Arbeitsblatt: Phantasiereise ins Mittelalter

Material-Details

Phantasiereise als Einstieg ins Thema Mittelalter
Geschichte
Mittelalter
4. Schuljahr
5 Seiten

Statistik

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37
16.11.2009

Autor/in

Katharina Wolf
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Phantasiereise ins Mittelalter Legt euren Kopf auf die Arme. Schliesst eure Augen. Wir gehen zusammen auf eine Reise zurück in die Vergangenheit. Wir drehen die Zeit um etwa 800 Jahre zurück und besuchen das Mittelalter. Du befindest dich auf einer grossen Wiese. Die Sonne scheint warm und taucht das saftige Gras in ein sattes Grün. Heute wäre ein richtiger Tag um frei zu haben – aber halt! Du bist ja gar nicht in der Schule. Du bist ja im Mittelalter und siehst dich neugierig um. Die Wiese sieht genauso aus wie eine Wiese heute: mit Margriten, Hahnenfuss und anderen Blumen, die du nicht kennst. Der Himmel ist strahlend blau, von einzelnen Wolken durchzogen, kein Flugzeug hinterlässt seine Spuren, nur Vögel kreisen. Dort drüben erblickst du ein Feld, auf dem mehrere Menschen arbeiten. Es ist ganz ruhig, nirgends hörst du Traktorengeknatter oder das Dröhnen eines Mähdreschers. Im Mittelalter gab es noch keine Maschinen, die Bauern mussten die ganze Arbeit von Hand verrichten. Du traust dich etwas näher und siehst, dass auch Frauen und Kinder bei der Arbeit mithelfen, es ist schwierig zu sagen, ob es sich bei den Kindern um Mädchen oder Jungen handelt, da sie alle gleich schmutzig und zerlumpt aussehen. Eine der Frauen trägt ein Baby in einem Tuch auf dem Rücken. Auf einem anderen Feld beobachtest du, wie zwei Kinder auf Knien in der Erde wühlen. Es sieht so aus, als würden sie etwas ausgraben. Kartoffeln vielleicht? Du gehst noch näher und als sich das eine Kind aufrichtet, um sich den schmerzenden Rücken zu reiben, erblickt es dich. Ihr schaut euch an, dann machst du einen Schritt auf das fremde Kind zu. Das Kind sperrt Mund und Augen auf, als seist du ein Ausserirdischer und macht seinen Kameraden auf dich aufmerksam. „Guck mal, was hat denn der für komische Sachen an? Du schaust an dir herunter. Komisch? Das sind Jeans, ein Pullover und Turnschuhe, was soll daran komisch sein? Doch da fällt dir auf, dass die Kinder ganz andere Kleidung tragen. Ein grobes Hemd, das vermutlich mal weiss oder beige war, an etlichen Stellen geflickt, es reicht bis Mitte Oberschenkel und darunter? Nichts? Du kannst nicht sehen, ob sie Unterwäsche anhaben oder nicht, auf jeden Fall weder Hosen noch Schuhe. Nur dieses Hemd. „Wer bist du? Woher kommst du?, fragen sie dich. Das sind Fragen, die sich nicht so leicht beantworten lassen. Wie sollst du ihnen erklären, dass du aus der Zukunft kommst? Rasch denkst du dir etwas aus. „Ich darf es euch nicht sagen, sonst werde ich bestraft und ihr vielleicht auch. Die beiden Kinder schauen sich ängstlich nach den Erwachsenen um und bücken sich schnell wieder über die harte Erde, die sie mit ihren Händen umgraben, um die Kartoffeln freizulegen. Strafe scheint ihnen ein bekanntes Wort zu sein. Du setzt dich neben sie und hilfst ihnen, allerdings ist es gar nicht so einfach und nach einer Weile sind deine Hände ganz dreckig und tun weh. 1 „Das ist eine anstrengende Arbeit. „Das ist noch gar nichts, du müsstest mal dabei sein, wenn wir das Getreide einbringen. Das ist harte Arbeit. „Gibt es denn niemand, der euch hilft? „Wir helfen uns alle, aber es gibt so viel zu tun und es sind so viele Felder zu bestellen. „Dann müsst ihr aber doch reich sein, wenn ihr so viel Land besitzt. „Wir besitzen kein Land, wir arbeiten nur drauf. „Wem gehört denn das Land? „Unserem Gutsherrn. „Und der arbeitet auch? „Nein, nur wir. „Aber wer seid ihr, wenn nicht die Kinder des Gutsherrn? „Wir sind Leibeigene, meine Eltern gehören dem Gutsherrn und wir gehören ihm auch. „Was meinst du mit gehören? „Nun, es ist sein Besitz, das Land, das Haus, alles was drauf ist, Tier, Mensch, Werkzeug, eben alles. Er kann damit machen, was er will. Wenn wir ihm nicht gut genug arbeiten, verkauft er uns. Wenn wir faul sind, bestraft er uns. Wenn wir etwas stehlen, tötet er uns. „Das ist aber ungerecht! Das kann doch nicht sein! Jeder Mensch ist frei und gehört nur sich selbst. Natürlich muss man arbeiten, um Geld zu verdienen, aber das Geld ist dann für sich und nicht für andere. „Bei uns ist es nicht so. Wir sind nicht frei, wir haben kein Recht und wir haben keinen Besitz. Wir arbeiten für andere und ein kleines bisschen dürfen wir für uns behalten, damit wir überleben können. „Sorry für meine Neugier, aber habt ihr etwas Schlimmes getan, damit ihr so bestraft werdet? Hat euer Vater vielleicht jemanden umgebracht oder so? „Was denkst du! Das ist keine Strafe. So ist unser Leben. Bei allen Bauern ist es so. Es entscheidet allein die Geburt. Wirst du in eine Königsfamilie geboren oder ist dein Vater der Gutsherr, dann hast du Glück und musst dein Leben lang nicht arbeiten. Wirst du in eine Bauerfamilie geboren oder ist dein Vater Knecht, dann hast du Pech und musst dein Leben lang für andere arbeiten. Es ist einfach so. „He, du da! Was treibst du dich da rum? Und ihr, macht dass ihr vorwärts kommt, bis zum Abend muss das Feld geerntet sein. Ein Mann mit einer Hacke in der Hand kommt mit düsterem Blick auf dich zu. Er sieht gar nicht freundlich aus. Kein Wunder, bei diesem harten Los. „Es tut mir Leid, dass ich euch nicht helfen kann, sagst du zu den beiden armen Kindern und rennst schnell über das Feld, weg von dem Bauern, bis du auf einen Weg kommst, der sich zwischen den Feldern hindurch schlängelt. Du atmest heftig, zum Glück bist du ein guter Läufer, aber jetzt hast du Durst und die Sonne brennt. Wo du hier wohl was zu trinken bekommst? In der Ferne erkennst du Häuserdächer. Das muss eine Stadt sein. Bestimmt gibt es da ein Restaurant. 2 Dann kannst du dort aufs Klo gehen und Wasser vom Hahnen trinken, da du ja kein Geld bei dir hast. Während dem Marsch zur Stadt denkst du übe das Erlebte nach. Wie kann es nur sein, dass Menschen so ungerecht behandelt werden? Bis jetzt hast du geglaubt, das Mittelalter sei eine spannende Zeit gewesen, voll von Rittern, die ruhmreich in Schlachten kämpften, als Helden nach Hause auf ihre Burg kehrten und dort glücklich mit ihrem Burgfräulein und vielen Kindern lebten. Du hast in Filmen schon die grossen Burgen gesehn, in deren Hallen fröhliche Feste stattfanden. Aber das hier sieht ganz anders aus. Leibeigene! Feldarbeit mit blossen Händen von früh bis spät! Und das nicht einmal für einen selbst! Nur ein zerrissenes Hemd als Kleidung! Schuldbewusst denkst du an den Berg Kleider in deinem Schrank und dass du jeden Tag saubere Jeans anziehen kannst. Und wenn ein T-Shirt kaputt ist, kaufst du dir ein neues. Du kommst an kleinen Hütten vorbei. Später wirst du erfahren, dass sie Katen heissen. Es sind die Behausungen der Bauern und bestehen aus Stein oder Weidengeflecht. Neugierig wie du bist, wirfst du einen kurzen Blick hinein. Es ist bestimmt niemand da, denn alles sind ja bei der Arbeit auf den Feldern. Es ist ganz dunkel und riecht verraucht. Du kriegst kaum Luft und dein Augen müssen sich zuerst an die Dunkelheit gewöhnen, bevor du Einzelheiten erkennen kannst. Doch viel gibt es nicht zu sehen: Die Hütte besteht aus einem Raum, der Boden ist nichts als festgestampfte erde. In der Mitte des Raumes befindet sich ein steinerner Herd, aber kein Schornstein, darum sind ist alles so verrusst. Dort steht ein Holztisch mit zwei Bänken, der Wand entlang liegen Strohsäcke, anscheinend schlafen die Bauern da drauf. Es gibt auch noch eine Truhe und au feiner Ablagefläche stehen ein paar Töpfe und Schalen. Das ist alles. Schnell verlässt du den schäbigen Ort und denkst mit Freude an dein eigenes helles Zimmer, das zwar nicht immer aufgeräumt, aber gemütlich ist, mit einem kuscheligen Bett und allem, was du brauchst. Wie können die Menschen hier nur so leben? Du würdest es keine Woche so aushalten. Falls du dich bei manchen Ritterfilmen schon in diese Zeit gewünscht hast, um auch bei einem solch heldenhaften Abenteuer dabei zu sein, dann bist du jetzt froh, im 21.Jahrhundert zu leben. Endlich gelangst du vor die Stadtmauer. Das grosse Tor wird von zwei Männern bewacht, doch enttäuscht erkennst du, dass es keine Ritter sind, sie tragen einfache Kleidung und eine Lanze in der Hand. Du beobachtest das Treiben eine Weile, denn es gehen etliche Leute ein und aus. Da gibt es einzelne Männer, die irgendwelche Karren ziehen oder Säcke schleppen, es gibt ganze Familien, die mit Ziegen und beladenen Eseln daher kommen, alle scheinen sehr beschäftigt zu sein und ihr Ziel genau zu kennen. Doch, was machen sie da? Alle, die durch das Tor in die Stadt gelangen wollen, greifen in ihren Lederbeutel, den sie am Gürtel befestigt haben, nehmen eine Münze heraus und geben sie dem Wächter in die Hand, damit er sie durchlässt. Oh Mist, jetzt muss man da noch Eintritt bezahlen! Man nennt diesen Eintritt 3 übrigens Zoll. Die Städte verlangten einen solchen Zoll am Eingangstor, damit sie dem König eine Art Steuer bezahlen konnten. Wie sollst du jetzt in die Stadt kommen? Du hast weder Geld, geschweige denn solche Münzen, wie sie im Mittelalter üblich waren und du hast auch sonst nichts anzubieten. Da kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Mann, der an einem Stock geht und in Lumpen gehüllt ist und den beiden Wächtern. Anscheinend wollen sie ihn nicht hineinlassen. Sie stürzen sich auf ihn und schleppen ihn vom Tor weg. Dies ist deine Chance. Schnell duckst du dich und rennst ungesehen durch das Tor. Ein unappetitlicher Duft – um nicht zu sagen Gestank – empfängt dich und angewidert hältst du die Nase zu. Es riecht in etwas so wie in einem Raubtierhaus im Zoo. Trotzdem schaust du dich neugierig um, mit zugeklemmter Nase ist es erträglich. Es wirkt alles so eng. Die Gassen sind schmal und werden nach oben hin noch enger, denn die Häuser sind so gebaut, dass das erste Stockwerk über das Grundgeschoss herausragt und beinahe das Haus gegenüber berührt. Wenn man sich aus dem Fenster lehnen würde, könnte man sich sogar die Hand geben. Daher fällt wenig Sonnenlicht auf die Strassen, ein Haus steht dicht am andern. Sie sind schmal und oft zweistöckig. Sie sehen sich sehr ähnlich, sind aus Stein, haben kleine Fenster und Ziegeldächer. Im Parterre befindet sich meist das Geschäft, von dem der Hausbesitzer lebt, sei es nun ein Bäcker, ein Metzger, ein Schuster, ein Stoffhändler, ein Schneider, ein Weber oder ein Schmied. Im oberen Stock wohnt anscheinend die Familie. Es ist lustig, dass keine Namensschilder an den Geschäften angebracht sind, sondern dass die Schilder bemalt sind. Vor einer Bäckerei siehst du eine Tafel mit einem Brot drauf. Vor einer Schusterei findest du ein Bild mit einem gemalten Schuh. Ob die Menschen unterschiedliche Sprachen sprechen? Oder ob sie nicht lesen können? Du gehst eine Weile durch die Gassen und siehst dich nach einem Restaurant um. Hoffentlich gibt es so was. Du hast jetzt nämlich nicht nur Durst, sondern auch Hunger. Dir fällt auf, dass in den einzelnen Gassen immer das Gleiche verkauft oder hergestellt wird. Es gibt eine Gerbergasse, in der mehrere Gerbereien nebeneinander stehen, dann gibt es eine Schneidergasse, in der gleich fünf Schneiderläden nacheinander kommen und es gibt eine Schusterstrasse, in der es von Schuhmachereien nur so wimmelt. „Aufgepasst, aufgepasst!, tönt es von oben. Du blickst erstaunt zu dem Fenster hinauf und hast gerade noch Zeit, zur Seite zu springen, denn die Frau schüttet einen Topf mit stinkender Flüssigkeit einfach auf die Strasse. Angeekelt schaust du dir den Boden genauer an und jetzt ist dir auch klar, warum es hier so stinkt: Da liegen allerlei Abfälle, Unrat und Kot am Strassenrand, in gelblichen Pfützen schwimmen Kartoffelschalen und anderes Zeug. Es scheint weder Abfallsäcke, noch Abwasserkanäle zu geben und dass durch die hohen engen Gassen nur wenig frische Luft hereinkommt, macht die Sache auch nicht besser. In den Essensresten tümmeln sich Ratten, die von streunenden Katzen gejagt werden, 4 über den Kothaufen kreisen die Fliegen, es wimmelt von Käfern und Ungeziefer aller Art. Dir ist der Appetit vergangen. Hier könntest du nicht einmal einen Bissen Brot hinunterwürgen. Du musst dringend raus, an die frische Luft. Da war die Bauernkate ja direkt sauber und wohlriechend dagegen. Rasch suchst du dir einen Weg durch die vielen Menschen, die sich in den Gassen drängen, ihrem Gewerbe nachgehen, handeln, schwatzen, betteln. Du kommst an einem Brunnen vorbei und merkst, wie durstig du doch bist, aber du fürchtest dich davor, dir eine Krankheit zu holen oder gar vergiftet zu werden, wenn du von diesem Wasser trinkst. Und richtig, als du näher zum Brunnen kommst, siehst du, dass darin zwei junge Katzen schwimmen, die wohl jemand ersäuft hat. Dieses Wasser ist bestimmt vergiftet. Wäh und igitt. Iii-gitt.!!! Du hast im Moment genug vom Mittelalter gesehen: Arme Bauern auf dem Land, die nichts haben und ihr Leben lang für andere arbeiten. Stinkende Strassen in der Stadt, in denen es von Menschen und Ratten nur so wimmelt. So eilst du durch das Stadttor, vorbei an den Wächtern, den Weg entlang, den du gekommen bist. Müde setzt du dich auf eine Wiese, atmest tief die reine frische Luft ein, hörst die Bienen summen und die Vögel zwitschern und schliesst deine Augen. Du wanderst in Gedanken zurück, der Himmel ist noch der gleiche, die Sonne, die scheint ebenfalls und du bist froh, wieder daheim zu sein, wieder im 21.Jahrhundert zu sein, mit frischen Kleidern, mit Brunnen, von denen man Wasser trinken kann und mit sauberen, freundlichen Dörfern, in denen es Gerechtigkeit gibt und allen gut geht. Du bist ein einem Schulzimmer, das richtige Stühle und Tische hat, du kannst rechnen, lesen und schreiben und du kannst einen Beruf lernen, der dir gefällt, unabhängig davon, in welche Familie du geboren wurdest. Du kannst in deiner Freizeit spielen und die Schule ist nicht halb so anstrengend wie ein Tag auf dem Feld. Du lässt deine Augen noch einen Moment geschlossen und stellst dir das Schulzimmer vor: Welche Bilder hängen an den Wänden? Welche Farbe haben die Türen? Wer sitzt neben dir? Was für Kleider trägst du? Wenn du das bildlich vor dir siehst, kannst du deine Augen öffnen und ruhig sitzen bleiben. 5