Arbeitsblatt: Afghanistans schwacher Staat

Material-Details

Warum ist der afghanische Staat so instabil? Das Erbe des Kalten krieges und A. als Beispiel für einen 'failing state'
Geschichte
Neuzeit
12. Schuljahr
2 Seiten

Statistik

43144
605
4
28.07.2009

Autor/in

spitznämli (Spitzname)
Land: Österreich
Registriert vor 2006

Downloads Arbeitsblätter / Lösungen / Zusatzmaterial

Die Download-Funktion steht nur registrierten, eingeloggten Benutzern/Benutzerinnen zur Verfügung.

Textauszüge aus dem Inhalt:

Das Land in Daten Fläche Der Staat Afghanistan vom Imperialismus bis heute Die Grenzen Afghanistans waren im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss zweier imperialer Mächte an den Grenzen der afghanischen Fürstentümer und Stammesgebiete entstanden, nämlich dem Russlands im Norden und Großbritanniens, Indien war damals britische Kolonie, im Osten. Während ein moderner Zentralstaat, wie er sich in Europa mit der Überwindung des Feudalismus im 19. jahrhundert entwickelt hatte, Afghanistan nur künstlich übergestülpt wurde, blieb das Königreich in Dorfgemeinschaften, Clans, Stämme sowie religiös oder ethnisch definierte Gemeinschaften aufgeteilt. Diesen fühlten sich die Menschen im Land eigentlich zugehörig und vertrauten ihnen eher als dem Staat. Afghanistan war von Beginn an ein schwacher Staat. 652.225 km2 (Weltrang: 40) Einwohner 28.574.000 44 je km2 (Stand 2004, Weltrang: 38) Hauptstadt Kabol (Kabul) Amtssprachen Paschtu, Dari Bevölkerungszus.setzung ca. 40% Paschtunen, 25% Tadschiken, 15% mongolstämmige Hesoren (Hazara), 5% Usbeken u.a. Städte Kabol/Kabul 2.955.880 Einw. (Stand 2003), Qandahar/Kandahar 459.000 Einw. (Stand 2002), Herat 249.000 Einw. (Stand 2002), Mazari Sharif 183.000 Einw. (Stand 2002), Jalalabad 181.000 Einw. (Stand 2002), Konduz/Kunduz 57.100 Einw. (Stand 1982), Religionen 99% Muslime (84% Sunniten, 15% Schiiten) (Stand: 2006) Sprachen 50% Dari (Persisch der Tadschiken), 40% Paschtu, 10% Sprachen der anderen Ethnien Erwerbstätige nach Im Zuge des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Afghanistan zu einem Rentierstaat, der finanziell von anderen Ländern (v. a. USA, Sowjetunion) abhängig war. Seit den 1950er Jahren stammten über 40 Prozent der Staatseinnahmen von auswärts, namentlich aus der Entwicklungshilfe. Die Wirtschaftssektor staatliche Politik bestand darin, die Beziehungen zwischen den verschiedenen Landwirtsch. 69,6% (2002/03) (bpb.de) lokalen Führern und der bürokratischen Elite der Hauptstadt Kabul in ein Gleichgewicht zu bringen. Gelder wurden ebenso wie Posten in Verwaltung und Militär klientelistisch an Mächtige in der Stadt und am Land verteilt. Als Gegenleistung verhielten sich die Potentaten loyal und kontrollierten ihren Teil des Staatsgebiets. Seinen Aufgaben, die Wirtschaft zu entwickeln oder seinen Staatsbürgern im gesamten Land über Polizei und Gerichtsbarkeit Schutz zu gewähren kam der afghanische Staat nicht nach. Gleichzeitig stellte die Kluft zwischen Kabul und dem Foto einer afghanischen Familie aus dem frühen 20. Jht. übrigen Land ein konstantes Spannungsfeld dar, das sich bis heute auf das politische Geschehen auswirkt. Dem Staat, der im urbanen Raum verankert war und der für eine politische Modernisierung eintrat, stand der ländliche Raum gegenüber, welcher den von der Regierung ausgehenden Impulsen misstraute. Eine Identität oder gar Loyalität mit dem afghanischen Staat prägte sich daher kaum aus. Die Afghanen dachten eher in den Grenzen der eigenen Sippe/Familie, des eigenen Dorfes oder Stammes. Bis zu Beginn des Kalten Krieges war das Interesse der Großmächte am Land am Hindukusch gering, als das Land langsam unter sowjetischen Einfluss geriet, während im Osten im von Indien losgelöste Pakistan die Amerikaner an Bedeutung gewannen. Diese Frontstellung, die sich langsam und von der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommen, zwischen USA und SU auch an diesem Punkt der Erde konnte entstehen, weil es einen regionalen Konflikt zwischen Afghanistan und Pakistan um Gebiete an ihrer Grenze gab. Dadurch sah Ost wie West Möglichkeiten, die eigene Einflusssphäre auszubauen, bzw. es bestand, wie es an die eigene Bevölkerung gerichtet zunehmend hieß, die Notwendigkeit, den Vormarsch des Feindes im mittleren Osten aufzuhalten. Die Machtergreifung der kommunistischen Demokratischen Volkspartei Afghanistan im April 1978 führte zu einem offenen Bruch zwischen Staat und ländlicher Bevölkerung. Der Versuch der zahlenmäßig schwachen, überwiegend städtischen Parteimitglieder, dem System tribaler und lokaler Autonomien ein Ende zu bereiten und durch radikal umgesetzte Reformen im Eilverfahren einen modernen Staat zu schaffen, rief im ganzen Land Aufstände der lokalen Eliten hervor. Als die neue Regierung 1979 gestürzt wurde und die Sowjetunion Truppen ins Land schickte, um eine neue kommunistische Regierung zu stützen, verschärfte sich dieser Konflikt weiter und beschränkte den Handlungsradius der Regierung auf Kabul und einige Provinzstädte. Darauf folgte ein militärischer Kampf zwischen der zerfallenden afghanischen Armee und den SowjetTruppen einerseits, sowie den Guerillakriegern (Mudschaheddin) aus den Districts und der verschiedenen Stämme und Ethnien andererseits, der nicht nur die Autorität des Staates, sondern auch alle Ansätze von Infrastruktur (Straßen, Verwaltungsgebäude, Wasser und Stromversorgung, Krankenhäuser usw.) zerstörte. Im Rahmen dieses Krieges griffen die Rebellen genauso wie die Zentralregierung auf bewaffnete Milizen von lokalen Machthabenden und von Kriegsherren zurück. Als sich die Sowjetarmee nach 10jährigem Krieg 1989 zum Rückzug gezwungen sah lag die Macht in den Händen der Kriegsherren und regionaler Führer, die nun kein gemeinsames Ziel mehr hatten. Die verbleibende staatliche Autorität wurde weiter bekämpft und 1991 vollständig entmachtet. Während die Welt aus dem Würgegriff des Kalten Krieges entlassen wurde, trat Afghanistan erst dessen Erbe an. Der Staat existierte nicht mehr, die von Amerikanern und islamischen Staaten finanzierten Kämpfer gegen die sowjetischen Besatzer, fanden keinen Weg zu einer Machtteilung und eines staatlichen Neubeginns. Stattdessen stürzten die hochgerüsteten Kriegsherren das Land in einen blutigen Bürgerkrieg weitab von der (westlichen) Öffentlichkeit, die den Segen einer neuen Friedenszeit in den 90ern genoss. 1996 konnte die junge fundamentalistische Bewegung der Taliban die Oberhand gewinnen und bis 2001 den größten Teil des Landes gegen die sich formierende ‚Nordallianz einnehmen und kontrollieren. Afghanistan kam wieder in den Blick der Welt, als die Spuren der Attentäter vom 11. September 2001 in New York in die Ausbildungslager im Talibangebiet führten. Das Terrorregime der Taliban wurde von der seitens der neuen USRegierung angestrebten neuen Weltordnung hinweggefegt, die den USA als alleiniger Supermacht nach dem Wegfall des sowjetischen Gegenpols den Alleingang in der Verteidigung ihrer Sicherheit, sowie ihrer Interessen vorbehielt. Und gerade eine solche Bedrohung stellte nach Ansicht der US Regierung der ‚gescheiterte Staat Afghanistan, dessen schwache und von der unterdrückten Bevölkerung nicht verantworteten Strukturen den internationalen Terrorismus beheimateten. Nach der amerikanischalliierten Intervention wurde der institutionelle Rahmen für einen Neuaufbau geschaffen. Die Frage ist, ob die neue demokratische Verfassung in diesem zerstörten Land, das zwischen einer Vielzahl von Machtzentren zerrissen wird und ökonomisch am Boden liegt, mit Leben gefüllt werden kann. Es wäre das erste Mal in der Geschichte Afghanistans. (u.a. aus: Conrad Schetter, Lokale Macht und Gewaltstrukturen in Afghanistan, Bonn 2008)