Arbeitsblatt: Die Weltreise eines T-Shirts

Material-Details

Ein T-Shirt erzählt... 100 % Baumwolle = 100 % Naturfaser?!
Wirtschaft, Arbeit, Haushalt
Anderes Thema
8. Schuljahr
2 Seiten

Statistik

39093
1948
61
26.04.2009

Autor/in

chuchitiger (Spitzname)
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Darf ich mich vorstellen: Ich bin ein T-Shirt. Und ich habe allen Grund auf mich stolz zu sein, schliesslich bin ich modisch, hergestellt aus 100 Baumwolle und koste nur 9,95 Fr. Tja, da staunst du! Wenn man überlegt, in welchen Ländern ich schon war und was ich alles hinter mich gebracht habe, kann man es kaum glauben. Aber alles, was ich dir jetzt über meine Herkunft verrate, ist die volle Wahrheit. Gewachsen und gereift bin ich in Usbekistan auf einer der endlosen Baumwoll-Plantagen. Mein Leben dort war nicht leicht. Regelmässig kamen nämlich die Flugzeuge, die uns aus ihren Tragflächentanks mit Unkrautvernichtungsmitteln besprühten. Manchmal hatten wir Glück, denn wenn ein leichter Wind wehte, drifteten die Chemiebomben ab, und ein Teil ging auf die Siedlung der Pflücker und im nächsten Dorf nieder. Wie hatte ich gehofft, von sanften Händen geerntet zu werden! Aber stattdessentraf mich schon wieder der chemischeSchlag, ein hochgiftiges Entlaubungsmittel. Danach wälzte sich die Pflückmaschine über mich hinweg. Frisch geerntet, flog ich mal eben in die Türkei, wo ich zu Garn versponnen wurde, weil es dort preiswerter ist. Dann ging per Schiff nach Taiwan, wo ich in einer düsteren Weberei wieder zu mir kam. Überall Faserflug, Lärm, Chemie. Die Menschen um mich herum konnten einem leid tun: Sie litten alle unter dem berüchtigten Weberhusten, ausgelöst durch eingeatmete Baumwollfasern. Von Arbeitsschutzmaßnahmen hatten deren Arbeitgeber wohl noch nichts gehört. Mir hingegen wollte man etwas Gutes tun: Ein Bad aus biologisch nicht abbaubarem Polyacrylat sollte mir helfen, die starke Belastung auf den schnellen Strickmaschinen auszuhalten. Als ich dann endlich ein richtiger Stoff war, wurde ich gründlich gewaschen. Die Giftstoffe versanken unkontrolliert im Boden. Ja, ja es ist kein Zufall, dass so viele Hersteller in Taiwan und Ländern der sogenannten Dritten Welt produzieren lassen. Mensch und Natur mussten leiden, damit ich immer attraktiver werden konnte. Und schon wieder ging es auf Tour. Jetzt wurde ich nach Frankreich geschifft. Tausende Tonnen Stoffe waren an Bord. Wir alle wurden wegen des langen Transportwegesmit verbotenen Pilz- und Insektenvernichtungsmitteln behandelt und stanken um die Wette. Mir wird ganz schwindelig, wenn ich mir vorstelle, wie viel Schiffe und Flugzeuge täglich weltweit mit Textilien unterwegs sind und wie die Umwelt durch dieseTransporte belastet wird. In Frankreich angekommen, wurde ich mit schwermetallhaltigen und krebserregenden Farbstoffen bedruckt, aus Polen und China hertransportiert. Wer weiss schon, dass, um ein Kilo Baumwolle zu färben, Hunderte Liter Wasser zu fast unklärbarem Abwasser werden? Von Frankreich schickte man mich weiter nach Bangladesch. Als ich ausgerollt wurde, fiel mein Blick auf schwach beleuchtete Nähmaschinen und zarte Mädchenhände. Rund 50.000 Kinder sollen hier allein in der Textilindustrie ihr Dasein fristen. Das muss ja ein gesundheitlicher Schock sein, schon als junger Mensch täglich mit soviel giftigem Stoff in Berührung zu kommen. Da die Kinder hier für einen Niedriglohn und ohne jegliche Arbeitsschutzmassnahmen arbeiten müssen, kommt kein Hersteller auf die Idee, die Näharbeiten zum Beispiel in Deutschland oder der Schweiz ausführen zu lassen. 60 aller Bekleidungsstücke stammenaus Billiglohnländern. Inzwischen war ich ein richtiges T-Shirt geworden. Sportlich-elegant, weitgereist und gebildet. Stolz trat ich meinen Flug in die Schweiz an. Jetzt schlugen auch noch die Europäer mit chemischen Keulen um sich, die sie Textilveredler nennen. Bevor ich kurzzeitig das Bewusstsein verlor, hörte ich nur noch, dass das benutzte Formaldehyd das Einlaufen und Knittern der Stoffe verhindern soll. Hilfe. es reicht. ich kann nicht mehr! Die textile Kette von Usbekistan, über die Türkei, Taiwan, Frankreich, Bangladesch bis hin nach Deutschland macht mich noch wahnsinnig. Wenn die Verbraucher das alles wüssten. Als ich wieder zu mir komme, grapschen schweissige Hände an mir herum. Fassungslos blicke ich um mich: Ich liege eingequetscht auf einem dicht umlagerten Wühltisch in einesriesigen Kaufhauses. Während ich so vor mich hin fluche, hat mich ein junges Mädchen fest in den Griff genommen. ,,Hey, super, das ist die richtige Grösse., meint sie glücklich zu ihrer Freundin. ,,Dann kann ich mein pinkfarbenes T-Shirt endlich wegschmeissen. Die Farbe haut ja heute keinen mehr vom Hocker. Arbeitsauftrag: Zeichne die ReisedesT-Shirts in die obigeWeltkarte ein. 100 Baumwolle 100 Naturfaser ?! Nicht überall, wo 100 Baumwolle ein reines Naturprodukt versprechen, ist wirklich auch nur Baumwolle drin. Während dem Verarbeitungsprozess müssen die Baumwollfasern nämlich aufbereitet werden. Die konventionelle Textilveredelung umfasst oftmals den Zusatz von Substanzen, die das Aussehen sowie die Verarbeitungs- und Gebaruchseigenschaften verbessern. Man spricht auch von der sogenannten Ausrüstung. Damit sind hunderte bis tausendevon Substanzen gemeint, die meist ein gut gehütetes Geheimnis der Textilindustrie bleiben. 100 Baumwolle steht zwar auf demEtikett, doch in Wahrheit kann das folgendesheissen: 73 Baumwolle 2 Polyacryl 8 Farbstoffe 14 Harnstoff Formaldehydharz 2,7 Weichmacher 0,3 optischeAufheller Die Belastung der Umwelt durch die einzelnen Verfahrensschritte wird dabei genauso wenig offengelegt wie die Verträglichkeit der zugesetzten Stoffe für Haut und Organismus. Kleiderverbrauch pro Person und Jahr im Vergleich (1 kg Kleider entspricht ca. 5 T-Shirts): Äthiopien: 1 kg Indien: 2 kg Kolumbien: 3 kg Schweiz: 15 bis 19 kg