Arbeitsblatt: Der Genozid in Ruanda

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Das Material fasst den Genozid Ruandas zusammen. Am Schluss werden Fragen zum Text gestellt.
Geschichte
Neuzeit
9. Schuljahr
4 Seiten

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17.09.2024

Autor/in

Nicci (Spitzname)
Land: andere Länder
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Imperialismus Arbeitsblatt Völkermord in Ruanda – das Versagen des Westens Seit 1975 gibt es offiziell keine von europäischen Mächten beherrschten Länder in Afrika mehr. Doch in vielen Fällen hinterliessen die Mutterländer ein hochexplosives Gemisch verschiedener ethnischer Gruppen, so auch in Ruanda. Lange Zeit war in Europa wenig bis nichts über Ruanda bekannt. Als die Europäer 1884 in Berlin den afrikanischen Kontinent unter sich aufzuteilen begannen, wusste man nur, dass dort ein mächtiger König herrschte, der den Tutsi angehörte. Dieser liess die Mehrheit der Ackerbauern, die Hutu, für sich arbeiten. Mit dem noch kleineren Nachbarland Burundi wurde Ruanda damals dem deutschen Einflussbereich in Ostafrika zugesprochen, ohne dass der König von Ruanda oder seine Untertanen etwas davon gemerkt hätten. Bis zum Ersten Weltkrieg lebten nie mehr als ein paar wenige Deutsche in Ruanda. Nach dem von Deutschland verlorenen Krieg wurde Ruanda Belgien zugesprochen. Diese hatten aber ebenfalls kein grosses Interesse daran. Sie verliessen sich ganz auf die herrschenden Tutsi. Erst als die Welle der Befreiungsbewegungen Ende der fünfziger Jahre auch Zentralafrika erreichte, forderten die Herrschenden Tutsi die Unabhängigkeit. Beleidigt über so viel Undankbarkeit liessen die Belgier die Tutsi fallen und heizten die ohnehin vorhandene Wut der Hutu wegen der langen Unterdrückung an. So gestärkt kam es 1959 zum Bauernaufstand von damals über zwei Millionen Hutu gegenüber rund 30000 Tutsi. In einer einzigen Gewaltorgie steckten Landarbeiter die Höfe ihrer ehemaligen Herren in Brand, schlachteten Viehherden ab und ermordeten rund 5000 Tutsi. Ungefähr gleich viele Tutsi flohen ausser Landes. Als Ruanda 1962 endlich unabhängig wurde, hatten die Hutu das Sagen und stellten die erste Regierung. Doch ruhig war es in Ruanda trotzdem noch nicht. Die ausser Landes geflohenen Tutsi waren verbittert und sannen auf Rache. Vor allem an den Grenzen schlugen immer wieder Tutsi zu und brannten Hutu-Dörfer nieder. Auch wurden in Uganda viele junge Tutsi militärisch geschult und so bauten die Tutsi nach und nach eine schlagkräftige Armee auf, die RPF (Ruandische Patriotische Front). In der Nacht vom 30. September 1990 brachen sie aus Uganda auf, um in Richtung Kigali zu ziehen. Mit Hilfe von Frankreich gelang es den Hutu, die Tutsi-Armee aufzuhalten. Die Tutsi blieben im Norden Ruandas hängen. Ruanda war ab jetzt ein geteiltes Land. Am 7. April 1994 eskalierte der Konflikt zwischen der Tutsi-Minderheit (15%) und Hutu-Mehrheit (85%) in Ruanda zum grössten Genozid nach dem 2.Weltkrieg. Auslöser für den Völkermord war der Abschuss des Präsidenten-Jets beim Anflug auf den Flughafen der Hauptstadt Kigali am 6.4.1994. Alle Passagiere wurden getötet, darunter auch der Präsident Ruandas, Juvénal Habyarimana, ein Hutu. Die Verantwortlichen für dieses Attentat konnten bis heute nicht sicher ermittelt werden. Vieles spricht dafür, dass nicht Tutsi wie oft behauptet sondern die HutuMilitärführung das Attentat auf den Präsidenten verübte, um sich selbst an die Macht zu putschen und dann freie Bahn zu haben für den Genozid an den Tutsi. Auch die Geschwindigkeit, mit der Kigali von den Regierungssoldaten nach dem Tod des Präsidenten abgeriegelt wurde und mit dem Morden begonnen wurde, spricht für diese These. Von der Regierung wurde jedoch verbreitet, dass das Flugzeug von der FPR abgeschossen worden sei. Dadurch wurde der Hass gegen die Tutsi noch gesteigert. Bereits am 11.1.1994 hatte General Roméo Dallaire, Kommandeur der UNBlauhelme in Ruanda, in einem Telegramm an die UN in New York eindringlich vor dem geplanten Völkermord gewarnt und Hilfe angefordert. Doch die zuständige Abteilung für Friedensmissionen, damals geleitet von Kofi Annan später sogar UN-Generalsekretär, verweigerte die notwendige Intervention. Annan empfahl stattdessen den Abzug der Truppen bis auf 270 Mann. Es war das schändlichste Versagen in der Geschichte der Vereinten Nationen. Man wusste in Washington, London, Paris und Brüssel ziemlich genau, welche Tragödie in Ruanda ablief. Aber niemand griff ein. Frankreichs Präsident François Mitterrand befand seinerzeit: „In solchen Ländern ist Völkermord nicht so wichtig. Die Tutsi mussten den Völkermord an ihrem Volk alleine stoppen. Der RPF gelang es, im Juli 1994 den Hutu-Terror zu beenden. Ihr Anführer, Paul Kagame, wurde Vizepräsident und dann Präsident Ruandas. Warum wurde Ruanda allein gelassen? – „Weil wir euch egal sind. Weil wir kein Öl haben und nichts. Und weil afrikanisches Leben offenbar weniger zählt, menschliches jedenfalls. Hätte jemand versucht, die 300 Berggorillas in Ruanda auszurotten, wäre die Reaktion grösser gewesen, glaubt Roméo Dallaire. 5000 Blauhelme, schätzt er, hätten den Massenmord verhindern können. Der UN-General hat aus Verzweiflung über seine verlorene Soldatenehre versucht, sich das Leben zu nehmen. Der Völkermord von 1994 hatte für Ruanda verheerende Folgen: Innerhalb von rund 100 Tagen wurden mindestens 80000 Menschen umgebracht. Nur jeder siebte Tutsi überlebte den Völkermord. Noch nie in der Geschichte wurden so viele Menschen in einer dermassen kurzen Zeit umgebracht. Wer in Ruanda durch Kugeln oder Handgranaten starb, dem war das Schicksal gnädig. Viele Opfer wurden mit Macheten wie Vieh geschlachtet, manche wurden langsam zu Tode geschunden. Ihre Peiniger trennten jeden Tag nur einen Körperteil ab. Auch Vergewaltigungen wurden während des Genozids als Waffe eingesetzt. Heute sind viele Frauen HIV-Positiv. Nebst den vielen Toten flüchteten mehr als 2.5 Millionen Menschen aus Ruanda in die Nachbarländer. Nach dem Völkermord beeilte sich das Ausland, sein schlechtes Gewissen durch grosszügige Wiederaufbaugeschenke zu beruhigen – eine Art humanitärer Ablass. Madeleine Albright, damals Amerikas UNBotschafterin, hat unlängst in der Öffentlichkeit bekannt, wie sehr sie ihr Versagen verfolge. Butros Butros-Ghali, Exgeneralsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, damals zuständig für Friedensmissionen, Expräsident Bill Clinton, sie alle habe sich entschuldigt. Fragen zum Text: 1. Seit wann sind alle Länder Afrikas unabhängig? 2. Wer herrschte in Ruanda vor dem europäischen Einmarsch? 3. Welches Land war vor dem Ersten Weltkrieg in Ruanda Kolonialmacht und wer danach? 4. Inwiefern ist Belgien am Bauernaufstand von 1959 mitschuldig? 5. Welche Volksgruppe übernahm danach die Herrschaft? 6. Mit Hilfe welcher europäischen Macht konnten die Hutu einen Angriff der Tutsi auf Kigali abwehren? 7. Was war der Auslöser für den Genozid? 8. Warum hat sich die Welt bei diesem Genozid mitschuldig gemacht? 9. Wer wurde anschliessend Präsident? 10. Wie lange dauerte der Völkermord? 11. Warum ging dieser Völkermord leider in die Geschichte ein?