Lesen heißen kann, nicht sofort emotional auf Thema und Sprache, die Figuren und ihr Verhalten zu reagieren (als ob mit der Figur LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 7 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. eine reale Person aus ihrer Nachbarschaft zu Wort kommt), sondern zunächst die zum Zweck ihrer Darstellung genutzten Mittel zu bestimmen. Ein Beispiel: Auch die wahrscheinlich rasch geäußerte Mutmaßung, es handele sich um einen männlichen Sprecher, könnte zum Anlass genommen werden, um über Konventionen, Vorurteile sprachlicher und nicht sprachlicher Art und ihrer Entstehung im kulturellen Kontext zu sprechen. Als eine auch späteren Literaturunterricht grundsätzlich bereichernde Erkenntnis könnte verbucht werden, dass und wie sich eine Verschmelzung von literarischer Welt und realer Welt als Konstruktionsleistung des Lesers vollzieht. Noch über 40 Jahre nach seinem Erscheinen trifft das Buch die Erfahrungswirklichkeit vieler Jugendlicher im Alter von 14 bis 16 Jahren: Obwohl es die Leserinnen und Leser sehr schnell in die Handlung ›hineinzieht‹, zieht es sie nicht von ihren Lebenswelten fort; vielmehr schärft es die Wahrnehmung der Alltagsrealität. Es regt an zur Auseinandersetzung mit eigenen Wirklichkeitserfahrungen und denen von Gleichaltrigen. Es ermöglicht und fordert dadurch auch die Reflexion von vorherrschenden und gewünschten Lebensprinzipien und -einstellungen. Im Unterricht könnten insbesondere folgende Diskussionsschwerpunkte gesetzt werden: – ie Konfrontation mit Wert- und Moralvorstellungen widerspiegelnden Ordnungsachsen, die nach dem Muster gut – böse, konform – abweichend errichtet sind und sowohl Integration als auch Ausschluss bewirken können. – Der Umgang mit Gefühlen (Gemeinschaft, Zusammengehörigkeit, Einsamkeit, Angst, Wut, Trauer, Zuneigung) und den Folgen ihres Ausdrucks. – Das Erleben der Notwendigkeit, sich von der Familie abzulösen, bei gleichzeitiger Erfahrung, dass Familie und ihre emotionalen ›Leistungen‹ gebraucht werden. – Die Suche nach Vorbildern und Helden sowie der Wunsch, selbst Held zu sein. Die Erarbeitung des Buches im Unterricht sollte in erster Linie auf der inhaltlichen Ebene geführt werden. Handlung und Charaktere fordern die Jugendlichen auf sich zu positionieren, Sympathien und Antipathien zu verteilen. Sie geben Impulse für die Analyse des Buches (Welcher Art ist die abgebildete soziale Wirklichkeit? Welche Rollen sind von wem besetzt? Nach welchen Gesetzmäßigkeiten und Maximen funktioniert die dargestellte Gesellschaft? Welche Werte werden von wem vertreten, gefordert, gelebt?); sie animieren aber stets und unmittelbar zum Vergleich mit Erfahrungen im eigenen realen Leben (In welchem sozialen Gefüge lebe ich? Wie beurteile ich diese Lebenswelt?), und sie liefern Erörterungsansätze im Zusammenhang der Gestaltung des individuellen Lebensplans (Wie möchte ich, dass mein Leben verläuft? Was bedeutet für mich sinnhaft gelebtes Leben? Was verstehe ich unter geglücktem Leben?). LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 8 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Methodische Anregungen: Unterrichtsprojekt 1. Außenseiter – Annäherung an einen Begriff Mögliche Impulse – Trage in einem Cluster (›Wortschwarm‹) deine Assoziationen zu dem Begriff ›Outsider‹/›Außenseiter‹ zusammen. Außenseiter – ersuche anhand der folgenden Lexikonartikel zu einer Klärung des Begriffs ›Outsider‹/›Außenseiter‹ zu kommen: Artikel »outsider« (in: The Advanced Learner‘s Dictionary of Current English, Oxford University Press 1963, S. 692–693): 1. person who is not, or who is not considered to be, member of group, society etc.; ill-mannered person not socially acceptable. 2. (racing) horse that is thought to have little chance of winning race. Iben, Gerd: Artikel »Randgruppe« (In: Fachlexikon der sozialen Arbeit, hrsg. vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, 3. Aufl. Frankfurt/M. 1993, S. 756): »Es galt zu unterscheiden zwischen freiwilligen oder elitären Randgruppen (Beatniks, Blumenkinder, Sektierer) einerseits und unterdrückten und an den Rand der Gesellschaft gedrängten Gruppen andererseits, die in der Regel stark diskriminiert wurden. Dabei handelt es sich nicht immer um Minoritäten, denn Minoritäten können herrschen und Mehrheiten unterdrückt sein. Die Randgruppen, denen sich Randgruppenarbeit zuwendet, sind Bevölkerungsgruppen, die auf Grund bestimmter Merkmale (Obdachlosigkeit, Straffälligkeit, Behinderung, psychische Erkrankung; ethnische Zugehörigkeit) diskriminiert sind und nur geringe Chancen besitzen, ihre Bedürfnisse und Interessen in dieser Gesellschaft durchzusetzen (soziale Benachteiligung). Sie haben kaum Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungsprozesse und sind von starken Ohnmachtserfahrungen bestimmt. Sie entstehen vor allem in Gesellschaften mit starken Ungleichheiten und Leistungszwängen. Randgruppen haben dann eine Sündenbockfunktion: »Wer keine Miete zahlt, muss ins Obdachlosenasyl.« Damit ist auch ihre gesellschaftliche Funktion umrissen. Sie dienen der Systemstabilisierung, indem sie ein Sammelbecken der Abweichenden und Ausgegliederten darstellen, durch ihre Stigmatisierung abschrecken und damit die Wichtigkeit von Normkonformität unterstreichen. Die Existenz, Quantität und Situation von Randgruppen lassen Rückschlüsse auf den Zustand einer Gesellschaft zu. Sie sind eine permanente Herausforderung für das sozial- und rechtsstaatliche Selbstverständnis.« LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 9 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. 2. Die Greaser als ›Außenseiter‹? Mögliche Impulse: – Fertige eine Art ›Organigramm‹ der Greaser an, das die Namen der Gruppenmitglieder und stichwortartige Angaben über die Beziehungen zwischen ihnen enthält. Welche Typen und Rollen findest du mit wem besetzt? Wer ist Anführer, wer gehört zu den Mitläufern, wer hat eine zentrale Position, wer steht am Rande? – Erörtere, ob es gerechtfertigt ist, die Greaser als ›Outsider‹/›Außenseiter‹ zu bezeichnen. Vergleiche dazu die Lebenswelt der Greaser mit der der Socs. Worauf stützt du deine Zuschreibung? Was ist deine Beurteilungsgrundlage? (Äußeres? Verhalten? Einstellungen? Selbst- und Fremdeinschätzungen?) – Vergleiche die Lebenswelt, in der du augenblicklich lebst, mit den im Buch dargestellten Lebenswelten. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede siehst du? Wie beurteilst du deine Lebenswelt? Kommentar: Die Gruppe der Greaser besteht in der Hauptsache aus: Darrel Curtis (20 Jahre) – Sodapop Curtis (16) – Ponyboy Curtis (14) – Johnny Cade (16) – Steve Randle (17) – Two-Bit Mathews (18) – Dallas Winston (18). Die Jungen nehmen bestimmte Rollen ein: Es gibt »den Kleinen« (Ponyboy Curtis), »den auffälligsten Typen« (Dally Winston), »den größten Witzbold des ganzen Haufens« (Two-Bit Mathews), den »wie ein Filmstar« Aussehenden (Sodapop), den Vorwitzigen (Steve Randle), das »Schlusslicht der Gang«/»das Maskottchen« (Johnny Cade). Der Vorteil einer solchen Rollenbesetzung besteht für die Gruppe darin, dass sie Stabilität und Geschlossenheit gewährleistet. Die Gruppe ›funktioniert‹; sie kann das auch nach außen zeigen. Das Verhalten der Einzelnen ist und bleibt kalkulierbar; jedes Gruppenmitglied kennt seinen Platz und den der anderen in diesem Mikrokosmos. Zum Unterschied zwischen Greasern und Socs: – Im Gegensatz zu den Socs verfügen die Greaser nicht über die gültigen, d. h. allgemein bedeutsamen und wirksamen Statussymbole: »gute Noten, klasse Autos, klasse Mädchen, Madrashemden und Mustangs und Corvairs« (S. 53). – Die Greaser besitzen nicht die über Geld und Statussymbole laufende Definitions- und Zuschreibungsmacht. Sie können nicht zeigen, wie ›man‹ zu sein hat. Sie selbst erleben allein dadurch, dass ihnen diese Macht fehlt, soziale Ächtung; damit fehlt ihnen zugleich auch die Macht, selbst soziale Ächtung zu praktizieren. – Die Greaser entwerfen eine eigene Wert-Norm-Struktur als Orientierungsrahmen (vgl. S. 40f. über den Ehrenkodex der Solidarität in der Gruppe und S. 98: »Unser Haar war der Hammer, wir mussten kaum Pomade reinschmieren. Außerdem zeichnete es uns als Greaser aus – es war sozusagen unser Markenzeichen. Wir waren stolz darauf. Wir konnten uns vielleicht keine Corvairs oder Madrashemden leisten, aber wir konnten uns die Haare wachsen lassen.«). Sie tun dies auch, um aus der Ächtung nicht das Gefühl der totalen Wertlosigkeit und Ohnmacht erwachsen zu lassen. Darüber hinaus gibt ihnen ein Erfolg in den Straßenkämpfen mit den Socs zumindest gelegentlich das Gefühl von Ebenbürtigkeit oder sogar Überlegenheit. – Aber: Einige Greaser unterscheiden sich in ihrem kriminellen Verhalten nicht von den Socs oder den ›Lumpen‹ (vgl. S. 19f. u. 32f. über Dally) – in diesem spezifischen Sinn gibt es sogar so etwas wie eine gruppenübergreifende Außenseiterschaft gegenüber den normsetzenden und -befolgenden Teilen der Gesellschaft. – Eine soziale Etikettierung kann zur Benachteiligung führen, da sie ein ›Um-die-Ecke-Schauen‹ und damit eine Überprüfung des (Vor-)Urteils verhindert: »[.] bestimmt die Hälfte der Verbrechertypen, die ich kenne, sind unter ihrer vielen Pomade total feine Kerle, während ein paar Socs, zumindest soviel ich weiß, richtig abgebrühte Typen sind – aber in der Regel gehen die Leute eben nach dem Äußeren.« (S. 186) LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 10 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. 3. Ponyboy – ein ›Außenseiter unter Außenseitern‹ Arbeitsauftrag: Erläutere, was Ponyboy meint, wenn er von sich sagt: »Für mich war es, als gehörte ich nicht dazu.« Textauszug: »Was Soda gesagt hatte, musste ich erst mal verdauen. Es stimmte. Darry, obwohl er stolz auf seinen Grips war, stand auf alles, wobei man Kraft einsetzte, ob das nun Gewichtheben war oder ein Footballspiel oder Dachdecken. Darry redete nie darüber, aber ich wusste, dass er auf Kämpfe stand. Für mich war es, als gehörte ich nicht dazu. Ich würde zwar nie einem Kampf ausweichen, aber genauso wenig würde ich einem nachlaufen. ›Ich bin mir nicht sicher, ob du bei diesem Kampf dabei sein solltest, Pony‹, sagte Darry langsam. nein, dachte ich ängstlich, ich muss aber dabei sein! Im Moment gab es nichts Wichtigeres in meinem Leben als mitzumachen, wenn die Socs es richtig besorgt bekamen. Also lass bitte nicht zu, dass er mich zu Hause lässt. Ich muss einfach dabei sein! ›Warum denn? Bis jetzt hab ich doch immer mitgemacht, oder?‹ ›Yeah‹, sagte Darry mit einem stolzen Grinsen. ›Für einen Knirps von deiner Größe machst du dich ganz gut. Aber du bist nicht in Form. Du hast abgenommen und bist mir ein bisschen zu blass um die Nase, Kleiner. Außerdem gehst du mit den Nerven zu Fuß.‹« (S. 176) Kommentar: Ponyboy ist ein Beispiel für das Phänomen ›Außenseiter unter Außenseitern‹. Die formale Zugehörigkeit zu einer Gruppe (durch Verwandtschaft, Wohnort, Vorhandensein oder Fehlen von Vermögen/Besitz) verhindert nicht, dass das Gefühl des Ausgeschlossenseins entsteht. Bei Ponyboy verbindet sich der Zweifel, ganz zu einer Gruppe zu gehören, mit der Angst vor zweifachem sozialen Exiliertsein: Er weiß, dass er nicht zu den Socs gehört, und spürt, dass er anders ist als die meisten Greaser. Allerdings ahnt er auch, dass er sein Anderssein in der Gruppe als Exklusivität interpretieren kann: »›Also, dafür bist du aber auch anders als alle anderen aus der Gang. Two-Bit oder Steve oder Darry dürfte ich mit Sonnenaufgängen und Wolken und so absolut nicht kommen. In deren Nähe würde mir nicht mal mehr dieses Gedicht einfallen. Ich meine, die kapieren so etwas einfach nicht. Nur du und Sodapop. Und vielleicht Cherry Valance.‹ Johnny zuckte die Achseln. ›Ja‹, sagte er mit einem Seufzer. ›Ich schätze, wir sind anders als die.‹ ›Sagt wer?‹ Ich blies einen perfekten Rauchring. ›Vielleicht ist es genau umgekehrt.‹« (S. 107f.) Die Erörterung könnte auf die Erkenntnis zuführen, – dass die Gruppe dort wichtig ist, wo sie individuelle Freiheit sichert, – dass Gruppenzugehörigkeit individuelle und auch vom üblichen Gruppenverhalten abweichende Einstellungen und Haltungen keineswegs ausschließen muss, – dass es grundsätzlich notwendig ist, Individualität in Verbundenheit zu entwickeln. 4. Die Gang – Ersatz für Familie Mögliche Impulse – Zeige an ausgewählten Textstellen, welche Bedeutung die Zugehörigkeit zu ihrer Gruppe für die Greaser hat. – Erörtere, ausgehend vom Textauszug Nr. 3 (Seiten 154–155), die Frage, ob und in welcher Hinsicht die Gruppe die Familie ersetzen kann. LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 11 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Textauszüge: Seiten 72–73 »›Ich hab Angst, Johnny.« ›Wovor denn? Mann, du machst mir Angst! Was ist überhaupt passiert? Ich hab dich noch nie dermaßen heulen sehen.‹ ›Tu ich ja auch nicht oft. Es war Darry. Er hat mich geschlagen. Keine Ahnung, was passiert ist, ich hab es einfach nicht mehr ausgehalten, sein Geschrei und wie er mir noch dazu eine gescheuert hat. Ich weiß nicht . manchmal kommen wir prima miteinander aus, und dann geht er mir plötzlich an den Hals oder nörgelt ständig an mir rum. Früher war er ganz anders . da verstanden wir uns ganz gut . bevor Mum und Dad starben. Jetzt kann er mich nicht mehr ausstehen.‹ ›Ich glaube, da ist es mir lieber, wenn mein Alter mich verdrischt‹, seufzte Johnny. ›Da weiß ich wenigstens, wo ich dran bin. Ich marschiere in dieses Haus rein und keiner sagt ein Wort. Ich marschiere wieder raus und keiner sagt ein Wort. Ich bleibe die ganze Nacht über weg und keiner kriegt was mit. Du hast wenigstens Soda. Ich hab niemanden.‹ ›Blödsinn‹, sagte ich, aufgeschreckt aus meinem Elend, ›du hast die ganze Gang. Dally hat dir heute Abend nur deshalb keine verpasst, weil du unser Maskottchen bist. Echt, Johnny, denk mal nach. Du hast die ganze Gang.‹ ›Aber das ist nicht dasselbe, als wenn deine eigene Familie sich um dich kümmert‹, gab Johnny schlicht zurück. ›Das ist einfach nicht dasselbe.‹« Seite 160 »Einen Moment lang lag er schwer atmend da. ›Es steht nicht gut um mich, stimmt‘s, Pony?‹ ›Das wird schon wieder‹, sagte ich mit gespielter Fröhlichkeit. ›Gar keine Frage. Ohne dich kämen wir doch auch überhaupt nicht zurecht.‹ Die in diesem letzten Satz steckende Wahrheit haute mich fast um. Ohne ihn würden wir niemals zurechtkommen. Wir brauchten Johnny ebenso sehr, wie er die Gang brauchte. Und aus demselben Grund.« Seiten 154–155 »›Er ist tot – seine Mutter hatte einen Nervenzusammenbruch. Die haben ihn völlig verdorben. Ich meine, die meisten Eltern wären stolz auf so einen Sohn – gut aussehend und intelligent und alles, aber sie ließen ihm alles durchgehen. Er hat sich auf den Kopf gestellt, damit mal jemand Nein sagte, aber es kam nichts. Sie taten es einfach nicht. Das war alles, was er wollte. Dass jemand Nein zu ihm sagte. Ihn in seine Schranken wies, ihm Grenzen steckte, ihm Halt gab . mehr wollen wir doch alle nicht. Einmal .‹, Randy versuchte zu lächeln, obwohl er den Tränen nahe war, ›einmal kam er völlig abgefüllt nach Hause. Er dachte, sie würden ihm die Hölle heiß machen. Und weißt du, was sie getan haben? Sie machten sich Vorwürfe. Dachten, es läge an ihnen, dass es ihre Schuld wäre, dass sie versagt und ihn dazu getrieben hätten oder so was. Hätte sein Alter ihm in dem Moment einfach eine Abreibung verpasst, nur dieses eine Mal, dann wäre Bob vielleicht noch am Leben.‹« Kommentar: Am Text lässt sich erarbeiten, dass die Zugehörigkeit zu einer Gruppe für den Einzelnen vorteilhaft ist; sie bietet Gemeinschaftserfahrung, Solidarität, Rückhalt, Sicherheit, Heimat, Aufgehobensein, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und kommt damit dem Wunsch der Jugendlichen, notwendig und wichtig zu sein, entgegen. Johnny erhält in der Gruppe schließlich das, wonach er sich immer gesehnt hat – Anerkennung: »›Wir sind mächtig stolz auf dich, Alter.‹ Johnnys Augen leuchteten auf. Dally war stolz auf ihn. Das war alles, was er je gewollt hatte.« (S. 195) LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 12 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Allerdings werden der Gruppe dafür Gegenleistungen geschuldet: Loyalität und Solidarität auch im Fall der kritischen Distanz zu einzelnen Mitgliedern, zeitweilige Unterordnung der individuellen Interessen unter das Gruppeninteresse: »Man steht ein für seine Kumpel, ganz gleich, welchen Mist sie gerade gebaut haben. Wenn man nicht mehr für die anderen einsteht, nicht mehr zusammenhält, sie nicht mehr wie seine Brüder behandelt, dann ist man auch keine Gang mehr. Dann ist man ein Rudel. Ein knurrendes, misstrauisches, zänkisches Rudel, wie die Socs in ihren schicken Clubs, wie die Straßengangs in New York oder die Wölfe in den Wäldern.« (S. 40f.) Den Textauszügen ist zu entnehmen, dass sowohl Johnny als auch Bob eine Grundsehnsucht haben nach einem Platz, an dem ihnen liebende Zuwendung ebenso wie notwendige Versagungen zuteil werden, und zwar weniger durch ein abstraktes (Gruppen-)System vermittelt als durch einzelne, ausschließlich für sie präsente Bezugspersonen. Möglicherweise kann gerade die Familie etwas anbieten, was die Gruppe nicht leisten kann: individuelle Zuwendung auch ohne unmittelbare Gegenleistung. Und zwar auch deshalb, weil in der Regel die Ablösung der Kinder nicht zu fundamentalen Krisen des Systems Familie führt, wird sie doch meistens wechselseitig als notwendig betrachtet, während die Abkehr eines Mitglieds von der Gruppe eher die Stabilität des Ganzen gefährdet, da dieses nur durch den Zusammenschluss ›funktioniert‹. 5. Die Gang – Normen und Prinzipien Arbeitsauftrag: Beschreibe die Einstellung der Greaser zur Anwendung von Gewalt. Textauszug: »›Ein fairer Kampf ist nicht brutal‹, sagte Two-Bit. ›Messer, die sind brutal. Und Ketten und Knarren und Stöcke und mehrere gegen einen. Aber reine Faustkämpfe nicht. Was Besseres zum Dampfablassen gibt es nicht. So ein bisschen um sich schlagen, das ist doch ganz okay. Aber die Socs, die sind brutal. Fallen immer gleich mit der ganzen Horde über einen her und genauso halten sie es bei Prügeleien untereinander. Wir Greaser halten zusammen, normalerweise, aber wenn wir mal Zoff haben, dann heißt es Mann gegen Mann. Und Dally hat Dresche verdient, schließlich muss man für ein paar aufgeschlitzte Reifen verdammt lang arbeiten. Außerdem hat er sich dabei praktisch erwischen lassen, er ist also selber schuld. Wir haben zwei Regeln: zusammenhalten und sich nicht erwischen lassen. Vielleicht wird er zusammengeschlagen, vielleicht auch nicht. Aber deswegen kommt es zwischen uns und Shepards Leuten noch lange nicht zum Krieg. Wenn wir die morgen bräuchten, wären sie trotzdem für uns da. Und würde Tim Dally die Rübe einschlagen und uns morgen um Hilfe bei einer Prügelei fragen, kein Problem. Dally hatte seinen Spaß. Er hat sich erwischen lassen. Er bezahlt dafür. Ganz einfach.‹« (S. 45) Kommentar: Der Textauszug (vgl. auch S. 184ff.) verdeutlicht die grundsätzliche Haltung der Greaser zur körperlichen Auseinandersetzung. Der Kampf Mann gegen Mann wird als Wettkampf gesehen, in dem es Sieger und Verlierer gibt. Er gilt dann als fair, wenn er nach ›den Regeln‹ verläuft, wenn auf Waffen verzichtet und Gerechtigkeit nach dem Talionsprinzip (›Auge um Auge . ‹) gesucht wird. Programmatisch wird aber von Johnny der Kampf zwischen den Gangs als Lebensmaxime verworfen: »›Wir haben gewonnen‹, keuchte Dallas. ›Wir haben die Socs geschlagen. Wir haben sie eingemacht – die lassen sich auf unserem Gebiet nicht mehr blicken.‹ Johnny versuchte nicht einmal ein Lächeln. ›Sinnlos . Kämpfen bringt nichts .‹« (S. 195) LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 13 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Ponyboy macht die Erfahrung, dass bestimmte Situationen (z. B. Selbsterhaltung im Falle von massiven persönlichen Bedrohungen) zu einem von der eigentlichen Einstellung abweichenden Verhalten geradezu zwingen, vgl. S. 65: »›Die hier würde ich niemals benutzen‹, sagte ich und ließ die Flasche fallen. ›Ich könnte niemandem damit etwas tun .‹« mit S. 76: »Ich wünschte mir sehnlichst die abgebrochene Flasche zurück. Denen würde ich schon zeigen, dass ich damit umgehen konnte, wenn ich musste« und S. 223: »›Du hättest die Flasche wirklich benutzt, oder?‹ [.] ›Schätze schon‹, sagte ich mit einem Seufzer.« 6. »Greaser« und »Socs« – Gefühlskälte oder Gefühlsüberschwang? Mögliche Impulse – Was sind Gefühle? Welche kennst du? Wie äußern sie sich? – Überlege, ob und wie Gefühle ›gelernt‹ werden können (oder lässt sich lediglich ›lernen‹, wie man sie anderen mitteilt?). – Welche Belege gibt es im Buch für die Behauptung, dass die Greaser ›zu heftig‹ fühlen? Woran merkt man, dass es ›zu heftig‹ in dem Sinne ist, dass es über ein bestimmtes verträgliches Maß hinausgeht? – Erörtere anschließend die Frage, ob und in welchen Situationen es sinnvoll oder sogar notwendig ist, eine emotionale Disziplin zu zeigen. Wann können Gefühlsausbrüche zu Selbst- und Fremdbeschädigungen/Kränkungen führen? – Nimm dir einige Minuten Zeit. Erinnere dich (still und auch ohne später mit anderen darüber zu sprechen) an Situationen, in denen du Gefühle in besonders heftiger Weise gezeigt hast. Welche Folgen hat das für dich und andere gehabt? Textauszüge: Seiten 54–55 »Ich überlegte, ob es lediglich das Geld war, das uns voneinander trennte. ›Nein‹, sagte Cherry langsam, als ich ihr das vortrug. ›Es ist nicht bloß das Geld. Teilweise schon, aber nicht nur. Ihr Greaser habt ganz eigene Wertvorstellungen. Ihr handelt nach eurem Gefühl. Wir gehen alles viel durchdachter an, kälter, mit weniger Gefühl, eigentlich fast gar keinem. Für uns ist nichts wirklich. Manchmal, wenn ich mit einer Freundin telefoniere, fällt mir aus heiterem Himmel plötzlich auf, was für hohles Zeugs ich ihr erzähle. Ich halte Mitternachtspartys im Fluss wirklich nicht für besonders abgefahren, aber ich schwärme dieser Freundin davon vor, weil wir uns in Wirklichkeit nichts zu sagen haben.‹ Sie lächelte mich an. ›Das habe ich noch nie jemandem erzählt. Ich glaube, außer dir kenne ich keinen, bei dem das ankommt.‹ Und ob sie damit bei mir ankam; weil ich ein Greaser und auch jünger war, vielleicht; vor mir musste sie nicht auf der Hut sein. ›Wir sind wie Hamster im Laufrad‹, sagte sie. ›Wir laufen und laufen und laufen, aber wir fragen nie, wohin. Wir haben mehr bekommen, als wir uns je gewünscht haben, weißt du. Und jetzt gibt es nichts mehr, das wir uns wünschen könnten, aber wir suchen trotzdem danach. Wir suchen nach etwas, um diese Leere in uns auszufüllen, aber wir finden es nicht. Vielleicht würden wir es finden, wenn wir mehr Gefühl zuließen.‹ Das war die Wahrheit. Socs verbargen ihre wahren Gefühle sorgfältig hinter einer Mauer aus Zurückhaltung. Einmal hatte ich sie bei einer Schlägerei untereinander gesehen. Socs prügelten sich sogar auf eine kalte, nüchterne, unpersönliche Art. ›Genau das ist es, was uns trennt‹, sagte ich. ›Nicht Geld, sondern unsere Gefühle – wir empfinden zu heftig und ihr empfindet überhaupt nichts.‹« LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 14 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Seite 120 »Johnny war ein guter Kämpfer und konnte auf cool machen, aber er war sensibel, und für einen Greaser ist das weiß Gott keine hilfreiche Eigenschaft.« Seite 133 »Das also war seine heimliche Angst – noch einen Menschen, den er liebte, zu verlieren. Ich dachte daran, wie nahe er und Dad sich gestanden hatten, und fragte mich, wie ich ihn je für hart und gefühllos hatte halten können.« Seite 137 »Ich zitterte. In meiner Kehle bildete sich ein schmerzender Klumpen und ich hätte am liebsten geweint, aber ein Greaser weint nicht vor Fremden. Manche von uns weinen überhaupt nicht. Dally zum Beispiel und Two-Bit und Tim Shepard – die hatten schon vor langer Zeit vergessen, wie man weint.« Seite 161 »Das Leben auf der Eastside bringt dir bei, deine Gefühle für dich zu behalten. Wenn dir das nicht gelingt, explodierst du.« Kommentar: Ausgehend von dem Gespräch zwischen Cherry und Ponyboy sollte die Behauptung, die Greaser fühlten ›heftiger‹ als die Socs, überprüft werden. Es ist festzuhalten, dass Greaser und Socs gleichermaßen Gefühle haben, dass die Fähigkeit, sie auch zu zeigen, individuell unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Textauszüge belegen, dass sehr wohl auch einzelne Greaser gelernt haben, das ›wahre Ich‹ zu verbergen und dass umgekehrt Randy ein überaus gefühlsoffener Soc ist: »Ich weiß nicht, warum ich dir das überhaupt erzähle. Aber sonst ist keiner da. Meinen Freunden kann ich mit so was nicht kommen, die würden denken, ich hätte sie nicht mehr alle oder ich wäre zum Weichei geworden. Vielleicht ist das sogar so.« (S. 155) Cherrys Zuschreibung bedarf also der Differenzierung: – Es ist problematisch, von den Greasern und den Socs zu sprechen. Sowohl die einen wie die anderen haben Gefühle (Angst, Heimweh, Liebe, Glück, Sorge, Hass, Stolz, Mitleid, Scham); in beiden Gangs gibt es Jungen, die ihre Gefühle hinter einer Panzerung verbergen. – Ob jemand Gefühle zeigt, hängt insbesondere davon ab, welche Erfahrungen sie/er damit gemacht hat. Wenn die Mitteilung von Gefühlen als Schwäche ausgelegt oder gegen den Betreffenden verwendet worden ist, kann dieses in der Folge zu einer rigiden emotionalen Disziplinierung führen. – Gefühlsoffenheit wird eher dem gegenüber gezeigt, der Status, Position, Ansehen nicht gefährden kann (vgl. Cherry, die sich Ponyboy gegenüber öffnet, und Randy, der dem ›Kleinen‹ seine Gefühle mitteilt). 7. Der Film – Die Besetzung der Rollen Mögliche Impulse – Bereite ein Casting für die Besetzung der Rollen für einen Film nach dem Buch vor. Nach welchen Kriterien würdest du die Schauspieler auswählen? – Fertige eine kurze Besprechung zu dem Film ›Die Outsider‹ von Francis Coppola (USA 1983) an. Inwiefern deckt sich deine Beurteilung mit folgenden Äußerungen?  »Ich fand das Buch ganz gut, aber der Film war mir viel zu hektisch und zu schnell. Das Buch war ausführlicher und hat die Gefühle genauer beschrieben. So, dass man sich in die Story hineinversetzen konnte.« (Mädchen, 9. Klasse, Hauptschule) » Ich fand das Buch richtig gut. Als wir es zu Hause lesen sollten, konnte ich es nicht weglegen. Es war ziemlich spannend. Aber der Film war dagegen nicht so gut. Das Buch war einfach besser.« (Mädchen, 9. Klasse, Hauptschule) LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 15 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten. Literatur Gredig, Daniel: Dekadent und gefährlich. Eine Untersuchung zur Struktur von Stereotypen gegenüber sozialen Randgruppen, Weinheim 1994. Helsper, Werner/Müller, Hermann/Nölke, Eberhard/Combe, Arno: Jugendliche Außenseiter. Zur Rekonstruktion gescheiterter Bildungs- und Ausbildungsverläufe, Wiesbaden 1991. Steffe, Alb. Martin: Kurzgeschichten zum Thema»Außenseiter«. Vorschlag für eine Unterrichtsreihe (Der Deutschunterricht 35, 1983, Heft 5, S.103–105). Zeiher, Helga/Büchner, Peter/Zinnecker, Jürgen (Hrsg.): Kinder als Außenseiter? Umbrüche in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Kindern und Kindheit, Weinheim-München 1996. LESEN IN DER SCHULE MIT DTV JUNIOR: Hinton ›Die Outsider‹ 16 Download von eduki.com mit eindeutiger Kennung 93147047. Nur zum Gebrauch im eigenen Unterricht. Weitergabe verboten.