Arbeitsblatt: Sprachwelt Deutsch - Sprache&Denken - Zeitungsartikel zu Kanzi
Material-Details
Zeitungsartikel zu Kanzi (Begleitset)
Deutsch
Lehrmittel
8. Schuljahr
2 Seiten
Statistik
6633
1693
17
03.05.2007
Autor/in
Alexandra Ebneter
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Ein Tier, das Englisch versteht Kanzi liebt die Kommunikation und unterhält sich sogar mit Menschen 02.03.1996, Ralf Kreher Um es gleich vorwegzunehmen: Kanzi könnte sogar sprechen, wären seine Stimmbänder in der Lage, das breit gefächerte Frequenzspektrum eines Menschen zu erzeugen. Aber Affen vermögen dies nicht. Sie können lediglich grunzen, und es wird wohl auf ewig eine Glaubensfrage bleiben, in diesen Lauten die eine oder andere Ähnlichkeit mit unserer Sprache wieder erkennen zu wollen. Diese Tatsache ist umso bedauerlicher, als Tiere wie Kanzi eine geradezu verblüffende Intelligenz besitzen. Kanzi könnte man auf den ersten Blick für einen Schimpansen halten, aber er ist ein Bonobo. Entdeckt und klassifiziert wurde diese, in einem äusserst abgelegenen Teil Zaires lebende Menschenaffenart erst 1928. Und obwohl aufgrund einer nicht zu leugnenden Ähnlichkeit der Bonobo oft als Zwergschimpanse bezeichnet wird, sind doch ebenso wenig die Unterschiede zwischen beiden Spezies zu verkennen. Bonobos sind feingliedriger als die grösseren und schwereren Schimpansen. Vor allem aber besitzen sie ein ausdrucksstärkeres Gesicht und vermögen leichter auf zwei Beinen zu gehen. In ihrem Verhalten sind sie beinahe beängstigend menschenähnlich, meint die amerikanische Verhaltensforscherin und BonoboSpezialistin Sue Savage-Rumbaugh. Nur nachgeahmt Bereits Ende der 60er Jahre trainierte man Menschenaffen die Fähigkeit an, mit Hilfe der Taubstummen-Gebärdensprache Gegenstände und Tätigkeiten zu benennen. Hat ein Tier gelernt, die Zeichenfolge Essen Banane zu zeigen, bekommt es eine Banane zu essen. Man muss jedoch annehmen, dass die Affen die Symbole lediglich nachahmen, um in den Genuss der zu erwartenden Belohnung zu kommen. Den tief greifenden Sinn der von ihnen benutzten Wörter verstehen sie ebenso wenig wie ein Papagei. Sue Savage-Rumbaugh hat dennoch nie daran gezweifelt, dass Affen untereinander wie auch mit Menschen kommunizieren können. Eher affig fand sie die Vorstellung bestimmter Wissenschaftler, dass dazu eine der menschlichen Sprache analoge Satzstruktur zwingend notwendig sei. Folglich zielten ihre Forschungen am berühmten Yerkes-Primaten-Zentrum der Universität von Atlanta stets darauf ab, einen wie auch immer gearteten Informationsaustausch nachzuweisen. Dies gelang ihr zunächst bei den Schimpansen Austin und Sherman: Hatte der eine einen Behälter mit Futter und der andere das passende Werkzeug um den Behälter zu öffnen, dann wurden sie gezwungen, zusammenarbeiten, wollten sie an die begehrten Leckerbissen kommen. Zur Verständigung diente ihnen eine Tastatur mit graphischen Zeichen, so genannten Lexigrammen. Diese sind alles andere als trivial, wie die Abbildung zeigt, können jedoch von den Tieren erlernt werden. Durch Zusehen gelernt Drückte der eine Affe die Zeichenfolge Geben Hammer, so leuchteten die Symbole auf der Tastatur seines Artgenossen nacheinander auf, und dieser reichte das verlangte Werkzeug. Hier war eine blosse Nachahmung ausgeschlossen, weil den Tieren nie gezeigt wurde, was man von ihnen erwartete. Auch Kanzis Mutter Matata wurde im Gebrauch der Lexigramm-Tastatur unterrichtet, allerdings mit mässigem Erfolg. Ihr Sohn Kanzi lungerte bei diesen Versuchen in einer Ecke des Zimmers oder tobte umher ein Kind eben, das sich beschäftigte, während die Mutter etwas anderes tat. Umso überraschter war die Forscherin, als der kleine Kanzi eines Tages schnurstracks auf die Tastatur zuging und sich per Lexigramm etwas zu trinken bestellte. Niemand hatte ihm dies antrainiert. Er hatte einfach durch beifälliges Beobachten gelernt, sich zu artikulieren so wie auch Menschenkinder sprechen lernen, ohne dass dazu ein besonderer Unterricht erforderlich wäre. Auch mit Nachdruck In der Folge lernte Kanzi unzählige Lexigramme, mit denen er Wünsche, Forderungen und Stimmungen artikuliert. Mit Hilfe dieser Zeichen gelang es der Forscherin schließlich, sich selbst direkt mit dem Affen zu unterhalten. So sagte Kanzi ihr während einer Pause auf einem Ausflug, dass er nun nach Flatrock weitergehen und dort nach Schokodragees und einem Ball suchen will, indem er auf die Lexigramme zeigte. Mancher Äusserung verleiht er besonderen Nachdruck durch zusätzliche Gesten: etwa, wenn er mit ausgestrecktem Zeigefinger die Richtung zeigt, in die er gehen möchte. Am erstaunlichsten jedoch ist seine Fähigkeit, gesprochenes Englisch zu verstehen. Aufforderungen wie: Leg die Melone in die Schüssel! oder Hol die Karotte aus der Mikrowelle! befolgt er prompt. Seine sprachliche Auffassungsgabe, so wurde in direkten Vergleichen belegt, entspricht etwa der eines zweijährigen Menschenkindes. Ausführlich und verständlich dokumentiert ist die Geschichte des Wundertieres in dem Buch Kanzi, der sprechende Schimpanse (Originaltitel: Kanzi. The Ape at the Brink of the Human Mind Kanzi. Der Affe am Rande des menschlichen Geistes, Droemer Knaur, München) von Sue Savage-Rumbaugh und Roger Lewin. Aus erster Hand bekommt der Leser aktuellste Informationen zum Stand der Affensprachforschung, wird in die konträren Auseinandersetzungen verschiedener Schulen der Verhaltensforschung eingeführt und kann am Ende miterleben, wie Kanzi unter Aufsicht eines Archäologen lernt, Faustkeile herzustellen. Kein Scherz ist es, dass dem intelligenten Bonobo (wohlgemerkt: dem Affen selbst!) für diese Leistung im Frühjahr 1991 der Jahrespreis für hervorragende Forschungsergebnisse über den Ursprung der menschlichen Technik von der Indiana University verliehen wurde.